ArchivDeutsches Ärzteblatt PP11/2020Angst in der Kunst: Anregungen für die therapeutische Arbeit

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Angst in der Kunst: Anregungen für die therapeutische Arbeit

Golombek, Jürgen

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Die Erweiterung des Sprachlichen um das Nichtsprachliche hat schon lange einen Platz in der Psychotherapie, vor allem im stationären Bereich ist die konkrete Einbeziehung nonverbaler therapeutischer Elemente schon länger etabliert, im ambulanten Sektor besteht noch Entwicklungsbedarf. In der Psychotherapie wird versucht, einen Zugang zu den Gefühlen und Gedanken zu finden, sie erfahrbarer und fassbarer zu machen, sie ausdrücken zu können und die Sinne dafür mit einzubinden. Dieses Buch nimmt das Sehen und Hin-Sehen ernst und veranschaulicht das über das Grundgefühl der Angst in der bildenden und gestaltenden Kunst, aufgenommen sind neben Gemälden auch Fotografien, Skulpturen und Installationen. Die subjektive Auswahl bezieht sich auf von Künstlern mit Begriffen wie Angst, Furcht, Panik versehene Werken. Nach zwei einführenden theoretischen Reflexionen über Angst, Angsterkrankungen und das Phänomen der Angst in der Kunst werden im Hauptteil des Buches Werke vorgestellt, die angereichert sind mit Assoziationen und verbunden werden mit einer kontextuellen Einordnung in Bereiche der Geisteswissenschaften und der Politik. Unterteilt werden sie in Abschnitte wie „Symptome der Angst“, „Angsterkrankungen“, „Bewältigung der Angst“, dabei interessant ist auch die Aufnahme der Prävention von Angst.

Das schön gestaltete Buch löst den Anspruch ein, Angst im Spiegel der Kunst sichtbar machen zu wollen. Das Buch wartet mit der Abbildung eines jeden Werkes auf, mit Bildern von de Goya, Paul Klee, Franz Marc bis zu Polke und Lüpertz sowie vielen anderen. Zu empfehlen ist, sich erst der autonomen Wirkung der Bilder zu überlassen und dann erst die kurzen, prägnanten und die Nachdenklichkeit anregenden Einlassungen zu den Darstellungen zu lesen. So kann der Leser zum Sehenden werden und über die eigenen sinnlich-körperlichen Wahrnehmungen und affektiven Reaktionen die Vielfalt und das Ausmaß an Angst und deren Ausdrucksmöglichkeiten entdecken und erfahrbar machen. Das „Bilderbuch der Angst“ ist eine Einladung, immer wieder hineinzuschauen, sich den Verbildlichungen von Angst zu widmen, Anregungen für die therapeutische Arbeit mitzunehmen, sich aber auch von der, wie Kandinsky sagte, „grenzenlosen Schönheit und Macht“ der Bilder verführen und in Besitz nehmen zu lassen. Jürgen Golombek

Katharina Domschke: Angst in der Kunst. Ikonografie einer Grundemotion. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2019, 200 Seiten, gebunden, 49,90 Euro

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