BRIEFE
Digitalisierung: Sinnvolles setzt sich selbst durch


Wen wundert es, wenn der Mehrwert der geplanten Zwangsdigitalisierung den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten „nicht mehr zu vermitteln“ ist. Die ambulante Welt der Medizin ist bis auf die Radiologie nun mal analog und wird es bleiben: Hautausschläge, Rückenschmerzen und ganz viel Psychosomatik.
Wenn der Patient seine Befunde mit sich tragen oder diese an andere Ärzte, Krankenhäuser, Clouds oder Zweit- und Viertmeiner weitergeben möchte, kann er die Daten heute mit jedem Billighandy selbst in Sekundenschnelle abfotografieren und verschicken – und ist damit Herr seiner Daten und selbst für diese verantwortlich. Das funktioniert, ohne dass eine Corona von schon wieder auszutauschenden Konnektoren, Installationen, „sicheren“ Leitungen (über die vermutlich jeder mittelmäßige Geheimdienst lächelt) und Geld und Verantwortlichkeiten zulasten der Ärzte erforderlich ist.
Jeder in der praktischen Medizin Arbeitende weiß, dass die wahren Kommunikationsprobleme nicht an mangelnder IT liegen: Arztbriefe brauchen immer noch Monate, hübsche, aber eilig gedruckte Medikationspläne sind reihenweise voller Fehler, erforderliche Termine sind nur nach immer längeren Monatsfristen zu bekommen – auch weil die Praxen in Bürokratie ersticken.
Kein Mensch würde auf die Idee kommen, dass ein staatlich erzwungener IT-Anschluss bei einem Schreiner- oder Installateurbetrieb den qualitätsvollen Einbau von Holzmöbeln oder Heizungsanlagen verbessern könnte: Der Meister dort weiß selbst am besten, wie viel sekundäre Technik er im Büro braucht und wie viel nicht. Das Handwerk hat viel mit uns gemeinsam: pragmatisches Handeln unter Zeit- und Kostendruck mit viel Erfahrungswissen auf Basis einer gewissen Wissenschaftlichkeit. Wo Technik in der Medizin sinnvoll ist, wie weiland das EKG oder die Entdeckung des Herrn Röntgen, setzt sie sich schon von alleine durch ...
Dr. med. Herbert Kremer-Zech, 96050 Bamberg