ArchivDeutsches Ärzteblatt38/2020Statine: Fragezeichen setzen
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Von der Laienpresse sind wir ja gewöhnt, dass die Überschrift etwas scheinbar vorwegnimmt, was der Inhalt eines Artikels aber dann beim Lesen nicht hergibt. Vom Deutschen Ärzteblatt erwarte ich eigentlich Besseres. Wie kann man titeln „Statine nutzen auch Älteren“, wenn es im Text heißt, eine Therapie sei „denkbar“ und „es spricht nichts dagegen“, der „Effekt ... sollte sich ... einstellen“? Das ist doch keine Evidenz. Und weiter aus einer retrospektiven Studie zitieren, die „ein wichtiger Hinweis“ sei, der Effekt werde aber „möglicherweise überschätzt“ und die Schlussfolgerung sei, die „Ergebnisse in randomisierten Kontrollstudien“ zu prüfen.

Auch die nachfolgende Empfehlung, die Bildgebung einzusetzen, ist ja keineswegs evidenzbasiert, denn in einer Population von über 75-Jährigen dürften fast alle Carotis-Plaques und auch Koronarkalk haben, ohne dass für diese Menschen untersucht ist, ob eine am Befund solcher Untersuchungen ausgerichtete präventive Therapie einen Nutzen hat. Auch hier brauchen wir dringend randomisierte prospektive (!) Studien für diese zahlenmäßig wachsende Bevölkerungsgruppe.

Also bitte: in Zukunft vielleicht ein Fragezeichen verwenden: „Nutzen Statine auch Älteren?“ Sonst wird dem flüchtigen Leser – und das werden ja angesichts des Zeitdruckes immer mehr – ein falscher Eindruck entstehen; und beim gründlichen Leser ebenso: nämlich, dass hier – aus welche Motiven heraus auch immer – Werbung für nicht evidenzbasierte Maßnahmen betrieben wird.

Dr. med. Michael Kuklinski, 73430 Aalen

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