ArchivDeutsches Ärzteblatt8/2021Postoperative Wundinfektionen: Hygienefortbildung in neuem Format

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Postoperative Wundinfektionen: Hygienefortbildung in neuem Format

Dorbath, Marion; Lupo, Claudia; Friedemann, Corinna

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Die Dokumentationspflicht für das Qualitätssicherungsverfahren „Vermeidung nosokomialer Infektionen – Postoperative Wundinfektion“ wurde für ein Jahr ausgesetzt. Zur Überbrückung und Vorbereitung für die nächste Befragung haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), das Kompetenzzentrum für Hygiene und Medizinprodukte der KVen und der KBV (CoC) sowie das Deutsche Ärzteblatt eine digitale Fortbildung zum Thema entwickelt.

Empfehlungen zur Aufbereitung von Medizinprodukten sind Teil der Fortbildung, die Ärztinnen und Ärzten nun digital zur Verfügung steht. Foto: hetmanstock2/stock.adobe.com
Empfehlungen zur Aufbereitung von Medizinprodukten sind Teil der Fortbildung, die Ärztinnen und Ärzten nun digital zur Verfügung steht. Foto: hetmanstock2/stock.adobe.com

Postoperative Wundinfektionen gehören noch immer zu den häufigsten nosokomialen Infektionen in Deutschland. Nach der zweiten nationalen Prävalenzstudie von 2013 sind die postoperativen Wundinfektionen mit einem Anteil von etwa 24 Prozent die häufigsten nosokomialen Infektionen in deutschen Akutkrankenhäusern. Somit ereignen sich pro Jahr ca. 250 000 postoperative Wundinfektionen in Deutschland, von denen einige vermeidbar wären.

Um dem zu begegnen, wurde 2017 das sektorenübergreifende Qualitätssicherungsverfahren (QS) „Vermeidung nosokomialer Infektionen – postoperative Wundinfektionen (QS WI)“ ins Leben gerufen. In diesem Rahmen werden zum einen postoperative Wundinfektionen, die zur stationären Aufnahme geführt haben, im Krankenhaus erfasst. Zurückverfolgbar werden diese, indem die Daten mit Sozialdaten der Krankenkassen verknüpft werden. So lässt sich feststellen, wo der ambulante oder stationäre Eingriff erfolgt ist. Aufgrund der derzeit noch unvollständigen Sozialdaten liegen bislang jedoch noch keine Ergebnisse vor. Erste Rückmeldungen an die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte zu den verursachten postoperativen Wundinfektionen werden erstmals im Sommer 2021 – bezogen auf die Jahre 2017 bis 2019 – erwartet.

Zum anderen beantworten operierende Ärzte im Rahmen des QS WI in Praxen, Medizinischen Versorgungszentren und Krankenhäusern jährlich Fragen zum Hygiene- und Infektionsmanagement in ihrer Einrichtung. Diese Fragen betreffen zum Beispiel die Inhalte des Hygieneplans/Reinigungs- und Desinfektionsplans, die korrekte und sorgfältige Aufbereitung von Sterilgut sowie regelmäßige Fortbildungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Themenbereich Hygiene sowie die rationale Antibiotikagabe. Die Fragen beziehen sich immer auf das einrichtungsbezogene Hygiene- und Infektionsmanagement des vorangegangenen Jahres.

QS-Dokumentation ausgesetzt

Das Verfahren QS WI wird zunächst für fünf Jahre erprobt, bevor es in den Regelbetrieb geht. Grund ist die sehr komplexe Zusammenführung der erhobenen Daten aus Arztpraxen, Krankenhäusern und von Krankenkassen. Während der Erprobungsphase gelten auch die Sanktionen bei Auffälligkeiten nur eingeschränkt.

Das Verfahren QS WI startete bereits mit erheblichen Schwierigkeiten, welche sich in den ersten drei Jahren der Erprobung nicht vollständig anpassen ließen. Da die notwendigen Überarbeitungen im laufenden Verfahren nicht umgesetzt werden können, hat der Gemeinsame Bundesausschuss am 17. Dezember 2020 (http://daebl.de/HR59) entschieden, die beiden verpflichtenden QS-Dokumentationen des Verfahrens für ein Jahr auszusetzen. Somit müssen teilnehmende Ärzte weder die Einrichtungsbefragung für 2020 dokumentieren (Termin wäre Anfang 2021 für das Hygienemanagement ihrer Einrichtung gewesen) noch müssen Ärzte in Krankenhäusern im Jahr 2021 fallbezogen die potenziellen postoperativen Wundinfektionen dokumentieren. Insbesondere die Einrichtungsbefragung soll im Jahr der Aussetzung weiterentwickelt werden.

Zeit der Aussetzung nutzen

Die Ergebnisse des QS-Verfahrens weisen für Krankenhäuser und vertragsärztliche Einrichtungen weiterhin ein Qualitätspotenzial in den hygienerelevanten Themen auf. Dies betrifft beispielsweise die korrekte präoperative Haarentfernung, die Einhaltung von Fortbildungspflichten zu Hygienethemen, die Verwendung von internen Leitlinien zur Antibiotikaprophylaxe und -therapie sowie die Information des weiterbehandelnden Arztes über Patienten mit postoperativen Wundinfektionen.

Um diese Qualitätspotenziale zu adressieren, hat die KBV gemeinsam mit dem CoC und dem Deutschen Ärzteblatt eine ärztliche Fortbildung entwickelt, welche sowohl die Vorgaben der Empfehlung „Prävention postoperative Wundinfektionen“ der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut als auch die Inhalte der Einrichtungsbefragung zum Hygiene- und Infektionsmanagement des QS WI bündelt. Um die Zeit des Aussetzens der Einrichtungsbefragung optimal zu nutzen, sollten sich die beteiligten Ärzte und Krankenhäuser im Jahr 2021 insbesondere mit diesen hygienerelevanten Themen auseinandersetzen. Denn ein optimales Hygienemanagement ist die wichtigste Grundlage für komplikationsarme operative Eingriffe. Gesetzliche Grundlage aller Hygienemaßnahmen im chirurgischen Bereich ist das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Dort wird im § 23 ausgeführt, dass die Einhaltung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft vermutet wird, wenn die Empfehlungen der KRINKO umgesetzt werden. Damit erhalten diese Empfehlungen des Robert Koch-Instituts einen hohen Grad von Verbindlichkeit. Darüber hinaus nehmen auch viele der länderspezifischen Hygieneverordnungen Bezug auf die KRINKO-Veröffentlichungen. Die Hygieneverordnungen der Bundesländer sind verbindlich umzusetzen. Abweichungen sind teilweise mit Bußgeldern bewehrt.

Als Unterstützung zur Umsetzung der zahlreichen normativen Vorgaben im Themenbereich Hygiene und für eine optimale Vorbereitung der Einrichtungsbefragung 2022 (für das Erfassungsjahr 2021) kann die mit zwei CME-Punkten zertifizierte Fortbildung zur aktuellsten KRINKO-Empfehlung zur Prävention postoperativer Wundinfektionen beim Robert Koch-Institut verwendet werden.

Neues digitales Format

Die digitale Fortbildung orientiert sich an den Inhalten der KRINKO-Empfehlung zur Prävention postoperativer Wundinfektionen und beinhaltet zu den einzelnen Themenkomplexen eine direkte Zuordnung zur jeweiligen KRINKO-Kategorie. Der Aufbau ist so gestaltet, dass alle operativ tätigen Ärzte – auch die, die nicht an der Einrichtungsbefragung teilnehmen – von dieser Fortbildung profitieren können. Jeder Themenkomplex wird mit einer passenden Lernerfolgskontrolle abgeschlossen, um die komplexen Sachverhalte sinnvoll zu bearbeiten und zu verstehen.

Die Fortbildung umfasst unter anderem einen allgemeinen Überblick zur Epidemiologie und Pathophysiologie von postoperativen Wundinfektionen, die KRINKO-Empfehlung, Vorgaben für das Personal, Empfehlungen zur Aufbereitung von Medizinprodukten und zur Flächendesinfektion sowie postoperative und bauliche Maßnahmen. Sie kann von allen operativ tätigen Ärzten – ob in Krankenhäusern oder Praxen – ohne viel Aufwand durchgeführt werden. Marion Dorbath,

Claudia Lupo, Corinna Friedemann

Serviceangebote

Um die betroffenen Ärztinnen und Ärzte bestmöglich zu informieren und auf die knapp 100 Fragen zum Hygiene- und Infektionsmanagement vorzubereiten, stellen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) auf ihren Internetseiten Informations- und Schulungsangebote zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte der KVen und der KBV bietet die KBV unter anderem eine Ausfüllhilfe mit Erläuterungen, Musterdokumenten und Linktipps zur jährlichen Einrichtungsbefragung an:

http://daebl.de/VD94

Die Themenseite der KBV zur sektorenübergreifenen Qualitätssicherung bietet zudem weitere Informationen wie einen FAQ-Bogen, Praxisinformationen und einen Leitfaden zum Webportal

http://daebl.de/MF62

Darüber hinaus bietet die KBV auf ihrem Fortbildungsportal mehrere Kurse zum Themenbereich Antibiotika und Hygiene an. Sie sind mit drei CME-Punkten zertifiziert; die Teilnahme ist kostenfrei. Zu den Angeboten gehören:

  • „Vermeidung postoperativer Wundinfektionen”; die Fortbildung richtet sich an Niedergelassene der Fachgruppen Chirurgie, Gynäkologie, Orthopädie/Unfallchirurgie und Urologie
  • „Diagnostik und ambulante Eradikationstherapie von Risikopatienten, MRSA-besiedelten und MRSA-infizierten Patienten“; der Kurs dient auch der Zertifizierung für die Abrechnung der Leistungen des Abschnittes 30.12 des Erweiterten Bewertungsmaßstabs
  • „Infektionen der oberen Atemwege“
  • „Infektionen der unteren Atemwege“
  • „Arzt-Patienten-Kommunikation bei der Verordnung von Antibiotika“

http://daebl.de/LE33

aerzteblatt.de

Die neue Online-Fortbildung zur KRINKO-Empfehlung „Prävention postoperativer Wundinfektionen“ steht ab sofort auf der Webseite des Deutschen Ärzteblattes zur Verfügung.

►http://cme.aerzteblatt.de

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