ArchivDeutsches Ärzteblatt29-30/2020Präzisionsmedizin: Invasivere Therapie als Folge
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Dank Präzisionsmedizin werden mehr Zervix-Krebsvorstufen/-Dysplasien entdeckt. Dass sich Letztere zurückbilden können, wird kaum diskutiert. Nötig dazu ist wieder intaktes Vaginom mit reichlich Laktobazillen, die auch HPV-Hochrisikotypen abwehren können.

Auf Cervix-Screening haben 30 Millionen Frauen Anspruch und es wird von 15 Millionen genutzt. Damit gehen 62 000 Konisationen mit höherem Frühgeburten-Risiko einher – bei 4 400 Zervixkrebs-Neuerkrankungen im Jahr. Dazu kommen die 25–29 Jährigen mit Zervix-Krebs-Inzidenz 5 je 100 000, bei denen sich immer früher Vorstufen entdecken lassen – bei oft bestehendem Kinderwunsch.

Analog verhält es sich bei Ductalen Carzinomen in situ (DCIS) in der Brust, die allerdings schwieriger kontrollierbar sind als Cervix-Dysplasien. Bei histologischer Aufarbeitung des Brustdrüsenkörpers verunfallter Frauen um 50 Jahre wird zu 20 % Brustkrebs gefunden, in kleineren Studien bei fast der Hälfte. Wenn „nur“ eine von zehn Frauen klinisch an Brustkrebs erkrankt, dann spricht das für „Stady state“/-Rückbildungsmöglichkeiten, deren Mechanismen wir nicht kennen.

Kontrastverstärkte digitale Mammografie entdeckt immer kleinere pathologische Befunde. Oft werden diese übertherapiert – bei heute genereller Brustkrebs-Heilungsquote in Höhe von acht von zehn.

Bereits jetzt sind 20 % aller Krebse im Mammografie- Screening DCIS. Dazu britische DCIS-Daten aus dem NHS-Screening-Programm: 8,8 von 1 000 Frauen pro Jahr entwickeln invasiven Brustkrebs, doppelt so viele wie erwartet. Die Sterblichkeit lag mit 1,26 pro 1 000/Jahr um 70 % höher als erwartet, also 0,5 mehr je 1 000.

Mit entdecktem DCIS im Screening sei über 20 Jahre mit höherem Brustkrebsrisiko zu rechnen. Daher fordern die Studienautoren abschließend eine intensivere DCIS-Behandlung. Diese Registerdaten können durch noch präzisere Diagnostik übertroffen werden: noch mehr Krebs-Diagnosen. Die verunsicherten Frauen werden invasivere Therapie akzeptieren, mit danach langfristig reduzierter Lebensqualität.

Prof. Dr. med. Dipl. Psych. J. M. Wenderlein, 80975 Ulm

Literatur beim Verfasser

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