ArchivDeutsches Ärzteblatt PP9/2020Coronapandemie: Schutzkonzepte für psychische Gesundheit gefordert

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Coronapandemie: Schutzkonzepte für psychische Gesundheit gefordert

Haserück, André

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Dietrich Munz: „Je länger Krisen und Konflikte dauern, desto eher sind die psychischen Widerstandskräfte überfordert.“ Foto: picture alliance/dpa/Wolfgang Kumm
Dietrich Munz: „Je länger Krisen und Konflikte dauern, desto eher sind die psychischen Widerstandskräfte überfordert.“ Foto: picture alliance/dpa/Wolfgang Kumm

Die erste Welle der Coronapandemie hatte massive soziale und psychische Konsequenzen. Vor allem die Kontakt- und Ausgangssperren und deren Folgen hätten viele Menschen überfordert, darauf weist die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hin. „Menschen brauchen Kontakt und Nähe. Beides sind wesentliche Ressourcen, um große Belastungen zu ertragen“, erklärte BPtK-Präsident Dr. rer. nat. Dietrich Munz. Je länger Krisen, Konflikte und lebensgefährdende Ereignisse dauerten, desto eher seien die psychischen Widerstands- und Regenerationskräfte überfordert und es könne zu psychischen Erkrankungen kommen. Bei einer möglichen zweiten Welle müsse deshalb stärker auf die Bedürfnisse nach Kontakt, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Pflegebedürftigen, Rücksicht genommen werden.

Basierend auf einem ersten Resümee der vorliegenden Forschungsergebnisse zu den Folgen der Coronapandemie auf die psychische Gesundheit stellt die BPtK mehrere Forderungen auf (http://daebl.de/DA71). So müssten für gefährdete und erkrankte Menschen bessere Informations- und Beratungsangebote etabliert werden. Dafür seien Internetangebote wichtig, aber auch persönliche telefonische Beratung. Psychotherapeuten müsse die telefonische Beratung und Behandlung von Patienten aller Altersgruppen ermöglicht werden, um Hilfsbedürftige erreichen zu können.

Über das reine Homeschooling hinaus müsse bei einer zweiten Welle ein Betreuungs- und Kontaktangebot geschaffen werden, das Kindern und Jugendlichen in stabilen kleinen Gruppen persönliche Nähe und Austausch ermöglicht. In der ambulanten und stationären Altenpflege sollte eine totale Isolierung vermieden werden. Dafür bedürfe es eines Präventionskonzeptes, das mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) zu entwickeln sei. Auch Besuchsräume, feste Gruppen und ausreichend Zeit, um demenzkranken Pflegebedürftigen Veränderungen zu erklären, müssten zum Standard gemacht werden. aha

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