ArchivDeutsches Ärzteblatt4/2021Kardiovaskuläre Risiken durch refraktäre Hypercholesterinämie: Neues Wirkprinzip mit monoklonalem Antikörper senkt LDL-Cholesterin signifikant

MEDIZINREPORT: Studien im Fokus

Kardiovaskuläre Risiken durch refraktäre Hypercholesterinämie: Neues Wirkprinzip mit monoklonalem Antikörper senkt LDL-Cholesterin signifikant

Vetter, Christine

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Foto: DavidBautista/stock.adobe.com
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Eine lebenslange Hypercholesterin-ämie erhöht das Risiko für arteriosklerotisch bedingte kardiovaskuläre Erkrankungen. Die Prävalenz der schweren Hypercholesterinämie wird für die Allgemeinbevölkerung auf 1 : 300 geschätzt.

Bei der Regulierung des Lipidmetabolismus hat das Protein Angiopoietin-like 3 (ANGPTL3) eine wichtige Bedeutung, indem es die Lipoproteinlipase und die endothelständige Lipase hemmt. Loss-of-Function-Varianten im ANGPTL3- Gen haben eine Hypolipidämie mit erheblich reduzierten LDL-Cholesterin-, Triglyzerid- und HDL-Cholesterinwerten im Blut zur Folge.

Auf Basis dieser Erkenntnis wurde Evinacumab entwickelt. Es ist ein voll humanisierter monoklonaler Antikörper gegen ANGPTL3, und er wird bei Patienten mit refraktärer Hypercholesterinämie geprüft, die unter maximaler Dosierung einer lipidsenkenden Standardtherapie weiterhin ein hohes LDL-Cholesterin aufweisen.

In einer multizentrischen doppelblinden Phase-2-Studie wurden 272 Patienten mit einem LDL-Cholesterin ≥ 70 mg/dL mit Atherosklerose oder 100 ≥ mg/dL ohne Atherosklerose 24 Wochen lang placebokontrolliert mit dem monoklonalen Antikörper behandelt. Bei der Mehrzahl der Patienten war eine heterozygote familiäre Hypercholesterin-ämie dokumentiert.

Verabreicht wurde Evinacumab subkutan in Dosierungen von 450 mg/Woche oder 300 mg/Woche oder 300 mg alle 2 Wochen oder intravenös in Dosierungen von 5 mg/kg/Körpergewicht (KG) oder 15 mg/kg/KG alle 4 Wochen oder jeweils s.c. oder i.v. Placebo.

Das Ergebnis: Subkutan verabreichtes Evinacumab bewirkte in einer Dosierung von 450 mg/Woche innerhalb von 16 Wochen eine Reduktion des LDL-Cholesterins um 56 %. Bei Gabe von 300 mg wöchentlich wurde eine LDL-Senkung von 52,9 % im Vergleich zu Placebo und bei 300 mg 2-wöchentlich um 38,5 % erwirkt (p < 0,001 in allen Gruppen). Die intravenöse Applikation von Evinacumab führte zu einer LDL-Reduktion von 50,2 % (p < 0,001) bei Gabe von 15 mg/kg KG und zur Senkung um 24,2 % bei 5 mg/kg KG. Die Rate schwerer Nebenwirkungen lag bei 3–16 % über alle Studiengruppen.

Fazit: „Die Studie zeigt, dass LDL-Cholesterin durch diesen neuen Lipidsenker in verschiedenen Dosierungen signifikant gesenkt wird und die Verträglichkeit gut ist“, kommentiert Dr. med. Anja Vogt, Oberärztin und Leiterin der Stoffwechselambulanz, Medizinische Klinik IV, Klinikum Innenstadt, Universität München. „Das Wirkprinzip wurde basierend auf Varianten im ANGPTL3- Gen, bei denen LDL-Cholesterin und KHK-Inzidenz niedriger sind, entwickelt. Hervorzuheben ist die Unabhängigkeit vom LDL-Cholesterin-Rezeptor. Wenn die weiteren Studien die Ergebnisse bestätigen, können wir auf ein weiteres Präparat hoffen, um Hochrisikopatienten immer effektiver und individueller behandeln zu können.“ Christine Vetter

Rosenson RS, Burgess LJ, et al.: Evinacumab in patients with refractory hypercholesterolemia. N Engl J Med 2020; 383: 2307–19.

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