ArchivDeutsches Ärzteblatt24/2020Rheumatoide Arthritis: Tofacitinib mit Wahlmöglichkeit

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Rheumatoide Arthritis: Tofacitinib mit Wahlmöglichkeit

Hofmann-Aßmus, Marion

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Patienten mit Rheumatoider Arthritis haben nun die Wahl: Sie können Tofacitinib entweder als Retardtablette einmal täglich einnehmen oder weiterhin in Form von zwei Dosen täglich. Auch in der Monotherapie erwies sich die Retardformulierung von Tofacitinib als wirksam.

Vielen älteren, multimorbiden Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Rheumatoider Arthritis (RA) kommt die Einmalgabe der 11-mg-Tofacitinib-Tablette (Xeljanz®, Pfizer) mit verzögerter Wirkstoff-Freisetzung sehr entgegen. „Wir wissen, dass die Adhärenz der Patienten um so besser ist, je weniger sie einnehmen müssen“, erklärte Prof. Dr. med. Torsten Witte, Medizinische Hochschule Hannover, bei einem Fachpresse-Webinar von Pfizer.

Wie Untersuchungen zur Pharmakokinetik belegten, ist die 11-mg-Tofacitinib-Retardtablette bioäquivalent zu Tofacitinib 5 mg 2 x täglich. Für die Zulassung in Europa waren darüber hinaus Wirksamkeitsdaten erforderlich, die bislang nur für Patienten mit RA und noch nicht für die weiteren Indikationen von Tofacitinib – Psoriasis-Arthritis und Colitis ulcerosa – erbracht wurden. Die klinische Wirksamkeit der beiden Formulierungen wurde mit-ilfe des umfangreichen CORRONA- (Consortium of Rheumatology Researchers of North America-)RA-Registers ermittelt. „Weder bei der Krankheitsaktivität noch hinsichtlich der Remission zeigte sich ein signifikanter Unterschied, sodass man für die Retardformulierung von einer vergleichbaren Wirkung ausgehen kann“, berichtete Witte.

Nicht-Unterlegenheit gezeigt

Sollten RA-Patienten, die unter der Retardformulierung von Tofacitinib plus Methotrexat (MTX) eine Remission erreichen, mit der Kombination weiterbehandelt werden oder ist in diesen Fällen eine Tofacitinib-Monotherapie ausreichend? Dieser für den Praxisalltag relevanten Frage ging die Phase-IIIb/IV-Studie ORAL Shift nach (1). Eingeschlossen wurden Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA und einem unzureichenden Ansprechen auf MTX, die zunächst in einer offenen, 24-wöchigen Studienphase Tofacitinib 11 mg 1 x täglich plus MTX erhielten. Überraschend viele Patienten (75,8 %) zeigten am Ende dieser Phase eine niedrige Krankheitsaktivität (CDAI ≤ 10) (2). Sie nahmen an der 24-wöchigen doppelblinden Phase teil, in der sie randomisiert entweder Tofacitinib 11 mg plus MTX-Placebo oder plus MTX einnahmen.

Der primäre Endpunkt war die Veränderung des Disease Activity Score (DAS28–4 [ESR]) von der Randomisierung in Woche 24 bis zum Ende der doppelblinden MTX-Absetzphase in Woche 48. Die Nichtunterlegenheit der Tofacitinib-Monotherapie gegenüber der weitergeführten Kombinationstherapie zeigte sich an der Differenz von 0,30 (95-%-KI 0,12–0,48) zwischen den beiden Behandlungsgruppen (1). Patienten unter Tofacitinib-Monotherapie wiesen ähnliche ACR20/ACR50/ACR70-Ansprechraten auf wie Patienten, die zusätzlich MTX erhielten. „Diese Daten verdeutlichen, dass man bei den meisten Patienten, die eine niedrige Krankheitsaktivität erreichen, auf MTX verzichten kann“, erklärte Witte.

In die Fachinformation von Xeljanz® wurden kürzlich sowohl ein Warnhinweis für venöse Thromboembolien (VTE) als auch einer zur Anwendung bei Patienten > 65 Jahre aufgrund eines Risikos für schwerwiegende Infektionen eingefügt (3). Die Anpassungen basieren auf Daten der noch laufenden, offenen, endpunktgesteuerten FDA-Studie ORAL Surveillance (4). Diese untersucht die Sicherheit von Tofacitinib in den Dosierungen von 2 x 5 mg oder 2 x 10 mg täglich im Vergleich zur TNF-Inhibitor-Kontrollgruppe (jeweils plus MTX) bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA und unzureichendem Ansprechen auf MTX. Die Patienten sind ≥ 50 Jahre alt und weisen mindestens einen zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktor auf.

VTE-Risiko besprechen

Gemäß der Ad-hoc-Sicherheitsanalyse besteht für Patienten unter Tofacitinib ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Lungenembolie oder einer tiefen Venenthrombose. „Bedeutsam ist, dass die Dosis, bei welcher ein erhöhtes Sicherheitsrisiko auffiel – nämlich 2 x 10 mg Tofacitinib täglich – in Deutschland ohnehin nicht zugelassen ist“, erläuterte Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops, LMU München. Zudem handele es sich um eine laufende Studie mit vorläufigen Daten, die sich noch ändern könnten.

Schulze-Koops empfahl, das VTE-Risiko mit dem Patienten ausführlich zu besprechen und gegebenenfalls eine bestehende Glukokortikoidtherapie zu überprüfen. Um das Risiko schwerer Infektionen zu verringern, sei ein umfassender Impfschutz erforderlich.

Dr. rer. nat. Marion Hofmann-Aßmus

Quelle: Fachpresse-Webinar „Aktuelles von Tofacitinib bei RA: 11 mg als neue Einmalgabe und Updates vom ACR“, 30. April 2020; Veranstalter: Pfizer

1.
Cohen SB, et al. Lancet Rheumatol 2019; 1 (1): e23-e3 CrossRef
2.
Cohen SB, et al. ACR-Kongress 2019; Poster 1412
3.
Fachinformation Xeljanz®, Stand Januar 2020
4.
ORAL Surveillance Studie: https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02092467
1.Cohen SB, et al. Lancet Rheumatol 2019; 1 (1): e23-e3 CrossRef
2.Cohen SB, et al. ACR-Kongress 2019; Poster 1412
3.Fachinformation Xeljanz®, Stand Januar 2020
4.ORAL Surveillance Studie: https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02092467

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