ArchivDeutsches Ärzteblatt PP7/2020Suchtkranke Kinder- und Jugendliche: Eindrückliche Schicksale zur Prävention

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Suchtkranke Kinder- und Jugendliche: Eindrückliche Schicksale zur Prävention

Schulte-Cloos, Angelika

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Besorgte Eltern fürchten sich davor, dass ihr Kind „falsche“ Freunde findet und (drogen)abhängig und/ oder kriminell werden könnte. Wenn es dazu aber tatsächlich kommt, beginnt für die betroffenen Jugendlichen und ihre Familien ein meist langer Leidensweg.

Der Autor des vorliegenden „Präventionsbuchs“ ist Chefarzt einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in Hannover und leitet die Suchttherapiestation „Teen Spirit Island“, die es seit mehr als 20 Jahren gibt. Die Schicksale der vielen Kinder und Jugendlichen, die er mit seinem Team in dieser Zeit therapeutisch begleitet hat, weisen viele Gemeinsamkeiten auf: Häufig wurde die Basis ihres Lebens erschüttert, etwa durch den Verlust einer sicheren Bindung, eine schwere Erkrankung, Tod oder Trennung der Eltern. Aber auch Faktoren wie eine Überforderung durch eine täglich langandauernde frühkindliche Fremdbetreuung, die zu frühe Einschulung oder das Aufwachsen in Armut erhöhen das Risiko, andere Erfahrungen zu „suchen“ und sich in einer Suchtspirale zu verfangen.

Eindrücklich und bedrückend schildern im zweiten Teil des Buches zwölf junge Menschen in Interviews, wie sie abhängig wurden, welche (Irr-)Wege sie bereits hinter sich hatten, bevor sie bei Teen Spirit Island landeten, und wie sie es mit therapeutischer Hilfe dort schafften, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Der erste Teil des Buches gliedert sich in die Darstellung der verschiedenen Formen von Abhängigkeit (Alkohol, Nikotin, Cannabis, synthetische und andere Drogen, Internet- und Computerspielsucht), wie es zur Abhängigkeit kommt, Adoleszenz und Abhängigkeit, zur Frage, was das Umfeld tun kann, der Schilderung des ambulanten Behandlungskonzepts, der Vorstellung der Therapiestation Teen Spirit Island und eines Kooperationsnetzwerks für drogenabhängige Jugendliche.

Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit digitalem Lernen und dem Einsatz entsprechender Medien sowie damit verbundenen Risiken. Für Eltern, Lehr- und Erziehungskräfte von besonderer Bedeutung sollte das Kapitel zur „Resilienz“ sein (Risiken und Chancen in der frühkindlichen Entwicklung, Suchtprävention durch frühe Bindung), es kann nachgerade als Handlungsanweisung dienen. Dem Buch ist eine weite Verbreitung zu wünschen. Angelika Schulte-Cloos

Christoph Möller: Jugend Sucht. Ein Präventionsbuch – Ehemals Abhängige berichten. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2020, 143 Seiten, kartoniert, 20,00 Euro

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