

Der orale S1P-Rezeptormodulator Ozanimod zeigte in den Zulassungsstudien starke Effekte sowohl auf traditionelle als auch auf neue Endpunkte. Eine frühzeitige Therapieeskalation kann die Krankheitsaktivität besser supprimieren und einen günstigen Einfluss auf den Verlauf haben.
Was wirksame Medikamente bei Multipler Sklerose (MS) betrifft, hat sich das Rad in den letzten 10 Jahren erheblich weiter gedreht. Trotzdem ist der Bedarf noch nicht gedeckt. Seit 15. Juli ist mit dem oralen S1P-Rezeptormodulator Ozanimod (Zeposia®, Celgene) ein weiteres krankheitsmodifizierendes Medikament für die Basistherapie der aktiven schubförmigen MS im Frühstadium verfügbar.
Das Fenster für eine wirksame Therapie ist vor allem in der ersten Phase der Erkrankung, die gekennzeichnet ist durch häufige Schübe und hohe entzündliche Aktivität, weit geöffnet. Werde in diesem Stadium effektiv behandelt, komme es später seltener zu einem sekundär-progredienten Verlauf, betonte Prof. Dr. med. Ralf Linker, Regensburg.
Einhergehend mit der Weiterentwicklung der Therapieoptionen sind auch die Ziele anspruchsvoller geworden. Die Entzündungsaktivität soll gebremst und schubassoziierte Symptome zurückgebildet werden. Darüber hinaus soll die Therapie weiteren Schüben und MRT-Läsionen vorbeugen, das Fortschreiten der Hirnatrophie verlangsamen, kognitive Dysfunktion verringern, die Behinderungsprogression bremsen und die Lebensqualität verbessern.
Hirnatrophie im Fokus
Besondere Bedeutung für den Verlauf besitze die Hirnatrophie, so Linker. Kontinuierliche Krankheitsaktivität führt zu neuronalen Schädigungen, die zu Beginn durch funktionelle Hirnaktivierung kompensiert werden können. Im weiteren Verlauf nimmt die neuronale Reserve aber immer weiter ab und die Degeneration überwiegt Reparaturprozesse immer mehr. Letztlich kommt es zu einer Abnahme des Hirnvolumens. Vor allem ein verringertes Thalamusvolumen korreliert mit kognitiven Defiziten. Der Grad der Hirnatrophie ist stark assoziiert mit dem der körperlichen Behinderung und „weichen“ Symptomen wie kognitive Dysfunktion und Fatigue.
Standardinstrumente für die Beurteilung des Behinderungsgrads wie die Expanded Disability Status Scale (EDSS) erfassen neuropsychologische Aspekte wie die kognitive Funktion und Fatigue nicht. Doch 40–70 % der MS-Patienten haben kognitive Defizite und 90 % leiden unter Fatigue. Und diese Symptome sind für die von den Patienten empfundene Belastung durchaus relevant. „Der Alltag besteht nicht nur aus Armen und Beinen“, merkte Linker an. Auch der Effekt auf solche bisher wenig beachteten Endpunkte sollte Linker zufolge bei der Risiko-Nutzen-Bewertung einer Therapie eine Rolle spielen.
Leider seien die meisten effektiven Medikamente auch durch erhebliche Nebenwirkungen belastet, so mancher Antikörper sei daran schon gescheitert, erinnerte der Regensburger Neurologe. Über das Risiko-Nutzen-Profil des neuen oralen S1P-Rezeptormodulators Ozanimod berichtete Prof. Dr. med. Tjalf Ziemssen, Dresden: Ozanimod verringere – wie andere Substanzen seiner Klasse – die Lymphozytenmigration ins ZNS. Die Zulassungsstudien SUNBEAM und RADIANCE Teil B hätten zudem eine signifikant höhere Wirksamkeit von Ozanimod im Vergleich zu Interferon β-1a auf traditionelle und neue („weiche“) Endpunkte gezeigt: Die Therapie habe die annualisierte Schubrate und die Läsionslast vermindert, die kognitive Funktion verbessert, die Hirnatrophie reduziert, die Behinderungsprogression gebremst und die physische Lebensqualität angehoben, fasste Ziemssen zusammen.
Geringe Nebenwirkungsrate
In beiden Studien zeigte Ozanimod eine gute Verträglichkeit mit einer sehr geringen Rate an schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen. Kein Teilnehmer entwickelte einen AV-Block zweiten oder höheren Grades. Das Infektionsrisiko war vergleichbar mit dem der Interferon-Therapie. Beobachtet wurde bei > 5 % der Teilnehmer eine transiente Erhöhung der Leberwerte.
Ozanimod wird ab Tag 8 nach Abschluss eines initialen Dosissteigerungsschemas einmal täglich in einer Dosis von 0,92 mg oral eingenommen. Durch die vorausgehende Aufdosierung wird die Häufigkeit der therapieinduzierten Bradykardie minimiert. Kardiale Vorerkrankungen sollten vor Therapiebeginn durch ein EKG ausgeschlossen werden. Sind keine vorhanden, ist eine kardiale Überwachung nicht notwendig. Auch die Leberwerte und ein großes Blutbild einschließlich Lymphozytenzahl sollten initial erhoben werden. Eine Schwangerschaft muss unbedingt ausgeschlossen sein. Frauen im gebärfähigen Alter müssen zuverlässig verhüten.
Auch Ziemssen unterstrich, wie wichtig ein frühzeitiger Therapiebeginn ist, beklagte diesem Zusammenhang eine „Lethargie in der Eskalation“. Zu selten und zu spät werde in der Praxis die Therapie eskaliert, wenn dies nötig wäre, um die Krankheitsaktivität besser zu supprimieren. Dr. med. Angelika Bischoff
Quelle: Launch-Fachpressegespräch „Neue Behandlungsoption bei schubförmig-remittierender MS: Mit Zeposia® (Ozanimod) zielgerichtet früh und effektiv therapieren“. Virtuelles Meeting am 15. Juli 2020. Veranstalter: Celgene GmbH.