BRIEFE
Klimawandel: Noch viele Punkte sind nicht umgesetzt


Wenn ich den Artikel im Deutschen Ärzteblatt 45/202, Seite 2088 ff. über die Erklärung „Klimaneutrale Bundesärztekammer bis zum Jahr 2030“ lese, in der einige Punkte geprüft werden sollen, dann muss ich lachen. Oder sollte ich zornig sein angesichts der immer noch nicht umgesetzten Punkte?
Entdecken die KVen, also die Ärzteschaft, jetzt erst ihre Vorbildfunktion für Klimaschutz, der ja auch Krankheitsschutz ist?
Warum erst prüfen und nicht schon lange beschlossen haben? Wenn ich die Punkte lese, die eine mögliche Einsparung an CO2 ermöglichen könnten, frage ich mich, in welchem Zeitalter die Ärztekammern/Ärzte leben. Über derartige Ideen kann ich doch im Jahr 2021 nicht erst nachdenken. 2021 muss der Denkprozess längst Taten gewichen sein! Beschämend:
- Reiseaufwand minimieren: eine Selbstverständlichkeit im Zeitalter der Digitalisierung, muss doch längst umgesetzt sein.
- In Kantinen regional/saisonal etc. essen, ist das immer noch nicht umgesetzt?
- Die Umsetzung der Klimaneutralität oder mind. einer deutlichen Energieeinsparung im Gebäudeneubau oder -sanierungsfall ist im Übrigen keine Idee der Ärzteschaft, die sich jetzt ein grünes Mäntelchen anziehen möchte: Es existieren be- reits in Kraft getretene Gesetze, an denen niemand mehr vorbeikommt (GEG, EnEG, EnEV und EEWärmeG).
- Klimaanlagen smart einsetzen: Allein schon um die eigenen Nebenkosten zu reduzieren würde ich meinen, dass das jeder seit Jahren macht.
Herr Dr. Umgelter geht auf das Problem des chirurgischen Einweginstrumentariums ein:
Wie kam es zum rasanten Zuwachs der Einwegmaterialien (Einwegpinzetten, -nadelhalter etc. aus Plastik oder Metall [Herstellung: Bangladesch, wie ich selbst durch Nachforschung erfahren habe])? Die Niedergelassenen fühlen sich von den Hygiene- und übrigen Vorschriften und damit verbundenen Kosten und Zeitaufwand derart gegängelt, dass sie lieber Einweg kaufen (nicht falsch verstehen: Hygiene ist wichtig). Nicht einmal in den KV-Bereitschaftsdienstpraxen, die oft in Krankenhäusern untergebracht sind, ist es möglich, Verträge zur Sterilisation von Mehrwegmaterial zu schließen. Muss ein Schutzkittel, den ich von der KV in Coronazeiten bekomme (worüber ich sehr dankbar bin), einzeln verpackt sein – warum nicht z. B. im 10er-Pack?
(…)
Filialpraxen → Wie viel Zeit verbringen Ärzte auf der Straße, um von Praxis A nach Praxis B zu kommen? (Ich weiß, wir müssen angesichts des drohenden Ärzte- und Personalmangels froh sein, dass dadurch Praxen auf dem Land aufrechterhalten werden können).
Noch ein paar Anmerkungen zu Papier:
Wie kann es sein, dass Recyclingliegenpapier teurer ist als Normalpapier? Warum muss ich für Klebezettel aus Recyclingmaterial länger suchen und auch noch mehr bezahlen als für FSC-Papier oder Normalpapier?
Warum wird/wurde weder KV-Connect noch KIM forciert genutzt unter uns Ärzten? Wäre doch optimal, um dem Ziel einer papierarmen Praxis näher zu kommen. Stattdessen faxen wir immer noch munter hin und her, erhalten meist 2x ein Fax über einen vorläufigen und endgültigen Arztbrief und dann ein drittes Mal per Post. Und dann bezahlen wir für eine datenschutzkonforme Vernichtung all des Papieres.
Y. Illichmann, 93055 Regensburg