THEMEN DER ZEIT
Stationäre Versorgung: Empfehlungen für ein künftiges Pandemiemanagement
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Das Netzwerk Universitätsmedizin hat Empfehlungen für ein Qualitäts- und Risikomanagement für zukünftige Pandemien vorgelegt. Die Vorschläge werfen ein Schlaglicht auf die aktuellen Schwachstellen vieler Krankenhäuser: von der Digitalisierung bis zu baulichen Mängeln.
Das von der Charité koordinierte Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) hat es sich zum Ziel gesetzt, Strategien der deutschen Universitätskliniken zur Behandlung von COVID-19 zusammenzuführen, um in den Kliniken Strukturen für eine optimale Versorgung der COVID-19-Patienten zu schaffen. Um langfristig eine adäquate Ressourcensteuerung innerhalb einer Region zur Vermeidung ineffizienter Belegung von Intensiv- und Versorgungskapazitäten im stationären Bereich sowie eine konsentierte Patientensteuerung entlang eines Patientenpfades auch für nichthospitalisierungspflichtige Patienten zu erreichen, wird derzeit das NUM-Teilprojekt „Entwicklung, Testung und Implementierung von regional adaptiven Versorgungsstrukturen und -prozessen für ein evidenzgeleitetes Pandemiemanagement koordiniert durch die Universitätsmedizin“ (egePan Unimed; Leitung: Prof. Dr. med. Jochen Schmitt, Dresden, Dr. med. Michael von Wagner, Frankfurt) vom Bundesforschungsministerium gefördert (Förderkennzeichen: 01KX2021) (1).
Im Rahmen von egePan koordiniert das Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie der Universität Marburg das Teilprojekt „Qualitäts- und Risikomanagement im Rahmen von Pandemien“ (QuaRiPan), das derzeit ein Konzept für ein Qualitäts- und medizinisches Risikomanagement (QmRm) im Rahmen von Pandemien entwickelt, das künftig von allen Krankenhäusern in Deutschland genutzt werden kann. Ausgangspunkt für QuaRiPan ist die Feststellung, dass ein QmRm eine notwendige Ressource zur Aufrechterhaltung der Qualität und Sicherheit der Versorgung von Patienten und Mitarbeitern während einer Pandemie darstellt. Um Empfehlungen für die Mindestbestandteile eines QmRm im Pandemiefall zu definieren, wurde zunächst eine selektive Literaturrecherche durchgeführt, die zu einer Extraktion von 28 Empfehlungen führte (2, 3, 4, 5, 6).
Der Recherche folgte eine Online-Umfrage unter Mitgliedern des Qualitätsausschusses des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) sowie unter Pandemieteams, Krankenhausleitungen sowie ärztlichen und pflegerischen Mitarbeitern der Unikliniken. An der Umfrage beteiligten sich 114 Mitarbeiter aus 24 universitären Standorten. Dabei zeigte sich, dass sich die Einschätzungen aus den verschiedenen Standorten über Berufsgruppen und Funktionen hinweg nur marginal unterschieden. Auf einer Skala von 1 bis 9 wurden alle Kriterien in Bezug auf Relevanz und Umsetzbarkeit beurteilt (siehe Tabelle). Alle in der Tabelle aufgeführten Empfehlungen mit einem Median von ≥ 7 gelten als relevant, alle Empfehlungen mit einem Median von ≥ 4 als umsetzbar (7).
Insgesamt umfasst die Liste offensichtlich relevante Empfehlungen, deren einzelne Bestandteile bei systematischem Nachdenken sicherlich viele Akteure so oder sehr ähnlich entwickelt hätten. Daher erscheint der Neuigkeitswert zunächst gering. Der Mehrwert besteht jedoch in der Zusammenstellung hoch konsensfähiger Empfehlungen, deren Notwendigkeit den meisten Akteuren direkt klar ist und deren fehlende Umsetzung einen hohen Aufforderungscharakter besitzt. Zudem weisen die Empfehlungen, denen die geringste Umsetzbarkeit beschieden wird, auf bekannte Schwachstellen vieler Krankenhäuser hin und sollten als Ausgangspunkte für Qualitätsverbesserungsmaßnahmen genutzt werden. So wird eine strategische Personalplanung durch die allgegenwärtigen Personalengpässe erschwert. Die oft mangelhafte Digitalisierung verhindert zudem die Einführung alternativer Kommunikationsmöglichkeiten und alte bauliche Substanzen verunmöglichen oft eine strukturelle Trennung von COVID- und Non-COVID-Bereichen. Im Rahmen von QuaRiPan werden derzeit Best-Practice-Beispiele zur Umsetzung der Empfehlungen in den beteiligten Universitätskliniken gesammelt, die anschließend breit zugänglich gemacht werden, damit sich alle Krankenhäuser an erfolgreichen Umsetzungen der Empfehlungen orientieren können.
Anschrift der Verfasser
Prof. Dr. med. Max Geraedts, M. San.
Philipps-Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie; Karl-von-Frisch-Straße 4, 35043 Marburg
geraedts@uni-marburg.de
Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit1921
oder über QR-Code.
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Zentralbereich Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement:
Universitätsklinikum Essen, Zentralbereich Qualitätsmanagement und klinisches Risikomanagement:
Universitätsklinikum Frankfurt, Stabsstelle Patientensicherheit & Qualität:
Universitätsklinikum Gießen-Marburg, Qualitätsmanagement, Standort Gießen:
1. | Polotzek K, Karch A, Karschau J, von Wagner M, Lünsmann B, Menk M, Römmele C, Schmitt J: COVID-19-Pandemie: Regionale Steuerung der Patienten. Dtsch Arztebl 2021; 118 (3): A 84–90 VOLLTEXT |
2. | World Health Organization Regional Office for Europe. Hospital Readiness Checklist for COVID-19. WHO: Copenhagen; 2020. |
3. | European Centre for Disease Prevention and Control. Checklist for hospitals preparing for the reception and care of coronavirus 2019 (COVID-19) patients. ECDC: Stockholm; 2020. |
4. | U.S. Department of Health and Human Services – Centers for Disease Control and Prevention. Comprehensive Hospital Preparedness Checklist for Coronavirus Disease 2019 (COVID-19). CDC: Washington; 2020. |
5. | Robert Koch-Institut (RKI). Nationaler Influenzapandemieplan Nationaler Pandemieplan Teil I – Strukturen und Maßnahmen. RKI: Berlin; 2017. |
6. | Cwojdznski D, Sander D, Solarek A, Peich M: Checkliste Pandemie Krankenhäuser Version 2. Im Internet: https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/GesBevS/Checkliste_fuer_Krankenhaeuser_KAEP.pdf?__blob=publicationFile (last accessed on 26 April 2021). |
7. | Brook RH: The RAND/UCLA appropriateness method. In: McCormick KA, Moore SR, Siegel RA (eds): Methodology Perspectives, AHCPR Pub. No. 95–0009. Public Health Service, U.S. Department of Health and Human Services: Rockville, MD; 1994: 59–70. |