ArchivDeutsches Ärzteblatt29-30/2020Rechtsreport: Pflichten beim Mammografie-Screening

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Rechtsreport: Pflichten beim Mammografie-Screening

Berner, Barbara

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Auch im Rahmen des Mammografie-Screening-Programms sind Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet, bei Auffälligkeiten, die im Anamnesebogen von den Frauen mitgeteilt werden, nachzufragen, ob dieser Befund bereits abgeklärt sei. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin sich in der Praxis der beklagten Radiologen einem Mammografie-​Screening unterzogen. In der Anamnese hatte sie angegeben, die Mamille rechts sei seit circa einem Jahr leicht eingezogen. Die Mammografie wurde mit BIRADS 1 (Normalbefund) bewertet; der Klägerin wurde schriftlich mitgeteilt, es seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden. Sie erkrankte später an Brustkrebs und verklagte die Programmverantwortlichen Ärzte wegen eines Behandlungsfehlers.

Laut BGH liegt ein Fehler vor, da die Ärzte keinen Hinweis auf eine weitere Abklärung gegeben haben. Der für die Auswertung eines Befundes verantwortliche Arzt habe alle Besonderheiten zur Kenntnis und zum Anlass für die gebotenen Maßnahmen zu nehmen, die er aus berufsfachlicher Sicht feststellen muss. Diese Pflicht bestehe erst recht dann, wenn – wie bei einem Mammografie-​Screening – Zweck der Untersuchung die Früherkennung einer Krebserkrankung ist und es sich um eine im Rahmen der Anamnese nachgefragte und angegebene Auffälligkeit handelt, die auf eben eine solche Krebserkrankung hindeuten kann. Denn ein Arzt müsse bei einer Beobachtung, die er im Rahmen seiner Untersuchung macht und die auf eine ernst zu nehmende Erkrankung hinweisen kann, auf eine rasche diagnostische Abklärung hinwirken, um vermeidbare Schädigungen der Patientin oder des Patienten auszuschließen. Er dürfe Auffälligkeiten, die ihm zur Kenntnis gelangen, nicht einfach übergehen. Dazu zählten auch „Zufallsbefunde“.

Der Hinweis auf weitere Untersuchungen sei auch dann gerechtfertigt gewesen, obwohl es sich bei der Mamillenretraktion in Kombination mit einer unveränderten mammografischen Bildgebung um ein sehr unspezifisches Symptom handle und nach den Erläuterungen des Sachverständigen einer eingezogenen Mamille nur ein relativ geringer positiv prädiktiver Wert zukomme. Indem keine weiteren Untersuchungen veranlasst und die notwendigen Befunde nicht erhoben worden waren, sei man vorschnell zu der Diagnose „unauffällig“ gekommen. Damit sei laut BGH ein Befunderhebungsfehler gegeben. RAin Barbara Berner

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