ArchivDeutsches Ärzteblatt17/2021Vertragsarztstatistik 2020: Weiblich, angestellt, in Teilzeit

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Vertragsarztstatistik 2020: Weiblich, angestellt, in Teilzeit

Munz, Hannes; Rass, Simon

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Die Ergebnisse der Vertragsarztstatistik 2020 zeigen, dass sich viele Trends der vergangenen Jahre fortsetzen. Bei einigen Aspekten zeigen sich jedoch auch neue Entwicklungen.

Der Frauenanteil in der Medizin steigt weiter. Begleitet wird dies von der Tendenz zur An stellungen und Teilzeitarbeit. Foto: picture alliance/Westend61
Der Frauenanteil in der Medizin steigt weiter. Begleitet wird dies von der Tendenz zur An stellungen und Teilzeitarbeit. Foto: picture alliance/Westend61

Die vertragsärztliche Tätigkeit in der Zukunft ist weiblich, angestellt und in Teilzeit tätig. Und die Zukunft hat in weiten Teilen schon begonnen. So lässt sich die Statistik der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten interpretieren. Sie wurde nun von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung veröffentlicht.

Insgesamt 180 581 Ärzte und Psychotherapeuten nahmen zum Stichtag 31. Dezember 2020 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Davon waren 150 850 Ärzte und 29 731 Psychologische Psychotherapeuten. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Anzahl der Ärzte und Psychotherapeuten um 2 755 erhöht (+ 1,5 Prozent) (Personenzählung). Diese Zunahme wird vor allem von den Psychologischen Psychotherapeuten verursacht (+ 5,7 Prozent gegenüber einer Zunahme von 0,8 Prozent bei den Ärzten). Betrachtet man die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre, dann ergibt sich bei den Ärzten und Psychotherapeuten ein Anstieg um 24 801 (+ 15,9 Prozent). Mehr als die Hälfte dieser Zunahme geht auch hier wieder allein auf die Gruppe der Psychologischen Psychotherapeuten zurück, deren Anzahl in der vergangenen Dekade jedes Jahr starke Zuwächse verzeichnet hat (+ 12 423; + 71,8 Prozent; Ärzte + 12 378; + 8,9 Prozent).

Reformierte Bedarfsplanung

Die Zunahme in der Kopfzählung wird dabei jedoch von einem starken Trend zur Teilzeittätigkeit begleitet. Gleichzeitig sind viele Planungsbereiche durch die Bedarfsplanung für zusätzliche Niederlassungen gesperrt. Unter Berücksichtigung des Teilnahmeumfangs (voll, hälftig et cetera) ergibt sich damit für Ärzte und Psychotherapeuten für das Jahr 2020 lediglich ein Plus von 1 087 (0,8 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. Der Zuwachs ist dabei in der Bedarfsplanungszählung vor allem auf die Psychotherapeuten (+ 484; + 2,0 Prozent), Kinderärzte (+ 264; + 4,5 Prozent) und Nervenärzte (+ 222; + 4,6 Prozent) zurückzuführen. Bei diesen drei Arztgruppen wurden im Zuge der Reform der Bedarfsplanung im Jahr 2019 neue Niederlassungsmöglichkeiten geschaffen. Nur bei den Hausärzten (– 62, – 0,1 Prozent), Hautärzten (– 25; – 0,8 Prozent) und Anästhesisten (– 15; – 0,5 Prozent) waren im vergangenen Jahr nennenswerte Rückgänge zu verzeichnen. Bei der Betrachtung der vergangenen zehn Jahre hat es in der Zählung nach Bedarfsplanungsgewichten fast ausschließlich bei den Psychologischen Psychotherapeuten ein größeres Wachstum gegeben (+ 4 090, + 25,5 Prozent; Ärzte hingegen nur + 1 396; + 1,2 Prozent).

Trends in der vertragsärztlichen Versorgung
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Trends in der vertragsärztlichen Versorgung

Die vermehrte Teilzeittätigkeit ist einer der Großtrends der vergangenen Jahre, der sich auch im Jahr 2020 unvermindert fortgesetzt hat. Die im Jahr 2007 durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz erfolgte Ausweitung der Möglichkeiten zur Tätigkeit in Teilzeit wird in erheblichem Umfang genutzt: Die Anzahl der in Teilzeit tätigen Ärzte und Psychotherapeuten ist im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr von 44 370 auf 48 728 gestiegen (+ 4 358; + 9,8 Prozent). Seit dem Jahr 2010 hat sich dieser Wert von damals noch 8 445 mehr als verfünffacht. Damit ist heute bereits mehr als jeder vierte Arzt oder Psychotherapeut in Teilzeit tätig.

Mehr Anstellungen

Hand in Hand mit der Tendenz zu mehr Teilzeit geht die Entwicklung bei den angestellten Ärzten und Psychotherapeuten (sowohl in Einrichtungen als auch in freier Praxis). Deren Anzahl hat sich im Jahr 2020 ähnlich stark wie in den Vorjahren erhöht, und zwar von 39 477 auf 42 631 (+ 8,0 Prozent). Die Anstellungen in Medizinischen Versorgungszentren steigen dabei noch etwas stärker (+ 1 952; + 9,8 Prozent) als die Anstellungen in freien Praxen (+ 1 202; + 6,2 Prozent). Insgesamt gibt es 21 885 Anstellungen in Einrichtungen und 20 746 in Praxen. Das Wachstum in den vergangenen zehn Jahren (+ 26 141, + 184 Prozent) bedeutet fast eine Verdreifachung der Anstellungsverhältnisse.

Auch der Frauenanteil wuchs im Jahr 2020 wie in den Vorjahren weiter, von 48,0 Prozent auf 48,9 Prozent der Ärzte und Psychotherapeuten. Er variiert dabei stark zwischen den Fachrichtungen und ist unter den Psychologischen Psychotherapeuten am höchsten: 75,8 Prozent aller Psychologischen Psychotherapeuten sind weiblich, gegenüber 43,6 Prozent der Ärzte. Ärztliche Fachgruppen mit einem Frauenanteil von über 50 Prozent sind die Gynäkologie (69,6 Prozent), die Ärztliche Psychotherapie (66,0 Prozent), die Kinder- und Jugendpsychiatrie (64,8 Prozent), die Kinder- und Jugendmedizin (56,6 Prozent) und die Dermatologie (55,2 Prozent). Knapp unter der 50-Prozent-Marke liegen die Augenärzte (49,0 Prozent) und die Hausärzte (47,9 Prozent). Fachgruppen mit einem auffallend geringen Frauenanteil sind die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (11,9 Prozent), die Chirurgie und Orthopädie (14,6 Prozent) sowie die Urologie (14,7 Prozent). Der Anteil der Ärztinnen und Psychotherapeutinnen ist in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich von 40,0 Prozent auf 48,9 Prozent angestiegen. Dabei ist der Frauenanteil in jüngeren Altersgruppen erheblich höher: Betrachtet man nur die unter 50-Jährigen, dann liegt er bereits bei 59,2 Prozent.

Das Durchschnittsalter der Ärzte und Psychotherapeuten ist im Vergleich zum letzten Jahr erstmals seit vielen Jahren minimal gesunken: Von 54,25 auf 54,23 Jahre. Im Jahr 2000 hatte es noch bei 49,5 Jahren gelegen und in der Folge stetig zugenommen. Durch die Aufhebung der Altersgrenze von 68 Jahren im Jahr 2008 hatte sich die Alterung der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft dann noch einmal beschleunigt und ist danach langsam zum Stillstand gekommen.

Die Statistik ist in ausführlicher Form auf der Webseite der KBV (http://daebl.de/DH34) und grafisch aufbereitet inklusive Zeitreihen in den Gesundheitsdaten der KBV zu finden. Hannes Munz, Simon Rass, KBV

Grundlage der Vertragsarztstatistiken

Alle Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, sind im Bundesarztregister verzeichnet. Vermerkt sind Name und Anschrift, ob die oder der Betreffende in einer Einzelpraxis oder einer Gemeinschaftspraxis arbeitet, ihre beziehungsweise seine Fachgebiete, Schwerpunkte und Zusatz-Weiterbildungsmaßnahmen. Aus den gesammelten Daten werden die Vertragsarztstatistiken der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erstellt. Sie sind Grundlage für steuerungsrelevante Informationen wie die regionale Verteilung der Arztpraxen, die Altersstruktur der Ärzte oder der Verfügbarkeit von Ärzten mit bestimmten Zusatz-Weiterbildungen, beispielsweise als Voraussetzung für die Einführung neuer Leistungen. Das Register ist somit Grundlage für die Bedarfsplanung, für Statistiken verschiedener Institutionen wie der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, für Forschungsanliegen sowie für die bundesweite Arztsuche.

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