ArchivDeutsches Ärzteblatt35-36/2020Diabetischer Fuß: Kaltplasma beschleunigt die Abheilung von infizierten Ulzera

MEDIZINREPORT: Studien im Fokus

Diabetischer Fuß: Kaltplasma beschleunigt die Abheilung von infizierten Ulzera

Meyer, Rüdiger

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Foto: picture alliance/BSIP BELMONTE
Foto: picture alliance/BSIP BELMONTE

Kaltes atmosphärisches Plasma, dem eine antimikrobielle Wirkung zugeschrieben wird, fördert einer aktuellen Studie zufolge die Abheilung diabetischer Ulzera. Diese entwickeln bis zu 10 % aller Diabetiker im Verlauf des Lebens. Sie sind häufig Ursache von Amputationen.

Die Kombination aus Neuropathie, Mikro- und Makroangiopathie und Fußdeformitäten macht Diabetiker anfällig für Ulzera, die zu Infektionen neigen, schlecht abheilen, und hierzulande rund 50 000 Fußamputationen jährlich verursachen.

Kaltes atmosphärisches Plasma – leicht ionisierte Luft mit elektrisch geladenen Teilen – hat in Laborexperimenten eine breite antimikrobielle Wirkung entfaltet. Es könnte auch die Wundheilung stimulieren.

In der „Kaltplasma-Wund“-Studie wurde dies erstmals in randomisiert-kontrolliertem Setting mit Verblindung an 62 diabetischen Fuß-ulzera von 43 stationären Patienten untersucht. Die Wunden waren gemäß der Wagner-Armstrong-Klassifikation vom Schweregrad 1B und 2B: 1B kennzeichnet eine oberflächliche, infizierte Wunde, beim Grad 2B reicht sie zur Ebene von Sehnen oder Gelenkkapsel.

Die Wunden wurden zunächst täglich und später alle 2 Tage mit einem Pen behandelt – ein kleines Gerät, um das Kaltplasma für 30 Sekunden pro cm² Wundfläche auf die Wundoberfläche zu lenken. Die Kontrollgruppe erhielt eine Schein-behandlung mit inaktiviertem Plasma. Primäre Endpunkte der Studie waren die Reduktion der Wundfläche nach 14 Tagen sowie der Infektionsstatus und die mikrobielle Belastung der Wunden. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem die Zeit bis zu einem 10%igen Wundverschluss, die gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie Sicherheit und Verträglichkeit der Behandlung.

Wie das Team um Diethelm Tschoepe vom Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen berichtet, ging die Wundoberfläche nach 14 Tagen unter der Kaltplasma-Behandlung signifikant im Mittel auf 30,5 % der ursprünglichen Größe zurück (versus 55,2 % in der Placebogruppe; p = 0,03). Die Wundheilung setzte bereits früher ein, was zu einem Rückgang der Infektionen beitrug, die Unterschiede waren jedoch nicht signifikant.

Fazit: Die Kaltplasma-Behandlung war laut Tschoepe für die Patienten schmerzfrei und gut verträglich, auch die Lebensqualität besserte sich. Komplikationen seien nicht aufgetreten. Die Patienten sollen jetzt über 5 Jahre nachbeobachtet werden, um auch die langfristige Sicherheit der Behandlung bewerten zu können. Die Ergebnisse bestätigen nach Einschätzung von Tschoepe die bisherigen Erkenntnisse aus Fallstudien. Neben der antiinfektiösen Wirkung kommt danach der Stimulierung der Wundheilung eine wesentliche Bedeutung zu. Rüdiger Meyer

Stratmann B, et al.: Effect of Cold Atmospheric Plasma Therapy vs Standard Therapy Placebo on Wound Healing in Patients With Diabetic Foot UlcersA Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open 2020; 3 (7):e 2010411.

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