

Für das große Interesse und die zahlreichen Diskussionsbeiträge zu unserem Artikel möchten wir uns herzlich bedanken (1). Es unterstreicht die Bedeutung des Themas für die tägliche Praxis.
In der internationalen Literatur wird unter dem Begriff „preterm birth rate“ die Frühgeborenenrate verstanden. Die in unserer Arbeit genannten Prozentzahlen, 9,38 % für 2009 und 8,60 % für 2017, sind die korrekten Frühgeborenenraten für Deutschland, entnommen aus der sektorübergreifenden Qualität im Gesundheitswesen(SQG)-Bundesauswertung und der IQTIG-Bundesauswertung. In den IQTIG-Bundesauswertungen werden die Frühgeburtenraten nicht angegeben. Ungeachtet dessen könnten unsere Angaben daher fehlinterpretiert werden.
In den USA lag die Frühgeborenenrate 2007 bei 10,44 % und 2018 bei 10,02 % (2). Von einer drastischen Verringerung kann man hier also nicht sprechen.
Aufgrund des begrenzten Umfangs im Ärzteblatt und der Vielzahl an Risikofaktoren mussten wir nach sorgfältiger Abwägung eine Selektion der Risikofaktoren vornehmen, die sich an deren klinischer Relevanz in der Praxis und ihrer Beeinflussbarkeit orientierte. Wir sind uns bewusst, dass diese Selektion nicht alle Leser zufrieden stellen kann. Unbestrittenermaßen sind vorangegangene Kürretagen (Abort, Schwangerschaftsabbruch), Anämie, Gestationsdiabetes, wie auch die Präeklampsie weitere Risikofaktoren für eine Frühgeburt. Eine soeben publizierte randomisierte placebokontrollierte Studie zeigte, dass mit prophylaktisch niedrigdosierter Acetylsalicylsäure auch die Rate an spontanen Frühgeburten signifikant gesenkt werden kann (3).
Wir danken für den Hinweis, die Risikofaktoren vor dem Hintergrund ihrer Prävalenz in Deutschland zu betrachten. Allerdings fehlen bisher diesbezügliche, verlässliche Daten.
Die bakterielle Vaginose ist ein signifikanter Risikofaktor für eine Frühgeburt. Allerdings ist ein Screeningverfahren (vaginale pH-Wertmessung) nur sinnvoll, wenn auch eine evidenzbasierte Therapie zur Verfügung steht. Die systemische oder lokale Gabe von Antibiotika kommt hierbei nicht in Frage, wie zuletzt auch der PREMAVA-Trial gezeigt hat (4). Antibiotika sind hochpotente Medikamente, die nicht nur die vaginale Keimflora zerstören können, sondern auch zum Beispiel die maternale enterale Eubiose erheblich beeinflussen und infolge dessen zu Diarrhöen und abdominalen Beschwerden führen können. Randomisierte kontrollierte Studien zu anderen, vielversprechenden Maßnahmen (vor allem Verdrängung pathogener Keime durch Förderung der physiologischen Flora) in der Prävention der Frühgeburt bei bakteriellen Vaginose liegen bisher nicht vor. Der Hinweis zur möglichen Senkung der Frühgeburtenrate durch präkonzeptionelle Maßnahmen könnte einen lohnenswerten Ansatz zukünftiger prospektiv randomisierter Präventionsstudien darstellen. Es ging in unserer Übersichtsarbeit nicht um die Senkung der iatrogenen, sondern um die der spontanen Frühgeburt.
Auch wenn die Frühgeborenenrate in Deutschland nicht signifikant reduziert werden konnte, war es uns wichtig darzustellen, dass durch den Einsatz verschiedener präventiver Maßnahmen, wie zum Beispiel Progesteron, Zerklage und Zervixpessar, das Frühgeburtsrisiko potenziell gesenkt werden kann (1).
DOI: 10.3238/arztebl.2020.0511b
Für die Autoren
Prof. Dr. med. Richard Berger
Marienhaus Klinikum St. Elisabeth
Akademisches Lehrkrankenhaus
der Universitäten Mainz und Maastricht
Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
Neuwied
richard.berger@marienhaus.de
Interessenkonflikt
Prof. Berger bekam Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung sowie Vortragshonorare von der Firma Eickeler.
1. | Berger R, Rath W, Abele H, Garnier Y, Kuon RJ, Maul H: Reducing the risk of preterm birth by ambulatory risk factor management. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 858–64 VOLLTEXT |
2. | Statista: Percentage of preterm births in the United States from 1990 to 2018. www.statista.com/statistics/276075/us-preterm-birth-percentage/ (last accessed on 20 March 2020). |
3. | Hoffman MK, Goudar SS, Kodkany BS, et al.: Low-dose aspirin for the prevention of preterm delivery in nulliparous women with a singleton pregnancy (ASPIRIN): a randomised, doubleblind, placebo-controlled trial. Lancet 2020; 395: 285–93 CrossRef |
4. | Subtil D, Brabant G, Tilloy E, et al.: Early clindamycin for bacterial vaginosis in pregnancy (PREMEVA): a multicentre, double-blind, randomised controlled trial. Lancet 2018; 392: 2171–9 CrossRef |