MEDIZIN: Diskussion
Verzögerte Diagnose von bakteriellen Infektionen in der Pandemie mit fatalem Verlauf
Delayed Diagnosis of Bacterial Infections during the Pandemic with Fatal Course
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Die Kollegen Krüger et al. heben hervor, dass bei Halsschmerzen während der SARS-CoV-2-Pandemie ebenso an eine Infektion mit SARS-CoV-2 gedacht werden sollte (1).
Im Notfallzentrum des Universitätsklinikums Freiburg gab es während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie gehäuft tödlich verlaufende Septitiden mit Gruppe-A-Streptokokken. Dies war ungewöhnlich, verglichen mit epidemiologischen Daten aus den USA (2).
In drei exemplarischen Fällen waren jüngere Männer (45–48 Jahre) betroffen, bei denen eine virale Genese, der seit mehreren Tagen bestehenden Atemwegs- und Halsbeschwerden vermutet wurde. In allen Fällen kam es zu schweren septischen Verläufen. Zwei Patienten verstarben aufgrund eines rasch progredienten Multiorganversagens. Der dritte Patient überlebte die Infektion nach Intensivaufenthalt mit vorübergehender Dialysepflichtigkeit. Bei allen Patienten wurde ein gegenüber Penicillin sensibler Streptococcus pyogenes in der Blutkultur nachgewiesen.
Allen Patienten war gemein, dass sie sich erst spät mit Verweis auf die Pandemie in medizinische Behandlung begeben hatten. Die Halsschmerzen wurden als eine Infektion mit SARS-CoV-2 gedeutet und es wurden zunächst keine weiteren Maßnahmen eingeleitet.
In der Pandemiesituation möchten wir auf Fixierungsfehler bezogen auf eine virale Genese hinweisen, die aus unserer Sicht der Grund für die fatalen Verläufe dieser bakteriellen Infektionen gewesen sein könnte. Gerade gesunde Erwachsene kompensieren schwere septische Geschehen sehr lange, und die Symptome können bei einem fehlenden oder auch bestehenden Nachweis einer Infektion mit SARS-CoV-2 als Beschwerden im Zusammenhang mit der viralen Infektion missgedeutet werden.
Bei der aktuellen dritten Welle, in der auch zunehmend junge Menschen infiziert werden, besteht dieses Risiko unseres Erachtens erneut.
DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0246
Dr. med. Bonaventura Schmid, Prof. Dr. med. Hans-Jörg Busch
Zentrum für Notfall- und Rettungsmedizin, Universitäts-Notfallzentrum, Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität; bonaventura.schmid@uniklinik-freiburg.de
Dr. med. Corinna N. Lang, PD Dr. med. Dawid L. Staudacher
Klinik für Innere Medizin III (Schwerpunkt: Interdisziplinäre Internistische
Intensivmedizin), Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität
PD Dr. med. Jörg Bayer
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität
1. | Krüger K, Töpfner N, Berner R, Windfuhr J, Oltrogge JH: Clinical practice guideline: Sore throat. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 188–94 VOLLTEXT |
2. | Nelson, GE, Pondo T, Toews KA, et al.: Epidemiology of Invasive Group A Streptococcal Infections in the United States, 2005–2012. Clin Infect Dis 2016; 63: 478–86 CrossRef MEDLINE PubMed Central |
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