ArchivDeutsches Ärzteblatt42/2021Rechtsreport: Strafbarkeit der unerlaubten Ausübung von Heilkunde

MANAGEMENT

Rechtsreport: Strafbarkeit der unerlaubten Ausübung von Heilkunde

Berner, Barbara

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS

Die unerlaubte Ausübung der Heilkunde durch eine Person ohne medizinische oder heilpraktische Ausbildung stellt eine gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs dar, wenn Hyaluronsäure in den Körper gespritzt wird. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Die Angeklagte bot Schönheitsbehandlungen mit Hyaluronsäure im Internet an, obwohl sie – was ihr bekannt war – die hierfür erforderliche Zulassung als Heilpraktikerin nicht besaß. Sie führte Behandlungen mit Hyaluronsäure durch, wobei sie die Nase oder Nasolabialfalte der Kundinnen und Kunden unterspritzte. Bei der Unterspritzung der Lippen kam es aufgrund einer fehlerhaften Behandlung in mehreren Fällen zur Bildung von Knötchen oder „Knubbeln“ in der Lippe der Kundinnen, die teilweise sichtbar, teilweise lediglich für die Betroffenen spürbar waren. Mit den Behandlungen erzielte die Angeklagte erhebliche Umsätze, für die sie keine Umsatzsteuererklärungen abgab und einen erheblichen Steuerschaden verursachte. Soweit das Landgericht die Unterspritzung der Nase oder Nasolabialfalte mit Hyaluronsäure als gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB gewertet hat, begegnet dies durchgreifenden Bedenken, so der BGH. Der Schuldspruch bleibe indes hiervon unberührt, da das Landgericht im Hinblick auf die Verwendung einer Spritze zutreffend eine gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB bejaht hat. Eine gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB setze eine Körperverletzung „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ voraus. Maßgeblich sei die Schädlichkeit der Einwirkung auf den Körper des Opfers im Einzelfall. Die im Vorverfahren getroffenen Feststellungen belegen eine generelle Eignung der Verletzungshandlung, das Leben des Opfers zu gefährden, nicht. Zwar könne es in sehr seltenen Fällen zu Komplikationen kommen. Eine generelle Eignung der Behandlung, das Leben zu gefährden, sei damit jedoch noch nicht belegt.

Um die gegenüber der einfachen Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB höhere Strafandrohung begründen zu können, sei für die generelle Eignung der Lebensgefährdung mehr als der lediglich in „sehr seltenen“ Fällen mögliche tödliche Ausgang der Verletzungshandlung zu fordern.

BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2020, Az.: 1 StR 158/20 RAin Barbara Berner

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote