SUPPLEMENT: Perspektiven der Onkologie
Metastasiertes Nierenzellkarzinom: Neue Erstlinientherapie


In der Studie CheckMate 9ER war die Kombination von Nivolumab und Cabozantinib einer Standardtherapie mit Sunitinib in der Erstlinie überlegen.
Bislang werden der PD1-Inhibitor und der Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Cabozantinib beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom (RCC) jeweils als Monotherapie in der zweiten Linie eingesetzt. Cabozantinib hat sowohl antiangiogenetische als auch immunmodulierende Eigenschaften, die möglicherweise der tumorinduzierten Immunsuppression entgegenwirken und daher die Therapie mit dem PD1-Hemmer effektiver machen könnten, wie Prof. Toni K. Choueiri, Dana-Farber Krebszentrum, Boston, erläuterte.
In der Phase-3-Studie CheckMate 9ER wurde deshalb der PD1-Hemmer Nivolumab mit dem TKI Cabozantinib kombiniert und bei Patienten mit einem fortgeschrittenen klarzelligen RCC mit der TKI-Standardtherapie in dieser Situation (Sunitinib) 1:1 verglichen. Nivolumab wurde als Infusion in einer Dosis von 240 mg alle 2 Wochen verabreicht, Cabozantinib in einer Dosis von 40 mg 1-mal täglich und Sunitinib in einer Dosis von 50 mg pro Tag jeweils für 4 Wochen mit 2-wöchiger Pause zwischen den Zyklen. 640 konnten einem der beiden Studienarme zugeordnet werden. 22,6 % hatten eine günstige Prognose, 57,6 % ein intermediäres Risiko und 19,7 % waren Hochrisikopatienten. Eine PD-L1-Expression von ≥ 1 % wies ein Viertel der Patienten (24,9 %) auf. 323 Patienten erhielten die Nivolumab-Cabozantinib-Kombination, 328 Sunitinib.
Der primäre Endpunkt war das von einem unabhängigen Gutachtergremium beurteilte progressionsfreie Überleben (PFS). Nach einer medianen Beobachtungszeit von 18,1 Monaten zeigte sich ein deutlicher Vorteil für die Nivolumab-Cabozantinib-Kombination mit einem medianen PFS von 16,6 Monaten gegenüber 8,3 Monaten bei Therapie mit Sunitinib. Die Kombination von Immun- und zielgerichteter Therapie reduzierte damit das Risiko für Progress oder Tod um 49 % (HR 0,51; 98,89-%-KI 0,41–0,64; p = 0,0001) und unterschritt damit weit den vorher definierten Wert für Überlegenheit von p < 0,05.
Auch das Gesamtüberleben (OS) war in der Gruppe von Patienten, die eine Kombinationstherapie erhalten hatten, deutlich verlängert. Der Median war in beiden Gruppen zwar noch nicht erreicht, aber die Hazard Ratio lag bei 0,60 (98,89-%-KI 0,40–0,89; p = 0,0010). Die Ergebnisse für PFS und OS waren für unterschiedliche Risikogruppen ähnlich günstig und unabhängig von der PD-L1-Expression. Auf Nivolumab plus Cabozantinib sprachen etwa doppelt so viele Patienten wie auf Sunitinib an (55,7 % vs. 27,1 %; p < 0,0001). Ein komplettes Ansprechen zeigten 8,0 % und 4,6 % der Patienten in diesen beiden Gruppen. Bei Kombination hielt es fast doppelt so lange an wie bei der TKI-Monotherapie (20,2 vs. 11,5 Monate).
Fast alle Patienten berichteten über behandlungsassoziierte Nebenwirkungen. Ein höherer Schweregrad (Grad ≥ 3) war in beiden Gruppen ähnlich häufig. Die Nivolumab-Cabozantinib-Therapie ging insbesondere mit mehr Lebertoxizität einher. Wegen immunassoziierter Nebenwirkungen mussten 19 % der Patienten im Kombinationsarm mit Kortikosteroiden behandelt werden, aber nur 4 % benötigten diese Supportivtherapie 30 Tage oder länger. Bei 50 % der Patienten musste die Cabozantinib-Dosis reduziert werden. Wegen Nebenwirkungen brachen aber nur 15,3 % der Patienten unter Kombination die Therapie ab, in der Sunitinibgruppe 8,8 %. Behandlungsassoziierte Todesfälle waren sehr selten (n = 1 Nivolumab-Cabozantinib, n = 2 Sunitinib).
Choueiri betonte, dass die in CheckMate 9ER gezeigte Halbierung des PFS-Risikos, die 40%ige Reduktion des Sterberisikos und das verdoppelte Ansprechen durch die Kombination von Nivolumab und Cabozantinib gegenüber Sunitinib nicht nur statistisch signifikant, sondern klinisch bedeutsam sei. Zudem habe sich die Lebensqualität bei Nivolumab-Cabozantinib-Therapie verbessert, während sie unter Sunitinib abgenommen habe. Daher werde die Kombination in Zukunft sicher eine wichtige Therapieoption beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom sein. ▄
DOI:10.3238/PersOnko.2020.11.06.04
Friedrike Klein