

Zu dem übersichtlichen, informativen und ausführlichen Artikel zu Vergiftungen durch Pilze (1), möchte ich einige Punkte ergänzen. Clitocybe rivulosa ist aufgrund seines Muskaringehalts hochtoxisch, wohingegen der Bleiweiße oder Firnistrichterling Clitocybe phyllophila kein Muskarin enthält und nicht giftig ist (2). In Tabelle 1 (1) ist als Beispiel für muskarinhaltige weiße Trichterlinge Clitocybe rivulosa, der Rinnigbereifte Trichterling, korrekt genannt. Wegen erheblicher Verwechselungsgefahr werden weiße Trichterlinge von Pilzberatern und -sachverständigen nicht zum Verzehr freigegeben.
Auf die Problematik sedierender Maßnahmen beim Panther/Fliegenpilzsyndrom wird in Tabelle 3a (1) hingewiesen. In leichten Fällen reichen eine Überwachung und, den Patienten den „Rausch ausschlafen“ zu lassen, oft aus. Ausschließlich für schwerste, lebensbedrohliche Panther-, Fliegen- und Königsfliegenpilzvergiftungen mit eindeutig anticholinerger Symptomatik steht dem erfahrenen Intensivmediziner seit 2013 der zentral und peripher wirksame Wirkstoff Physostigmin zur Verfügung, der bereits seit 2006 für diese Indikation zugelassen ist. Der Arzt muss im Einzelfall Nutzen und Risiken dieser ultimativen Therapie sorgfältig gegeneinander abwägen (3).
Weiter möchte ich noch einen Hinweis zur raschen Identifikation Amanitin- und Orellanin-haltiger Pilze geben: Der in Klinikdiagnostik ausgebildete Pilzsachverständige kann mit sehr einfachen, qualitativen, sicheren chemischen Untersuchungen abklären, ob ihm vorgelegte Fruchtkörper, Putzreste, Kochreste oder auch Erbrochenes Amanitin oder Orellanin enthalten. Für den Nachweis von Amanitin dient der Zeitungspapiertest nach Wieland (im angloamerikanischen Sprachraum: Meixner-Test), für den nur konzentrierte Salzsäure benötigt wird. Für den Orellanin-Nachweis nach Pöder und Moser ist Eisen-III-Chlorid notwendig. Diese Testverfahren sind seit vielen Jahren in der Pilzberatung bewährt, benötigen nur wenige Minuten und erlauben in der Regel einen raschen Nachweis oder Ausschluss der genannten Toxine.
DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0112
Prof. Dr. med. Siegmar Berndt
Paderborn
drs.berndt@t-online.de
1. | Wennig R, Eyer F, Schaper A, Zilker T, Andresen-Streichert H: Mushroom poisoning. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 701–8 VOLLTEXT |
2. | Kuyper TW: Some taxonomic and nomenclatural changes in the Tricholomataceae, tribus Clitocybe. Pers 1996; 16: 225–32. |
3. | Berndt S: Anticholium WZ als Antidot bei Panther- und Fliegenpilzvergiftung in der „Roten Liste 2013“. Z Mykol 2014; 80: 315–6. |