MEDIZIN: Diskussion
Präkonzeptionelle Interventionen nicht vergessen
Preconception Interventions Should Not Be Overlooked


Trotz einiger positiver Ergebnisse belegt diese interessante Übersichtsarbeit in ernüchternder Weise die begrenzten Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Frühgeburtlichkeit nach Eintritt der Schwangerschaft (1). Nur bei drei der angeführten Risikofaktoren (verkürzte Zervix im zweiten Trimenon, Nikotinverzicht und Vermeidung schwerer körperlicher Arbeit) gibt es Evidenz für die Wirksamkeit geeigneter Interventionen. Viele der übrigen untersuchten Risikofaktoren sind jedoch Folgen versäumter präkonzeptioneller Interventionen und reduzieren von Anfang an die Chancen für einen normalen Schwangerschaftsverlauf. Das betrifft auch das Risiko der vorzeitigen Schwangerschaftsbeendigung aus medizinischen Gründen, die inzwischen etwa ein Drittel aller Frühgeburten ausmacht. Häufige Indikationen für die iatrogene Frühgeburt sind hypertensive und diabetische Schwangerschaftskomplikationen, die ihrerseits mit prägravidem Übergewicht und Adipositas assoziiert sind (2). Auch die Chance auf eine spontane Konzeption innerhalb eines Jahres reduziert sich bereits ab einem Body-Mass-Index (BMI) > 25 kg/qm. Sie sinkt außerdem mit zunehmendem Lebensalter. Das durchschnittliche Alter bei der ersten Geburt liegt mittlerweile bei 30 Jahren. Der Bedarf für reproduktionsmedizinische Maßnahmen nimmt altersabhängig zu, parallel dazu sinken die Erfolgsraten (3). Gleichzeitig steigt die Inzidenz von Mehrlingsschwangerschaften, die mit einem hohen Risiko (Relatives Risiko [RR]: 7,7) für eine Frühgeburt verbunden sind. Der präkonzeptionelle Gesundheitszustand ist eine maßgebliche Determinante für die Fertilität und den Schwangerschaftsverlauf. Er unterliegt modifizierbaren Einflussfaktoren, die über relativ lange Zeiträume entstehen und verlangt von der individuellen Frau eine ausreichende Kompetenz zu Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, die durch Preconception Counseling gefördert werden sollte (3, 4).
DOI: 10.3238/arztebl.2020.0510b
Dr. med. Marianne Röbl-Mathieu
Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Bezirksvorsitzende des BVF, München
Interessenkonflikt
Der Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
1. | Berger R, Rath W, Abele H, Garnier Y, Kuon RJ, Maul H: Reducing the risk of preterm birth by ambulatory risk factor management. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 858–64 VOLLTEXT |
2. | Stubert J, Reister F, Hartmann S, Janni W: The risks associated with obesity in pregnancy. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 276–83 VOLLTEXT |
3. | Röbl-Mathieu M: Nachhaltige Förderung der Frauengesundheit durch Preconception Counseling. Gynäkologische Praxis 2016, Band 41/2: 215–31. |
4. | Stephenson J, Heslehurst N, Hall J, et al.: Before the beginning: nutrition and lifestyle in the preconception period and its importance for future health. Lancet 2018; 391: 1830–41 CrossRef |
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