ArchivDeutsches Ärzteblatt40/2021NS-Diktatur: Fachgesellschaft schafft Erinnerungsort für verfolgte Mitglieder

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NS-Diktatur: Fachgesellschaft schafft Erinnerungsort für verfolgte Mitglieder

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Die Initiative „Gegen das Vergessen“ wurde von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) gestartet. Foto: DGVS
Die Initiative „Gegen das Vergessen“ wurde von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) gestartet. Foto: DGVS

Um sich ihrer Verantwortung während der NS-Zeit zu stellen und ihrer im Dritten Reich verfolgten jüdischen Mitglieder zu gedenken, hat die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) die Initiative „Gegen das Vergessen“ gestartet. Diese umfasst einen digitalen Erinnerungsort mit den Namen und Biografien jener Mitglieder, die während der Nazidiktatur aus der Fachgesellschaft ausgeschlossen, entrechtet, verfolgt, zur Flucht gezwungen oder im Konzentrationslager ermordet wurden.

Der Ort soll Würdigung und Mahnung zugleich sein. „Erinnerung steht nicht still, sich zu erinnern ist ein kontinuierlicher Prozess und eine fortwährende Aufgabe“, erklärt Dr. med Harro Jenss, Archivar der DGVS, der für die Recherchen zuständig ist. Begonnen wurde diese Aufgabe von ihm in den 1990er-Jahren, als sich die Fachgesellschaft mit der Verfolgung ihres jüdischen Gründers Ismar Boas in der NS-Zeit auseinandersetzte. Anlass war damals die Erstellung des Erinnerungsbandes „100 Jahre DGVS“.

Während der Recherche zu diesem Erinnerungsband fand sich unter den gesichteten Materialien die Mitgliederliste der Fachgesellschaft 1932/33. In dieser Liste sind sehr viele Namen – jene der jüdischen Gesellschaftsmitglieder – in Rot durchgestrichen. Sie waren damit aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Viele damalige Größen des zu dieser Zeit noch jungen Fachgebietes der Gastroenterologie sind darunter – wie dessen weltweiter Begründer Ismar Boas und Rudolf Schindler, Pionier auf dem Gebiet der Magenspiegelung. Andere Namen sind heute unbekannt und vergessen, ebenso wie deren Biografien.

„Die Initiative ‚Gegen das Vergessen‘ ist als ein offener digitaler Gedenkort gedacht, der durch einen gemeinsamen, kontinuierlichen Arbeitsprozess gestaltet wird. Jeder ist eingeladen, an dieser Aufgabe mitzuwirken“, erklärt die für die Umsetzung verantwortliche Geschäftsführerin der DGVS, Privatdozentin Dr. med. Petra Lynen-Jansen. Er ist aktuell noch nicht vollständig und soll weiterwachsen – an Namen wie auch Biografien. EB

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