

Risikoerhöhungen von ein Drittel bis zur Hälfte sind als hohes Risiko einzustufen, analog der medizinischen Definition von Nebenwirkungen. Für Kinder, die mithilfe der In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugt wurden, ist das erheblich und gilt umso mehr, da zu wenig bis nach dem 20. Lebensjahr systematisch untersucht wurde.
Einleitend wird in der Übersichtsarbeit auf die gesellschaftliche Relevanz durch IVF induzierter Gesundheitsprobleme verwiesen (1). Dafür sollte das Frühgeburtenrisiko statt unter 37. SSW auch unter 30. SSW und weniger aufgeschlüsselt werden. Ab dieser Unreife kommen erhebliche Kosten auf die Gesellschaft zu. Analoges gilt für die Grenze unter 2 500 g Geburtsgewicht. Wesentlich relevanter ist das Risiko von unter 2 000 beziehungsweise unter 1 000 g. Solche Unreife belastet erheblich die kognitive und psychosoziale Entwicklung. Die angeführten Gehirnmissbildungen sind ein viel zu grober Parameter (1).
Erhöhter Blutdruck, bei Patienten, die mithilfe der In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugt wurden, wird als „funktionell“ eingestuft. Realistisch ist von Gefäßschäden zu sprechen, worauf die beiden reproduktionsmedizinischen Autoren mit „Dicke der Gefäße höher“ hinweisen. Mit Metaanalysen wird letzteres als wesentliches Risiko verkannt, weil zu wenig untersucht. Dazu ein Schweizer Kardiologe (2), der nach IVF um den Faktor 6 häufiger behandlungsbedürftigen Hypertonus bereits im Teenageralter feststellte. Dessen Fazit: Gefäßalterung beziehungsweise Arteriosklerose sei schon in Kindes-/Jugendalter deutlich erhöht.
Im Deutschen Ärzteblatt wurde darüber ausführlich berichtetet (3), allerdings nicht in gynäkologischen/reproduktionsmedizinischen Zeitschriften.
Die Suchbegriffe Arterioskleroserisiko, vorzeitige Gefäßalterung und Krebsrisiko fehlen. Zu Letzterem Studienergebnisse aus Israel (4): Das Baseline-Risiko für Kinder, die mithilfe der In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugt wurden, innerhalb von 10 Jahren an Krebs zu erkranken, lag bei 0,6 %.
Fazit: IVF-Risiken sind hoch. Denn von der Evolution vorgegebene komplexe Selektionsmechanismen zur optimalen Qualitätsauswahl des erfolgreichen Spermiums werden bei der IVF umgangen.
IVF-Aktivitäten brauchen ab sofort und obligat langfristige Nachbeobachtung.
DOI: 10.3238/arztebl.2020.0421a
Prof. Dr. med. Dipl. Psych. J. Matthias Wenderlein
Universität Ulm
wenderlein@gmx.de
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
1. | von Wolff M, Haaf T: In vitro fertilization technology and child health—risks, mechanisms and possible consequences. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 23–30 VOLLTEXT |
2. | Schwandt P, Haas GM: Family based prevention of cardiovascular disease risk factors in children by lifestyle change: The PEP family heart study. Adv Exp Med Biol. 2019; 1121: 41–55 CrossRef MEDLINE |
3. | Lenzen-Schulte M: Künstliche Befruchtung: Hypertonie nach Laborzeugung. Dtsch Arztebl 2018; 115: A-1596 VOLLTEXT |
4. | Wainstock T, Walfisch A, Shoham-Vardi I, et al.: Fertility treatments and pedriatric neoplasms of the offspring: results of a population-based cohort with a median follow-up of 10 years. Am J Obstet Gynecol 2017; 216: 314.e1–314.e14 CrossRef MEDLINE |
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