

Das Ende des § 219 a im Strafgesetzbuch, der die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ verbietet, wird gerade von der Regierungskoalition vorbereitet. Der Entwurf, den Bundesjustizminister Marco Buschmann dazu jetzt vorlegte, stößt auf geteiltes Echo.
Für die einen geht es um das Recht auf sachliche Information und auf körperliche Selbstbestimmung, für andere um das Anbieten der Tötung von ungeborenen Kindern als normale Dienstleistung: Immer noch erhitzt die Diskussion um den umstrittenen § 219 a, der Ärztinnen und Ärzten die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ strafrechtlich verbietet, die Gemüter.
Vergangene Woche schlugen die Wellen wieder besonders hoch. Denn Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte einen Entwurf für die Aufhebung des § 219 a Strafgesetzbuch (StGB) in die Ressortabstimmung der Bundesregierung gegeben. Danach sollen Ärztinnen und Ärzte künftig nicht mehr mit strafrechtlichen Ermittlungen rechnen müssen, wenn sie auf der Website ihrer Praxis Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zur Verfügung zu stellen. Als Werbung im Sinne des Gesetzes gelten derzeit ausführliche Informationen über verschiedene Methoden des Schwangerschaftsabbruchs sowie die damit jeweils verbundenen Risiken.
Unhaltbarer Rechtszustand
„Dies ist ein unhaltbarer Rechtszustand“, sagte Buschmann. Frauen, die einen Abbruch ihrer Schwangerschaft erwägen würden, befänden sich in einer schmerzhaften Lebenssituation. Diese dürfe man nicht noch erschweren. Ärztinnen und Ärzte sollten öffentlich über einen Schwangerschaftsabbruch informieren können – ohne dabei ein strafrechtliches Risiko einzugehen. „Anpreisende und grob anstößige Werbung bleibt selbstverständlich verboten – und zwar nach dem Standesrecht der Ärztinnen und Ärzte selbst“, so Buschmann. Die Berufsordnungen der Landesärztekammern untersagten bereits anpreisende Werbung.
Mit diesem Vorstoß greift Buschmann einen Punkt aus dem Koalitionsvertrag auf. Darin hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt, dass „Ärztinnen und Ärzte in Zukunft öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können sollen, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen“. Sie hielten darin außerdem fest, dass die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung gehöre.
Bislang verbietet der § 219 a die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“. Doch auch Ärztinnen und Ärzte, die aus ihrer Sicht sachlich auf ihrer Internetseite darüber informiert hatten, dass sie Abbrüche vornehmen und welche Methoden sie anwenden, sind immer noch Ermittlungen und Anfeindungen ausgesetzt – obwohl 2019 das Werbeverbot gelockert worden war.
Liste der Bundesärztekammer
Seitdem führt die Bundesärztekammer eine Liste von Ärztinnen und Ärzten sowie der Krankenhäuser und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche unter den gesetzlichen Voraussetzungen durchführen. Mit Stand vom Januar 2022 sind 360 Ärztinnen und Ärzte sowie Einrichtungen registriert.
Beibehalten möchte dieses Vorgehen die Union. Sie zweifelt an, dass die Streichung des § 219 a mit dem Grundgesetz vereinbar ist und erwägt eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses habe explizit gesagt, dass das Ungeborene sich von Anfang an „als Mensch“ und nicht erst „zum Menschen“ entwickele und somit unter dem Schutz des Grundgesetzes stehe. Buschmann wies die Zweifel der Union zurück. Am Schutzkonzept für ungeborenes Leben ändere die geplante Reform nichts, betonte er. Der Entwurf taste die Paragrafen, nach denen Schwangerschaftsabbrüche zwar rechtswidrig, aber unter bestimmten Bedingungen nicht strafbar sind, nicht an. Neben den Unionsparteien positionieren sich auch die die AfD und die Katholische Kirche gegen die Abschaffung des § 219 a. Die Linke befürwortet dagegen das Vorhaben der Ampelkoalition.
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann