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Bals-Pratsch et al. schreiben in Ihrem Diskussionsbeitrag, dass die erhöhten geburtshilflichen Risiken bei Schwangerschaften mit assistierter Reproduktions-Technik (ART) – wie Frühgeburten und veränderte Geburtsgewichte – auch auf der erhöhten Prävalenz von Polyzystischen Ovar-Syndromen und einem gestörtem Glukosestoffwechsel der Mütter beruhen könnten. Wir stimmen den Autoren zu. Allerdings können die erhöhten geburtshilflichen Risiken nicht ausschließlich auf diese Faktoren zurückzuführen sein.

Dagegen sprechen die in unserer Publikation dargestellten Daten der nordischen Länder, die eine Abnahme der geburtshilflichen Risiken von 2003 bis 2007 im Vergleich zu den Vorjahren festgestellt hatten, wohingegen die Prävalenz für PCOS nicht abgenommen haben dürfte (1). Auch spricht dagegen, dass die Frühgeburtenrate bei ART-Kindern im Vergleich zu Kindern nach einer Spontankonzeption der gleichen Mutter erhöht war (2). Wir stimmen aber Bals-Pratsch zu, dass bei Frauen, die sich einer ART unterziehen, die Indikation für eine Abklärung und Therapie eines gestörten Glukosestoffwechsels großzügig gestellt werden sollte, um das Risiko für geburtshilfliche Risiken zu verringern.

Wenderlein spricht in seinem Kommentar das erhöhte Risiko von kardiovaskulären Funktionsstörungen von ART-Kindern an. Er verweist auf die Schweizer Arbeitsgruppe um Scherrer et al., die 2018 in einem Kollektiv von 54 ART-Kindern im Vergleich zu 43 Nicht-ART-Kindern im Alter von durchschnittlich 16,5 Jahren eine erhöhte vaskuläre Intima-media-Dicke und eine erhöhte Pulswellengeschwindigkeit festgestellt hatte (3). Diese Studien müssen selbstverständlich ernst genommen werden. Allerdings wurden gemäß einer im Jahr 2019 publizierten australischen Studie bei 193 ART-Kindern im Vergleich zu 86 Nicht-ART-Kindern im Alter von durchschnittlich 27,0 Jahren keine solchen Veränderungen festgestellt. Bemerkenswert ist ebenso, dass der Blutdruck bei ART-Kindern, die nach der Jahrtausendwende geboren wurden, im Verglich zu älteren Jahrgängen gemäß einer Metaanalyse nicht mehr erhöht ist (4). Somit gibt es nach der initialen beunruhigenden Studie der Arbeitsgruppe von Scherrer et al. inzwischen große Studien, die keine erhöhten kardiovaskulären Risiken feststellen konnten.

Wir geben dennoch Wenderlein recht, dass ART-Kinder weiterhin nachuntersucht werden sollten, weswegen wir derzeit mit den Schweizer Kardiologen eine solche Studie vorbereiten.

Schließlich stellt Wenderlein die Frage, ob das Risiko für Krebserkrankungen bei ART-Kindern erhöht ist. Zu dieser Fragestellung gibt die Metanalyse von Gilboa et al. (5) eine klare Antwort: Das Risiko ist nicht erhöht.

DOI: 10.3238/arztebl.2020.0422

Prof. Dr. med. Michael von Wolff
Universitätsklinik für Frauenheilkunde
Abteilung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Inselspital Bern, Schweiz
Michael.vonWolff@insel.ch

Prof. Dr. med. Thomas Haaf
Institut für Humangenetik, Julius Maximilians Universität, Würzburg

Interessenkonflikt
Prof. von Wolff bekam Beraterhonorare von Merck Serono und Ferring. Er erhielt Kongressgebühren- sowie Reisekostenerstattung und Studienunterstützung (Drittmittel) von IBSA Institut Biochimique. Für Vorträge wurde er honoriert von TEVA, Theramex und Ferring. Er leitet das IVF-Naturelle-Kompetenznetz.

Prof. Haaf erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1.
von Wolff M, Haaf T: In vitro fertilization technology and child health—risks, mechanisms and possible consequences. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 23–30 VOLLTEXT
2.
Pinborg A, Wennerholm UB, Romundstad LB, et al.: Why do singletons conceived after assisted reproduction technology have adverse perinatal outcome? Systematic review and meta-analysis. Hum Reprod Update 2013; 19: 87–104 CrossRef MEDLINE
3.
Meister TA, Rimoldi SF, Soria R, et al.: Association of assisted reproductive technologies with arterial hypertension during adolescence. J Am Coll Cardiol 2018; 72: 1267–74 CrossRef MEDLINE
4.
Guo XY, Liu XM, Jin L, et al.: Cardiovascular and metabolic profiles of offspring conceived by assisted reproductive technologies: a systematic review and meta-analysis. Fertil Steril 2017; 107: 622–31 CrossRef MEDLINE
5.
Gilboa D, Koren G, Barer Y, et al.: Assisted reproductive technology and the risk of pediatric cancer: A population based study and a systematic review and meta analysis. Cancer Epidemiol 2019; 63: 101613 CrossRef MEDLINE
1.von Wolff M, Haaf T: In vitro fertilization technology and child health—risks, mechanisms and possible consequences. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 23–30 VOLLTEXT
2.Pinborg A, Wennerholm UB, Romundstad LB, et al.: Why do singletons conceived after assisted reproduction technology have adverse perinatal outcome? Systematic review and meta-analysis. Hum Reprod Update 2013; 19: 87–104 CrossRef MEDLINE
3.Meister TA, Rimoldi SF, Soria R, et al.: Association of assisted reproductive technologies with arterial hypertension during adolescence. J Am Coll Cardiol 2018; 72: 1267–74 CrossRef MEDLINE
4.Guo XY, Liu XM, Jin L, et al.: Cardiovascular and metabolic profiles of offspring conceived by assisted reproductive technologies: a systematic review and meta-analysis. Fertil Steril 2017; 107: 622–31 CrossRef MEDLINE
5.Gilboa D, Koren G, Barer Y, et al.: Assisted reproductive technology and the risk of pediatric cancer: A population based study and a systematic review and meta analysis. Cancer Epidemiol 2019; 63: 101613 CrossRef MEDLINE

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