ArchivDeutsches Ärzteblatt29-30/2020Frühgeburtenrate in Deutschland – diese Zahlen gibt es nicht
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS

Die Frühgeburten-Zahlen in Deutschland, die der Beitrag „Risikobezogene Prävention der Frühgeburt in der ambulanten Versorgung“ von Berger, Rath et al. nennt (1), sind – legt man den üblichen Sprachgebrauch zugrunde – falsch. Die Autoren beziehen sich auf die Bundesauswertung des Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zur Geburtshilfe. Das IQTIG veröffentlicht aber nicht mehr – so wie dies früher bei den BQS-Berichten zur Geburtshilfe der Fall war – einen Tabellenband mit allen Statistiken und Ergebnissen rund um die Geburtshilfe, sondern ausschließlich die Qualitätsindikatoren für die Beurteilung der geburtshilflichen Abteilungen. In diesem Zusammenhang zählt das Institut nicht die Zahlen der Frühgeburten, bezogen auf die Zahl der Schwangeren, sondern ausschließlich die Zahl der Frühgeborenen. Laut IQTIG kamen im Jahr 2017 in Deutschland bei 761 176 Geburten und 776 188 geborenen Kindern 66 730 Kinder als Frühgeborene zur Welt. Dies sind 8,6 % aller geborenen Kinder. Diese Zahl wird in dem Beitrag von Berger, Rath et al. genannt.

Der gleichen Auswertung des IQTIG ist zu entnehmen, dass bei 98,1 % aller Geburten Einlinge geboren wurden, bei 1,9 % Mehrlinge. Die Zahl von der Frühgeborenen, die das IQTIG nennt, enthält etwa 15 000 als Mehrling geborene Kinder aus ungefähr 7 000 Mehrlingsgeburten. Das ergäbe eine Gesamtzahl von etwa 59 000 Frühgeburten und eine Frühgeburtenrate von 7,7 % und nicht von 8,6 %.

Das IQTIG sieht keine Veranlassung, seine QS-Berichte zur Geburtshilfe zu erweitern, kündigt bei entsprechenden Anfragen das Versenden von Rechnungen zur Aufwandserstattung an. Das Institut erhebt in gesetzlichem Auftrag, finanziert mit Mitteln des Steuerzahlers, öffentliche Daten in öffentlichem Interesse. Das Vorenthalten wesentlicher statistischer Daten aus der Geburtshilfe behindern die fachliche Diskussion.

DOI: 10.3238/arztebl.2020.0509a

Dr. med. Susanna Kramarz

Berlin

info@susanna-kramarz.de

Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1.
Berger R, Rath W, Abele H, Garnier Y, Kuon RJ, Maul H: Reducing the risk of preterm birth by ambulatory risk factor management. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 858–64 VOLLTEXT
1.Berger R, Rath W, Abele H, Garnier Y, Kuon RJ, Maul H: Reducing the risk of preterm birth by ambulatory risk factor management. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 858–64 VOLLTEXT

Fachgebiet

Der klinische Schnappschuss

Stellenangebote