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Rechtsreport: Coronabeschränkungen sind verfassungsgemäß


Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen sind in der äußersten Gefahrenlage einer Pandemie mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden.
Mit dem Beschluss hat das Gericht entsprechende Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. Diese richteten sich unter anderem gegen die für einen Zeitraum von gut zwei Monaten eingefügten bußgeldbewehrten Ausgangsbeschränkungen, die durch das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. April 2021 in § 28 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) festgelegt worden waren, sowie gegen bußgeldbewehrte Kontaktbeschränkungen nach § 28 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG zur Eindämmung der Coronapandemie. Die beanstandeten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen seien Bestandteile eines Schutzkonzepts des Gesetzgebers. Dieses diene dem Lebens- und Gesundheitsschutz sowie der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems als überragend wichtigem Gemeinwohlbelang. Zwar sei durch die im IfSG angeordneten Kontaktbeschränkungen sowohl in das Grundrecht auf Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG als auch in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen worden. Die Eingriffe seien jedoch formell sowie materiell verfassungsgemäß und damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der formell hierfür zuständige Gesetzgeber habe mit den Kontaktbeschränkungen jeweils für sich genommen und auch in ihrer Zusammenschau verfassungsrechtlich legitime Zwecke verfolgt. Wegen der unklaren wissenschaftlichen Erkenntnislage seien die Möglichkeiten des Gesetzgebers begrenzt gewesen, sich ein hinreichend sicheres Bild von der Lage zu machen. Daher genüge es, wenn er sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung der ihm verfügbaren Informationen insbesondere durch Einschätzungen des Robert Koch-Instituts und medizinischer Fachgesellschaften orientiere.
In dieser Situation sei es Ziel gewesen, insbesondere Leben und Gesundheit zu schützen und die weitere Verbreitung des Virus zu verlangsamen sowie deren exponentielles Wachstum zu durchbrechen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems insgesamt zu vermeiden und die medizinische Versorgung bundesweit sicherzustellen. Die Beschränkungen von Kontakten im privaten und im öffentlichen Raum seien daher im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet gewesen, die Gesetzeszwecke zu erreichen.
Der Gesetzgeber habe für den zu beurteilenden Zeitraum einen verfassungsgemäßen Ausgleich durch entsprechende Ausnahmeregelungen zwischen den mit den Ausgangsbeschränkungen verfolgten besonders bedeutsamen Gemeinwohlbelangen und den durch die Beschränkungen bewirkten erheblichen Grundrechtsbeeinträchtigungen gefunden.
BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021, Az.: 1BVR 781/21 und andere
RAin Barbara Berner