MEDIZINREPORT: Studien im Fokus
Arbeitsschutz: Berufsbedingte Risiken für chronisch obstruktive Lungenerkrankung quantifiziert


Eine Bronchialobstruktion ist das Charakteristikum der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Eine wesentliche Ursache für COPD ist das Rauchen, doch auch im Rahmen der Berufsausübung eingeatmete Schadstoffe spielen pathogenetisch eine wichtige Rolle. Zu einigen solch exponierter Berufe gibt es eine Reihe von Studien wie im Kohlebergbau unter Tage, zu Metallverarbeitung und Landwirtschaft.
Spezifische Substanzen, die das Risiko für COPD erhöhen, sind unter anderem Isocyanate, Silikon und die in Dieselabgasen und Asphaltdämpfen enthaltenen polyaromatischen Kohlenwasserstoffe.
Britische Arbeitsmediziner und Epidemiologen haben das umfangreiche Datenmaterial der UK-Biobank-Studie herangezogen, um eine mögliche Beziehung zwischen der Exposition gegenüber verschiedenen inhalierbaren Schadstoffen am Arbeitsplatz (Airborne Occupational Pollutants; AOP) und obstruktiven Ventilationsstörungen zu evaluieren.
Von 228 614 Studienteilnehmern eines Durchschnittsalters von 53 Jahren, die zu 48 % männlich waren und von denen 57 % nie geraucht haben, waren 33,7 % mindestens einem Schadstoff ausgesetzt. Bei 8,9 % lag eine Bronchialobstruktion vor. In dieser Gruppe war bei 31,6 % die Exposition gegenüber einem der gelisteten Schadstoffe wie Gasen, Dämpfen, Feinstaub mineraler oder biologischer Natur, Flüssigkeitsnebel, Dieselabgase oder Feinfaser nachweisbar. 4 von 5 Personen aus dieser Gruppe waren mehr als einer Substanz ausgesetzt.
Eine ausgeprägte Exposition gegenüber Dämpfen erhöhte das Risiko einer berufsbedingten Bronchialobstruktion um 26 %. Ein leicht erhöhtes Risiko wurde für Menschen ermittelt, die Staub im allgemeinen – Risk Ratio (RR): 1,05; [95-%-Konfidenzintervall] [1,01; 1,08]) – biologischem Staub (RR: 1,05; [1,01; 1,10) und einer Mischung verschiedener Schadstoffe (RR: 1,04; [1,01; 1,07]) ausgesetzt waren.
Fazit: „Diese Daten bestätigen erneut, dass es neben dem inhalativen Rauchen weitere relevante Noxen gibt, die für die Entstehung obstruktiver Atemwegserkrankungen bedeutsam sind“, erklärt Prof. Dr. med. Jens Schreiber, Direktor der Klinik für Pneumologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. „Die Noxen können arbeitsplatzbezogen, aber auch außerberuflich verursacht sein. Hier sind adäquate Schutzmaßnahmen essenziell. Weitgehend unklar ist bisher, inwieweit sich die COPD bei Nicht- oder Wenigrauchern von der bei Rauchern hinsichtlich der Pathomechanismen und therapeutischen Beeinflussbarkeit unterscheidet. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.“
Dr. med. Ronald D. Gerste
Sadhra SS, Mohamed N, Kurmi OP, et al.: Occupational exposure to inhaled pollutants and risk of airflow obstruction: a large UK population-based UK Biobank cohort. Thorax 2020; 75: 468–75.