ArchivDeutsches Ärzteblatt11/2021Rechtsreport: Ermittlungspflichten der Zulassungsgremien

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Rechtsreport: Ermittlungspflichten der Zulassungsgremien

Berner, Barbara

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Bei der Bewertung der Versorgungslage nach § 36 Abs. 3 Nr. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist zu prüfen, welche Leistungserbringer in zumutbarer Entfernung und mit zumutbaren Wartezeiten ansässig sind. Das hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen entschieden. Streitig war die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Rahmen des Sonderbedarfs als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Der Zulassungsausschuss lehnte die Zulassung der Klägerin mit der Begründung ab, dass der Planungsbereich mit einem Versorgungsgrad von 151,7 Prozent für Psychotherapeuten gesperrt sei.

Das LSG hat die Auffassung der Klägerin bestätigt, dass die Bedarfsanalyse der Zulassungsgremien nicht den Vorgaben entsprochen habe, die das Bundessozialgericht für Entscheidungen über Anträge auf Sonderbedarfszulassungen von Psychotherapeuten formuliert habe. Die Zulassungsgremien hätten den ihnen zugewiesenen Beurteilungsspielraum nicht fehlerfrei ausgefüllt und ihre Entscheidung auf nicht ausreichend fundierten Ermittlungen gegründet. Nach gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung müssen sich die Zulassungsgremien bei der Entscheidung über Sonderbedarfszulassungen ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage im betroffenen Planungsbereich machen. Sie müssen ermitteln, welche Leistungen in welchem Umfang zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V im Planungsbereich erforderlich sind, von den dort zugelassenen Ärztinnen und Ärzten beziehungsweise Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten aber nicht angeboten werden. Es seien zwar grundsätzlich Versorgungsangebote bis zu einer Entfernung von 23,5 Kilometer in die Überlegungen einbezogen worden, nicht jedoch die Erreichbarkeit der Versorgungsangebote mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Solch eine Prüfung sei dann vorzunehmen, wenn ein Großteil der zu versorgenden Versicherten – im vorliegenden Fall Kinder und Jugendliche, entsprechend des geltend gemachten Sonderbedarfs Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie – altersbedingt auf die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs angewiesen ist.

Auch die Bedarfsermittlung zu tiefenpsychologisch fundierter Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie habe Defizite aufgewiesen. Bei der Bewertung der Versorgungslage seien auch die regionale Terminservicestelle zu befragen und deren Erkenntnisse über etwaige regionale Versorgungsdefizite auszuwerten. Liefern die durchgeführten Ermittlungen kein eindeutiges Ergebnis, müssten die in der Versorgungsregion niedergelassenen Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin nach ihren Erkenntnissen über die Bedarfslage und insbesondere die Wartezeiten auf Leistungen des für die Zulassung beantragten Sonderbedarfs befragt werden.

 Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. März 2020, Az.: L 11 KA 75/18 RAin Barbara Berner

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