BRIEFE
Arzneimittelverschreibung: Versorgungsfern


Weil immer mehr Vertragsärzte, insbesondere die nicht hausärztlich Tätigen, auf dem roten „Kassenrezept“ (GK-Muster 16) keinerlei Dosierungsempfehlungen/Signaturen mehr angeben, wurde über unsere Köpfe hinweg entschieden, dass alle ärztlichen Verordnungen mit Medikationsplan und/oder Dosierungschemata im 1–0–0- bzw. 1–0–0–0-System für morgens/mittags/abends/nachts den Zusatz „Dj“ tragen müssen.
Fehlen eine externe Einnahmeanleitung und damit ein „Dj“, muss zwingend eine ärztliche Signatur auf dem Kassenrezept vermerkt sein. Apothekerinnen und Apotheker laufen sonst Gefahr, retaxiert zu werden bzw. kein Medikamenten-Honorar durch ihre Apotheken-Verrechnungsstelle zu bekommen. Das gilt übrigens auch, wenn der „Dj“-Vermerk fehlt.
... Zur Erinnerung: Beim „aut idem“- Kreuz gab es ebenfalls verwirrende Vorschriften, die manche bis heute nicht durchschauen. Zunächst war es die Erlaubnis, identisch passende Präparate/Generika auszutauschen. Aktuell bedeutet ein positives Ankreuzen unlogisch widersinnig, Medikamente nicht austauschen zu dürfen.
Hausärztinnen/Hausärzte schreiben seit Jahrzehnten Dosierungen/Verordnungspläne. Ursachen für Verunsicherung, Desorientierung und Noncompliance unserer Patienten sind, dass sie bisher nie eine Kontrolle über ihre Rezepte und Medikationen haben, weil ihnen das rote GKV-Kassenrezept nach Muster 16 mit Medikamenten und Arztsignatur in der Apotheke weggenommen wird und sie ihre Verordnungen nicht kontrollieren können.
Mein Hinweis an versorgungsfern und medizinbildungsfremd agierende „Gesundheits“-Politiker, -Bürokraten, Krankenkassen bzw. Medien und Öffentlichkeit: Für meine Patienten ausgestellte Rezepte (lat. für recipe = „nimm“ Rp.) tragen seit 1992 generell die Signatur als Medikamenten-Einnahmevorschrift. M.D.S. (lat. misce, da, signa „mische, gib und bezeichne“), mit S. abgekürzt (signa = „bezeichne“), nennt Anzahl, Art und Dauer der Anwendung des Arzneimittels. Meinen Patienten wird genau dieses Vertragsarztrezept (aktuell Muster 16) seit Bestehen der GKV in den Apotheken ersatzlos weggenommen. Das ist die Ursache für ständige AMVV-Novellen und Medikamentenpläne. Patienten kommen nach Arzt-/Apotheken-Besuchen mit „Pillenschachteln“ nach Hause und rätseln, wer aus verschiedenen Fachrichtungen ihnen das mit unterschiedlichsten Dosierungen verschrieben haben könnte?
Rp. nach Muster 16 gehören grundsätzlich in die Hände des Patienten zurück und nicht nur in den Orkus der Abrechnungs-bürokratie!
Dr. med. Thomas G. Schätzler, 44137 Dortmund