MEDIZINREPORT
COVID-19-Impfstoffe: Auf korrekte Anwendung achten


Die Einbindung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte soll das COVID-19-Impfprogramm voranbringen. Bei der Herstellung applikationsfertiger Zubereitungen des relativ instabilen mRNA-Impfstoffs Comirnaty und dessen korrekter intramuskulärer Injektion gilt es allerdings einiges zu beachten.
Durch die Belieferung der Hausarztpraxen hat das COVID-19-Impfprogramm in Deutschland erheblich an Fahrt aufgenommen. Unter den 3 verfügbaren Vakzinen ist der mRNA-Impfstoff Comirnaty® der Hersteller BioNTech und Pfizer derzeit mit dem geringsten Dilemma in den Impfkampagnen verbunden. Im Gegensatz zur Moderna-Vakzine ist er für den niedergelassenen Bereich verfügbar und anders als Vaxzevria® von AstraZeneca ist er bisher nicht mit dem Auftreten von thrombotischen Ereignissen in Kombination mit Thrombozytopenien in Verbindung gebracht worden (1).
Unter pharmazeutischen Gesichtspunkten ist allerdings zu beachten, dass mRNA-basierte Vakzine eine höhere physikalisch-chemische Instabilität aufweisen als vektorbasierte Impfstoffe (2). Wie aus der Tabelle ersichtlich müssen sie im tiefgefrorenen (–60 °C bis –80 °C) beziehungsweise gefrorenen Zustand (–15 °C bis –25 °C) gelagert werden, bis sie an Krankenhausapotheken oder Großhändler ausgeliefert werden dürfen. Werden die Fertigarzneimittel aufgetaut, sind kürzere Haltbarkeiten zu berücksichtigen (Tabelle).
Transport und Lagerung
Wird von einer hausärztlichen Praxis oder einem Impfzentrum eine Bestellung von Impfdosen ausgelöst, ist zunächst zu klären, wie viele Comirnaty-Vials aufzutauen sind, um den entsprechenden Bedarf abzudecken. Dabei ist zu beachten, dass im Kühlschrank bei 2–8 °C aufgetaute Vials (Dauer: circa 2–3 Stunden) innerhalb von 5 Tagen zu verwenden sind. Wird diese Frist überschritten, ist die physikalisch-chemische Stabilität des mRNA-Impfstoffkonzentrats nicht mehr ausreichend sichergestellt. Wird das Impfstoffkonzentrat (0,45 ml) vor Gebrauch mit NaCl 0,9 % (1,8 ml) verdünnt, reduziert sich seine Stabilität im Vial auf 6 Stunden, unabhängig davon, ob es bei 2–8 °C oder bei Raumtemperatur (beziehungsweise bis 30 °C) gelagert wird.
Es muss deshalb zunächst unbedingtes Ziel eines Impfprogramms sein, immer nur so viele Vials im Laufe eines Tages anzustechen und weiter zu verdünnen, wie es die Anzahl an angemeldeten Impflingen erfordert. Wurden im Vorfeld versehentlich zu wenige Vials aufgetaut, so besteht die Möglichkeit, bei Bedarf ein tiefgefrorenes Vial auch bei Raumtemperatur aufzutauen (Dauer: circa 10–30 Minuten). Generell wird für aufgetaute Comirnaty-Impfstoffkonzentrate, die man bei Raumtemperatur stehen lässt, eine Haltbarkeit von maximal 2 Stunden (Gesamtdauer) angegeben. Wird ein nicht angestochenes Vial in dieser Phase (zum Beispiel nach nur 30 Minuten) wieder in den Kühlschrank zurückgestellt, so ist das Datum und die Lagerungsdauer bei Raumtemperatur auf dem Vial zu vermerken (3).
Für erhebliche Verunsicherung sorgte insbesondere bei den mobilen Impfzentren (MIZ) der zunächst angegebene Warnhinweis der MHRA, der britischen Zulassungsbehörde für Arzneimittel, dass der aufgetaute Impfstoff Comirnaty weder als applikationsfertige Spritze noch als Vial in applikationsfertiger Verdünnung (2,25 ml) auf der Straße transportiert werden dürfe, da damit verbundene Erschütterungen die Stabilität des Impfstoffs gefährden könnten.
Dabei stand im Raum, dass die mRNA-Moleküle durch die Erschütterungen verstärkt aus ihrer Lipidumhüllung diffundieren könnten, was die Wirksamkeit des Impfstoffs infrage stellen würde. Dieser Warnhinweis konnte durch neuere Stabilitätsuntersuchungen allerdings wieder zurückgenommen werden, sodass sowohl im Kühlschrank aufgetaute Vials als auch deren weiter verdünnte Formulierungen im Vial – nicht aber applikationsfertige Spritzen (0,3 ml) – bei 2–8 °C für bis zu 12 Stunden transportiert werden dürfen.
Herstellung der Zubereitungen
Wenn im Vorfeld die Impftermine konsequent gebündelt und entsprechende Zeitkorridore festgelegt wurden, empfiehlt es sich, den ungefähren Bedarf an aufgetauten Comirnaty-Vials für einen 60-Minuten-Korridor aus dem Kühlschrank zu entnehmen (zum Beispiel 2 Vials für 12 Impflinge) und in einem entsprechend hygienisch ausgerichteten Arbeitsplatz für die weitere Aufbereitung bereitzustellen.
Zunächst muss durch ein vorsichtiges Schwenken (circa 10-mal; nicht stark schütteln!) die gleichmäßige Dispersion der Nanopartikel im aufgetauten Konzentrat (Volumen: 0,45 ml) sichergestellt werden. Anschließend erfolgt eine kurze visuelle Prüfung der leicht opaken Emulsion, ob in dem Konzentrat unlösliche Partikel oder auffällige Verfärbungen zu beobachten sind.
Anschließend werden 1,8 ml NaCl 0,9 % (kein Aqua ad inj.) in einer 2-ml- oder 3-ml-Spritze aufgezogen und mittels aufgesetzter Nadel (Gauche-Größe ≥ 21 G) dem Konzentrat vorsichtig zugesetzt, sodass rechnerisch ein Endvolumen von 2,25 ml erreicht wird (Grafik 1). Zum Druckausgleich wird der Spritzenkolben wieder etwas zurückgezogen, dann die Spritze mit der Nadel komplett entfernt und entsorgt. Anschließend wird die hergestellte Verdünnung wieder vorsichtig geschwenkt und kurz visuell geprüft. Wurde eine Nadel mit einem größeren Durchmesser (zum Beispiel 18 G) verwendet, ist ein Austreten des Inhalts beim Schwenken des Vials nicht auszuschließen (3).
Geringes Totvolumen wichtig
Viele Impfzentren sind dazu übergegangen, im nächsten Schritt eine 1-ml-Luer-Spritze mit möglichst geringem Totvolumen im Konusbereich zu verwenden. Die Polypropylen- oder Polycarbonat-Luer-Spritzen sollten möglichst silikonfrei sein. Zur Entnahme der ersten Impfdosis wird eine neue Nadel mit zum Beispiel 20 G aufgesetzt. Damit wird das Septum des Vials erneut durchstochen, um 0,30 ml der anwendungsfertigen Verdünnung aufzuziehen (Grafik 2). Nun bietet es sich an, die Kanüle im Septum des Vials zu belassen, die Spritze vorsichtig abzudrehen und eine neue, für die i.m.-Injektion geeignete Nadel aufzusetzen.
Standardmäßig wird häufig eine (23-)25-G-Nadel mit 25 (30) mm Länge (Pravaz: 14 oder 16 für i.m.- Kleinmengen) verwendet. Alternativ können je nach Umfang des Oberarms längere Kanülen (40 mm) erforderlich sein. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Sicherheits-Einmalkanülen (zum Beispiel 23 G x 1) mit einem zurückklappbaren Schutzschild zu verwenden, um das Personal vor Nadelstichverletzungen zu schützen.
Nachdem die erste Spritze mit 0,30 ml in dieser Weise zubereitet wurde, werden die weiteren in einer Art „Kolonnen-Herstellung“ hintereinander aufgezogen. Diese in gleicher Weise hergestellten 0,30-ml-Spritzen werden auf einem Tablett mit der notwendigen Menge an Etiketten, zum Beispiel für den Impfpass, versehen, auf denen der Fertigarzneimittelname (Comirnaty) und dessen Chargenbezeichnung (CH.B.) aufgedruckt sind.
Das geschilderte Vorgehen ist mit dem Vorteil verbunden, dass das Septum nicht zu häufig angestochen werden muss, das Ausstanzen von Septumteilen reduziert wird und gleichzeitig die Verwendung einer immer neuen Nadel mit unterschiedlichem Gauche-Typ zur i.m.-Injektion sichergestellt ist.
Der beschriebene Arbeitsablauf setzt selbstredend ein mit aseptischem Arbeiten vertrautes medizinisches Fachpersonal voraus. Bei entsprechend geeigneten 1-ml-Spritzen (mit geringem Totvolumen) sind aus einem verdünnten Comirnaty-Vial relativ problemlos 6 Impfdosen zu je 0,30 ml zu entnehmen. Bei exaktem Arbeiten und entsprechend geeigneten 1-ml-Spritzen ist auch die Entnahme einer 7. Dosis aus demselben Vial keine Seltenheit. In einer E-Mail-Korrespondenz der US-Arzneimittelbehörde FDA wurde diese Option angesichts äußerst knapper Ressourcen und den besonderen Vorzeichen einer solchen Pandemie nicht ausgeschlossen (6). Erst kürzlich erlaubte Rheinland-Pfalz impfenden Ärzten die Verabreichung und Abrechnung einer 7. Comirnaty-Dosis (7). Hingegen ist ein Zusammenführen überschüssiger Impfstoffe aus verschiedenen Vials bei allen Herstellern untersagt.
Hygienische Arbeitszonen
Üblicherweise kann die Zubereitung der Comirnaty-haltigen Impfdosen zur i.m.-Injektion in Impfzentren oder in einer Hausarztpraxis nicht unter GMP-konformen, qualitätskontrollierten Reinraumbedingungen erfolgen, sodass hygienisch abgetrennte Arbeitszonen, die ausreichend aseptische Rahmenbedingungen gewährleisten, die Regel sind.
Auch wenn selbstredend Not- und Krisensituationen immer auch Abweichungen von formalen Vorgaben im Rahmen einer Risikoabwägung erforderlich werden lassen, sollte nicht allzu leichtfertig beziehungsweise unkritisch über den Hinweis in den Fachinformationen hinweggesehen werden, die eine unmittelbare Anwendung der zubereiteten i.m.-Injektabilia betonen (Tabelle). In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass alle derzeit handelsüblichen COVID-19-Vakzine zwar zur Verwendung als Mehrdosisbehältnisse ausgewiesen sind, jedoch keine Konservierungsmittel enthalten, wie es zum Beispiel bei insulinhaltigen Präparaten der Fall ist. Nicht erlaubt ist die Verwendung von konserviertem NaCl 0,9 % pro inj. als Verdünnungsmittel, eine Formulierung, die in den USA handelsüblich ist und zur Verdünnung sonstiger definierter Parenteralia eingesetzt werden kann.
Die unmittelbare Anwendung oder „Ein-Stunden-Regel“ gemäß der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) besagt, dass ein Zeitkorridor von 60 Minuten zwischen dem Anstechen des Vials und der i.m.-Anwendung der hergestellten Zubereitung im Sinne der Infektionsprävention im Regelbetrieb nicht überschritten werden sollte (8). Die Angabe zur Haltbarkeit des verdünnten Vials von 6 Stunden (Tabelle) ist deshalb als eine physikalisch-chemisch basierte Stabilitätsangabe – im Sinne einer zu vermeidenden RNA-Degradation – sowohl für die Verdünnungen im Vial (2,25 ml) als auch in den 1-ml-Spritzen (0,30 ml) mit den vorgegebenen Produkteigenschaften zu verstehen. Nach Ablauf der 6 Stunden hat der Hersteller in mikrobiologischen Provokationstests zudem ein größeres Potenzial zum Keimwachstum beobachten können (3).
Kooperation mit Apotheke
Sind deshalb im Rahmen eines Impfprogramms unmittelbare Anwendungen grundsätzlich nicht einzuhalten, so empfiehlt sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit einer nahe gelegenen Apotheke, die entsprechend GMP-konforme Reinraumbedingungen vorhält (9). In diesem Zusammenhang kann nicht nur die 6-Stunden-Stabilität der applikationsfertigen 0,30-ml-Spritzen mit dem Impfstoff Comirnaty, sondern auch die Stabilität der verdünnten Lösung im Vial (nicht in der Spritze) bei 2–32 °C von bis zu 24 Stunden ausgeschöpft werden (3).
Prof. Dr. rer. nat. Hans-Peter Lipp
Chefapotheker, Apotheke des Universitätsklinikums Tübingen
Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit1721
oder über QR-Code.
Schulterverletzungen vermeiden
Seit dem Start der Impfungen gegen COVID-19 wird in Impfzentren und Hausarztpraxen sehr viel geimpft. In den nächsten Monaten werden Millionen von weiteren Impfungen folgen. Das soll Anlass sein, auf eine nicht allgemein bekannte Komplikation von intramuskulären Injektionen und die richtige Impftechnik aufmerksam zu machen. Alle Coronaimpfstoffe müssen streng intramuskulär geimpft werden. Geeignete Impfstellen sind bevorzugt der M. deltoideus und gelegentlich, wenn dieser Muskel nicht ausreichend ausgebildet ist, der M. vastus lateralis am anterolateralen Oberschenkel (10).
Bei der Injektion in den M. deltoideus kann es durch eine fehlerhafte Injektionstechnik zu Verletzungen im Bereich des Schultergelenkes kommen. In der Fachliteratur dafür benutzte Begriffe sind Schulterverletzung nach Impfung (SIRVA, „shoulder injury related to vaccine administration“) oder auch Oberarmverletzung nach Impfung (UAIRVA, „upper arm injury related to vaccine administration“). In einer Übersicht stellte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) 59 Verdachtsfälle von SIRVA aus den letzten Jahren vor (11). Am häufigsten waren Verletzungen der Bursa subdeltoidea/subacromialis, des vorderen Astes des Nervus axillaris und des Nervus radialis. Sehr selten wurden auch Fälle einer Osteonekrose des Humeruskopfes nach der Impfung berichtet.
Die Komplikationen treten nach versehentlicher, zur hoher Injektion des Impfstoffes in die Bursa subacromialis oder die Synovia des Schultergelenkes auf. Die meisten Betroffenen entwickeln innerhalb weniger Stunden bis Tage nach der Impfung teilweise lang anhaltende Schmerzen mit eingeschränkter Beweglichkeit im Schultergelenk. Diese Komplikationen sind zwar selten, aber wegen der lang anhaltenden Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung relevante Nebenwirkungen nach Impfung. Diese sollte unbedingt an das PEI gemeldet werden (12).
Impftechnik zur Verhinderung von SIRVA
Es gibt verschiedene Empfehlungen zur richtigen Injektion in den M. deltoideus, die in der internationalen Literatur vorgestellt und diskutiert wurden (13, 14, 15). Generell soll eine Injektionsstelle gewählt werden, die sicher intramuskulär ist und die Gefahr für angrenzende anatomische Strukturen minimiert.
Hier soll die 2016 von einer Autorengruppe um Gail B. Cross empfohlene Injektionstechnik vorgestellt werden (16): Danach ist die sicherste Stelle für eine Injektion die Mitte zwischen Acromion und Tuberositas deltoidea, hier ist das Risiko am geringsten, eine empfindliche Struktur zu treffen (Abbildung). Der Arm soll abduziert sein, die Hand in der Hüfte abgestützt werden, die Finger nach vorne und der Daumen nach hinten zeigen. In dieser Position ist der Arm sehr stabil und kann nicht kurz vor der Injektion noch weggezogen werden. Der M. deltoideus ist entspannt, man kann sehr gut – auch bei adipösen Personen – das Acromion und den Ansatzpunkt des M. deltoideus an der Tuberositas deltoidea fühlen. Die Injektion erfolgt streng intramuskulär in der Mitte zwischen diesen beiden Punkten. Eine Injektion subkutan oder in das Fettgewebe ist zu vermeiden, da so ein Impferfolg infrage gestellt ist. Verwendet wird in der Regel eine 25 mm lange Nadel, nur in Ausnahmefällen länger. Eine Aspiration ist nicht erforderlich.
Dr. med. Herbert Grundhewer
Kinder- und Jugendarzt, Leitender Arzt im Corona-Impfzentrum Messe, Berlin
Aktualisierung und Reaktion auf Leserbriefe
Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty
Der mRNA-Impfstoff Comirnaty von BioNTech stellt im Vergleich zu den anderen COVID-19-Impfstoffen erhöhte Herausforderungen an Lagerung, Transport und Aufbereitung. Eine Erleichterung für die Anwendung bedeutet die kürzlich erfolgte Genehmigung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), dass aufgetaute Impfstoffkonzentrat 31 Tage lang bei 2–8°C zu lagern, so dass das bisherige enge Fenster von 5 Tagen aufgehoben wurde. Nach Verdünnung mit NaCl 0,9% bleiben allerdings die engen Grenzen von 6 Stunden bei 2-30°C bestehen.
Ein Artikel zur korrekten Handhabung des Vakzins von BioNTech im Deutschen Ärzteblatt (DÄ 17/2021) stieß auf große Resonanz unter den Leserinnen und Lesern. Mehrere Ärztinnen und Ärzte baten um eine Überprüfung des Sachverhalts, ob ein Transport von applikationsfertigen Spritzen, die die verdünnte Lösung des Impfstoffs enthalten, grundsätzlich möglich ist oder nicht. Diese Fragestellung ist insbesondere im Rahmen von Hausarztbesuchen relevant.
Verschiedene nationale Vorgaben (z. B. Kanada vs. Australien) sind uneinheitlich. Die Fachinformation von Comirnaty gibt hierzu bisher keine klare Auskunft. Laut dem Hersteller wurden aber inzwischen Simulationsstudien zur Nachbildung einer möglichen Lieferkette durchgeführt. So wurden unter anderem Impfstoffproben Vibrationen mit Schwingungsprofilen eines Stahlfeder-LKW der International Safe Transit Association (ISTA) ausgesetzt, um Intensität und Dauer des Transports nachzubilden. Nach der Simulation wurden die Proben auf Aussehen, unsichtbare Partikel, Partikelgröße, Größe der Lipid-Nanopartikel, RNA-Verkapselung, RNA-Gehalt, In-vitro-Expression und RNA-Integrität analysiert.
Die Qualität der Produktproben wurde sowohl im Originalbehälter als auch in den Dosierspritzen analysiert. Alle verdünnten Kontrollen und Testproben, die in Fläschchen und Dosierspritzen bei 2–8 °C und Umgebungstemperatur aufbewahrt wurden, erfüllten die definierten Akzeptanzkriterien. Es wurde in der simulierten Versandstudie kein Einfluss des Transports unter den genannten Bedingungen auf die Qualität des Arzneimittels festgestellt. Nach Verdünnung mit NaCl 0,9 % ist der Impfstoff 6 Stunden bei 2–30 °C physikalisch-chemisch haltbar. Bei Bedarf kann er als fertige Impfdosis in der Spritze bei 2–8°C z. B. zu Hausbesuchen transportiert werden. Die Spritzen sollten jedoch nicht direkt mit Kühlmaterial (z. B. Gelpacks) in Berührung kommen.
Inwieweit auch bei der COVID-19 Vakzine Moderna® entsprechende Simulationsstudien durchgeführt wurden, ist noch offen. Derzeit wird in den entsprechenden Unterlagen darauf hingewiesen, dass die Dosis in der Spritze sofort verwendet werden muss.
Im Rahmen des aseptischen Umgangs mit Comirnaty (und den anderen unkonservierten Vakzinen in Mehrdosisbehältnissen) ist eine besondere Sorgfaltspflicht einzuhalten, um die mikrobiologische Sicherheit der Impfdosen über die Zeit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang verweist die Firma BioNTech darauf , dass bei nicht sofortiger Verwendung die Aufbewahrungszeiten und -bedingungen für den Gebrauch in der Verantwortung des Benutzers liegen.
Eine weitere Leserfrage beschäftigte sich mit der Bedeutung des Totraumvolumens für die abgegebene Dosis des Impfstoffs: Wenn bei der Verwendung einer 1-ml Luerspritze mit Kanüle weniger als 0,30 ml der Impfdosis von Comirnaty im Muskel ankommen, ist dann nicht mehr als 0,30 ml aufzuziehen?
Es steht außer Zweifel, dass man im Rahmen einer Marktsichtung auf ein relativ breites Spektrum an 1-ml-Luerspritzen mit unterschiedlichem Totvolumen stoßen wird. Folglich kann man – je nach Spritze und Kanüle – selbst bei der Entnahme der 6. Dosis aus dem verdünnten Comirnaty-Konzentrat auf Probleme stoßen. Eigene Erfahrungen des Autors mit z. B. der Chirana 1 ml Tuberkulinspritze® ließen diese Probleme wiederum nicht erkennen. Die Firma BioNTech empfiehlt die Verwendung von 1-ml-Spritzen mit geeigneter Kanüle und nicht mehr als 35 µl Totvolumen und verweist dabei auf Übersichten auf ihrer Homepage.
In einem Leserbrief wurde hierzu angemerkt, dass in den Studien zur Dosis-Wirkungs-Beziehung mit BNT162b2 (Sahin et al., Nature 2020) die induzierten Virusneutralisationstiter nur wenig Unterschiede zwischen der Applikation von 20 µg und 30 µg erkennen ließen, so dass bezweifelt werden darf, ob eine Abweichung von ±10 % bei der gewählten Dosis von 35 µg pro 0,3 ml Impfdosis einen nachhaltigen Einfluss auf den zu erwartenden Impferfolg hat, zumal auch mit deutlichen interindividuellen Schwankungsbreiten im Ansprechen zu rechnen ist.
Zur Entnahme der einzelnen Impfdosen kann entweder jede Impfdosis mit einer neuen Kanüle aus dem Vial entnommen werden oder alternativ die Kanüle für die Entnahme auf dem Vial belassen werden. Verbleibt sie im Vial, werden die einzelnen Impfdosen entnommen und für die Verimpfung jeweils eine neue Kanüle aufgesetzt. Hierbei ist jedoch wichtig, bei der Spritzen-Kanülen-Kombination auf ein geringes Totvolumen zu achten.
Prof. Dr. rer. nat. Hans-Peter Lipp
Chefapotheker, Apotheke des Universitätsklinikums Tübingen
1. | Stahl V. HIT mimicry durch AZD1222 – Ursachenforschung zu Sinus-/Venenthrombosen nach Impfung mit einem AstraZeneca-Vakzine. Deutsche Apotheker Zeitung 2021; 161: 1064–8 |
2. | Chung JY, Thone MN, Kwon YJ. COVID-19 vaccines: The status and perspectives in delivery points of view. Advanced Drug Delivery Reviews 2021;170:1–2 CrossRef MEDLINE PubMed Central |
3. | Pfizer-BioNTech Covid-19 Vaccine – Storage and Handling of Diluted Vials Outside of the Recommendations in the EUA Prescribing Information. Data on File (Pfizer Inc.) |
4. | Corona-Impfzentren Berlin: Anleitung zur Aufbereitung des Pfizer-BioNTech COVID-19-Impfstoffs; Corona-Impfzentren Berlin: Anleitung zur Aufbereitung des Pfizer-BioNTech COVID-19-Impfstoffs |
5. | Uniklinikum Tübingen: Lehrvideo „Biontech-Impfstoff Vorbereitung“; https://www.youtube.com/watch?v=nuwkPPmB630 |
6. | Reuters: FDA says extra doses from vials of Pfizer‘s COVID-19 vaccine can be used; https://www.reuters.com/article/us-health-coronavirus-usa-pfizer/fda-says-extra-doses-from-vials-of-pfizers-covid-19-vaccine-can-be-used-idINKBN28R05N |
7. | KV-RLP: MSAGD gestattet siebte Dosis für die Entnahme von Biontech-Impfstoff; https://www.kv-rlp.de/nachrichten/nachrichtentext/msagd-gestattet-siebte-dosis-fuer-die-entnahme-von-biontech-impfstoff/ |
8. | Bericht der Arbeitsgruppe KRINKO-BfArM-RKI zu spezifischen Fragen bezüglich Rekonstitution, Zubereitung und Applikation von Arzneimitteln und Infusionslösungen sowie zur Hautantiseptik. Epid Bull 2016; 20: 173–8 |
9. | Heckmann C. Nach Verdünnung sechs Stunden haltbar? Rechtliche und pharmazeutische Aspekte rund um die Impfstoffaufbereitung. Deutsche Apotheker Zeitung 2021; 161: 1330–2 |
10. | Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut – 2020/2021. 2020; https://edoc.rki.de/handle/176904/6938 |
11. | Streit R, Rocha F, Mentzer D, Keller-Stanislawski B. Schulterverletzung nach Impfung (SIRVA). Bulletin zur Arzneimittelsicherheit Informationen aus BfArM und PEI. 2016;(3):10–4. |
12. | Meldeformulare für Verdachtsfall einer Nebenwirkung; https://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit/pharmakovigilanz/meldeformulare-online-meldung/meldeformulare-online-meldung-node.html |
13. | Cook IF. An evidence based protocol for the prevention of upper arm injury related to vaccine administration (UAIRVA). Human Vaccines. August 2011;7 (8):845–8 CrossRef MEDLINE |
14. | Cook IF. Best vaccination practice and medically attended injection site events following deltoid intramuscular injection. Human Vaccines & Immunotherapeutics 2015; 11 (5): 1184–91 CrossRef MEDLINE PubMed Central |
15. | Nakajima Y, Mukai K, Takaoka K, Hirose T, Morishita K, Yamamoto T, u. a. Establishing a new appropriate intramuscular injection site in the deltoid muscle. Human Vaccines & Immunotherapeutics. 2. September 2017;13(9):2123–9 CrossRef MEDLINE PubMed Central |
16. | Cross GB, Moghaddas J, Buttery J, Ayoub S, Korman TM. Don’t aim too high: Avoiding shoulder injury related to vaccine administration. The Royel Australian College of General Practitioners 2016;45 (5): 303–6. |
Kochen, Michael M.