ArchivDeutsches Ärzteblatt47/2020Multiples Myelom: Neue Option nach Rezidiven

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Multiples Myelom: Neue Option nach Rezidiven

Fischer von Weikersthal, Gabi

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Patienten mit fortschreitendem multiplem Myelom trotz 4 Therapien können nun das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Belantamab-Mafodotin erhalten. Es greift am B-Zell-Reifungsantigen an. Dieses findet sich auf den Zellen des multiplen Myeloms, aber nicht auf gesunden B-Zellen.

Seit August 2020 steht in Deutschland eine Monotherapie zur Behandlung des multiplen Myeloms bei erwachsenen Patienten zur Verfügung: Belantamab-Mafodotin (Blenrep®, GlaxoSmithKline) ist der erste zugelassene Vertreter aus der Klasse der gegen das B-Zell-Reifungs-Antigen (BCMA) gerichteten Therapien für Patienten, deren Erkrankung trotz derzeitiger Standardtherapie fortgeschritten ist.

Ein multiples Myelom gilt aufgrund der hohen Rezidivrate mit den momentan verfügbaren Therapieoptionen als nicht heilbar. Mit jedem weiteren Rezidiv sinken die Tiefe und die Dauer des Ansprechens auf die Folgetherapie. Prof. Dr. med. Martin Kortüm, Würzburg, auf einem virtuellen Pressegespräch im Rahmen der deutschen Markteinführung von Belantamab-Mafodotin: „Die Symptomatik ist sehr variabel und oftmals unspezifisch. Vor Beginn einer Therapie ist die Prüfung der Indikation mittels der SLiM-CRAB-Kriterien indiziert. Ist keines dieser Kriterien erfüllt, so ist zunächst keine Therapie erforderlich, jedoch sind engmaschige Kontrollen empfohlen.“

Mindestens 4 Vortherapien sind Voraussetzung

Die von der Europäischen Kommission erteilte bedingte europäische Marktzulassung für Belantamab-Mafodotin als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit multiplem Myelom stellt laut Kortüm eine neue Ära in der Krebsmedizin dar. „Myelom-Patienten müssen zuvor mindestens 4 Therapien erhalten haben, darunter einen Anti-CD38-Antikörper, einen Proteasom-Inhibitor und einen Immunmodulator. Während der letzten Therapie muss ein Fortschreiten der Erkrankung nachgewiesen worden sein“, erläuterte der Würzburger Hämotoonkologe.

Wirksamkeit und Sicherheit von Belantamab-Mafodotin wurden in den Zulassungsstudien DREAMM-1 und DREAMM-2 untersucht. DREAMM-2 ist eine offene, unverblindete, 2-armige Phase-II-Studie, in der die Patienten randomisiert entweder 2,5 mg/kg Körpergewicht (n = 97) oder 3,4 mg/kg Körpergewicht (n = 99) des Antikörper-Wirkstoff-Konjugates intravenös alle drei Wochen erhielten. Kortüm präsentierte die Daten eines Updates von DREAMM-2 zur Wirksamkeit, die eine Ansprechrate von 32 % (2,5 mg/kg) oder 35 % (3,4 mg/kg) zeigten.

Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 2,8 versus 3,9 Monate, das mediane Gesamtüberleben 13,7 beziehungsweise 13,8 Monate. Das Einjahresüberleben wurde in beiden Gruppen auf 57 % geschätzt. Mit der niedrigeren Dosis traten seltener Thrombozytopenien auf, Keratopathien waren in den beiden Armen gleich häufig.

Während der Behandlung mit Belantamab-Mafodotin kann es sehr häufig zu Keratopathien und mikrozystenartigen epithelialen Veränderungen des Hornhautepithels mit oder ohne Veränderung der Sehschärfe, verschwommenem Sehen und Symptomen trockener Augen kommen. Dr. med. Daniel Kampik, Ophthalmologe am Uniklinikum Würzburg, gab einen Überblick über das Therapiemanagement der kornealen Nebenwirkungen:

Vor Beginn der Behandlung, vor den nachfolgenden 3 Behandlungszyklen und – falls klinisch indiziert – während der Behandlung sollten sich Patienten demnach einer ophthalmologischen Untersuchung (inkl. Sehschärfe- und Spaltlampenuntersuchung) unterziehen.

Darüber hinaus sollten Patienten sollten während der Behandlung mindestens 4-mal täglich konservierungsmittelfreie Tränenersatzmittel anwenden und das Tragen von Kontaktlinsen vermeiden. Bei Patienten, bei denen eine Keratopathie mit oder ohne Änderungen der Sehschärfe auftritt, kann je nach Schweregrad des Befunds eine Dosisänderung (Verzögerung und/oder Reduktion) oder ein Abbruch der Behandlung erforderlich sein.

Schulungsmaterial zu kornealen Nebenwirkungen

Im Rahmen der Zulassung von Belantamab-Mafodotin wurde behördlich beauflagtes Schulungsmaterial für Hämatologen/Onkologen, Ophthalmologen sowie Patienten erstellt, das auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts (www.pei.de/schulungsmaterial) oder von GlaxoSmithKline (www.gsk-services.de/blenrep) abrufbar ist.

Die empfohlene Dosis von Belantamab-Mafodotin beträgt 2,5 mg/kg Körpergewicht, die alle drei Wochen über eine mindestens 30-minütige intravenöse Infusion verabreicht wird. Eine Durchstechflasche enthält 100 mg Belantamab-Mafodotin. Die Anwendung erfolgt nach Rekonstitution und Verdünnung, Letztere kann bis zu 24 Stunden im Kühlschrank (2–8° C) oder maximal 6 Stunden (inkl. Infusionszeit) bei Raumtemperatur (20–25° C) aufbewahrt werden. Gabi Fischer von Weikersthal

Quelle: Virtuelles Launch-Pressegespräch „Belantamab-Mafodotin – eine neue Perspektive für vorbehandelte Patienten mit multiplem Myelom“, 21. Oktober 2020; Veranstalter: GlaxoSmithKline.

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