

Schlüsselwörter: Ureterorenoskopie, Harnleiterstein, Harnleitertumor, Harnleiterstriktur, oberer Harntrakt
Ureteroscopy
Endoscopy of the upper urinary tracts is performed through physiological openings of the lower urinary tract
(urethral orifice, ureteral orifices) and represents a minimal invasive, elegant procedure with few complications
for treatment of pathological disorders. Indications are diagnosis of unclear hematuria and treatment of ureteral
stones and strictures. In patients with multimorbidity and reduced operability an endoscopic therapy of urothelial
tumors is also possible.
Key words: Ureteroscopy, ureter calculi, endoureterotomy, ureteral neoplasm, upper urinary tract
Die endoskopische Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Ureters und Nierenbeckens stellt ein
komplikationsarmes, schonendes und kostengünstiges Verfahren mit niedriger Morbidität dar (4). Die
ureteroskopische Steinentfernung hat die Schlingenbehandlung distaler Ureterkonkremente abgelöst.
Instrumentarium
Das Instrumentarium ist abhängig von der Indikation des Eingriffs. Neben starren, semiflexiblen
Ureterendoskopen unterschiedlicher Größe (Abbildung 1), stehen auch flexible Endoskope zur Verfügung.
Hilfsinstrumente sind Steinfass- und Biopsiezangen (Abbildung 2), Resektionsschlingen sowie Dormiakörbchen
(Abbildung 3). Elektrohydraulische, pneumatische und Laserlithotripsiesysteme ermöglichen die
Fragmentierung großer, nicht primär extrahierbarer Konkremente. Pneumatisch-ballistische Systeme stehen
dabei im Vordergrund, da ihre Anschaffungskosten niedrig und der Lithotripsieerfolg im Vergleich zu
Lasersystemen nicht abhängig von der Steinzusammensetzung ist (4, 8, 10).
Diagnostische Abklärung
Die endoskopische Abklärung unklarer Hämaturien, suspekter Zytologien und röntgenologisch zweifelhafter
Befunde stellt für den Patienten eine zusätzliche Sicherheit dar. Vor allem Tumoren können früher erkannt und
therapiert werden. Die Endoskopietechnik unterscheidet sich nur durch den Einsatz schmalkalibriger und
flexibler Instrumente von der Technik der Steinbehandlung.
Ureterorenoskopische Steinbehandlung
Die konservative Therapie führt bei circa 80 Prozent der Harnleitersteine zu einem Spontanabgang. Für nicht
spontan abgehende Konkremente im mittleren und oberen Ureter stellt die extrakorporale Stoßwellentherapie die
primäre Therapieoption dar. Im distalen Ureter zeigen die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) und die
Ureterorenoskopie unterschiedliche Vor- und Nachteile. Während die Erfolgsquote der Ureterorenoskopie mit
über 95 Prozent derjenigen der ESWL (zirka 50 bis 80 Prozent) überlegen ist, stellt sie andererseits das
invasivere Verfahren dar (1-4, 6, 8, 9). Die früher gelegentlich beobachteten postoperativen Harnleiterstrikturen
sind durch Verbesserungen der Endoskopietechnik und des Instrumentariums zur Rarität geworden. Steinstraßen
nach ESWL und persistierende Steine unter Stoßwellentherapie stellen eine weitere Indikation zur
Harnleiterspiegelung auch höher gelegener Konkremente dar (Abbildungen 4a, b). Der Eingriff wird meist in
Allgemeinanästhesie, in Ausnahmefällen in Analgosedierung durchgeführt.
Technik
Nach der Entrierung des Ureterostiums wird das Instrument unter Sicht bis zum Konkrement geführt (Abbildung
5). Kleine Steine können mittels Hilfsinstrumenten (Fasszange, Dormiakorb) in toto extrahiert werden
(Abbildungen 2, 3). Größere Konkremente werden mittels pneumatischer, elektromechanischer oder
Laserenergie lithotripsiert und die Fragmente geborgen. Alternativ kann nach erfolgreicher Lithotripsie auch auf
den Spontanabgang der Lithotripsiefragmente gewartet werden ("smash and go"-Technik). Nach dem Eingriff
erfolgt in der Regel die Einlage einer selbsthaltenden inneren Harnleiterschiene (Doppel-J-Sonde), die den
Urinabfluss während postoperativer Schwellung der Harnleiterschleimhaut gewährleistet (Abbildung 6). !
Indikationen
Im Folgenden sind die Indikationen für eine Ureterorenoskopie aufgelistet:
- distale und mittlere Harnleitersteine, in Ausnahmefällen auch hohe Harnleiter- und Kelchsteine,
- Harnleitersteine nach erfolgloser extrakorporaler Stoßwellentherapie (ESWL),
- Steinstraße nach ESWL,
- Abklärung unklarer Hämaturien und anderer röntgenologisch und sonographisch nicht abklärbarer
Erkrankungen des oberen Harntrakts,
- Behandlung von Harnleiterstrikturen oder subpelvinen Stenoserezidiven,
- Kontrolle nach endoureteraler Therapie,
- Entfernung dislozierter Ureterkatheter und dislozierter Schlingen,
- Einlage von Doppel-J-Sonden bei anatomisch schwierigen Situationen,
- Therapie oberflächlicher Harnleitertumoren.
Kontraindikationen
Gerinnungsstörungen und Harnwegsinfekte stellen eine absolute Kontraindikation dar. Harnröhrenstrikturen,
große Prostata-Adenome, Zustand nach Harnleiterimplantationen und Harnleiterstrikturen können die
Ureteroskopie sehr erschweren (4).
Ergebnisse
Die ureteroskopische Steinextraktion ist ein sicheres und komplikationsarmes Verfahren zur Behandlung des
distalen und impaktierten mittleren Harnleitersteines. Nach erfolgloser extrakorporaler Stoßwellentherapie kann
sie auch zur Sekundärbehandlung des nicht desintegrierten hohen Uretersteins eingesetzt werden. Die
Entwicklung schmalkalibriger Instrumente und neuer Energiequellen für die Lithotripsie hat zu einer deutlichen
Reduzierung der Komplikationsraten geführt (10). Die Steinfreiheitsraten liegen bei über 90 Prozent,
intraoperative Komplikationen wie Schleimhautblutungen und Harnleiterperforationen können meist problemlos
durch Einlage einer inneren Harnleiterschiene (Doppel-J-Sonde) beherrscht werden (Abbildung 6). Die
Harnleiterstriktur als häufigste Spätkomplikation hat eine Inzidenz von unter ein Prozent (3, 7). Das vorgestellte
Verfahren führt vor allem wegen des hohen Prozentsatzes der vollständigen Steinfreiheit nach einmaliger
Therapie zu einer hohen Patientenakzeptanz (8).
Therapie von Harnleitertumoren
Etablierte Therapie des Harnleitertumors ist die Nephroureterektomie unter Mitnahme einer Blasenmanschette.
Die endoskopische Therapie von Harnleitertumoren hat ihre Indikation bei multimorbiden Patienten mit
blutenden Tumoren, denen ein radikaler tumorchirurgischer Eingriff nicht mehr zugemutet werden kann
(Abbildung 7). Neben Resektoskopen für die minimal invasive Therapie im Harnleiter können auch
Lasersysteme eingesetzt werden. Zur Diagnosesicherung werden vor der Laserbehandlung Proben aus dem
Tumor entnommen. Kombinationen beider Therapieverfahren sind mitunter sinnvoll (11). Postoperativ kann bei
oberflächlichen Urothelkarzinomen eine topische adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden (5). In der
Nachsorge sind Kontrollureteroskopien zur Überprüfung des Krankheitsverlaufs möglich.
Therapie von Harnleiterstrikturen
Harnleiterstenosen können nach entzündlichen Prozessen, nach offen-chirurgischen Eingriffen, nach spontanen
Steinabgängen sowie nach instrumentellen Behandlungen auftreten. Mithilfe eines speziellen Instrumentariums
wird der Harnleiter im Bereich der Stenose unter Beachtung der topographischen Anatomie (Gefäße, Darm)
längs geschlitzt (4, 12). Es resultiert eine gezielte gedeckte Perforation. Der Harnleiter wird dann mit einer
Doppel-J-Sonde für einige Wochen geschient. Die Therapie des Stenoserezidivs nach Operation einer
subpelvinen Stenose erfolgt analog zur Harnleiterstriktur, jedoch ist ein perkutaner Zugang in der Regel
sinnvoller.
Bergung von Instrumenten
Ureteroskopische Bergungen dislozierter Doppel-J-Sonden (Abbildung 6) oder abgerissener Steinschlingen sind
mithilfe einer Fasszange in der Regel problemlos möglich (3).
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2000; 97: A-841-843
[Heft 13]
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Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Roman Hiebl
Klinik für Urologie und
Kinderurologie
St.-Antonius-Hospital
Dechant-Deckers-Straße 8
52249 Eschweiler
Klinik für Urologie und Kinderurologie (Chefarzt: Prof. Dr. med. Joachim Steffens), St.-Antonius-Hospital,
Eschweiler
Abbildung 1: Starres Ureterorenoskop
Abbildung 2: Ureteroskopisch mittels Fasszange extrahierter Harnleiterstein
Abbildung 3: Ureteroskopisch mittels Dormiakorb entfernter Harnleiterstein
Abbildung 4a: Abdomen - Übersichtsaufnahme links: Zustand nach ESWL eines großen Nierenbeckensteins
links, perkutane Nephrostomie, liegende innere Harnleiterschiene: untere Nierenkelchsteine, Steinstraße im
Verlauf des Harnleiters.
Abbildung 4b: Abdomen - Übersichtsaufnahme links: Ureteroskop in situ, Steinfreiheit des Harnleiters nach
ureteroskopischer Ausräumung der Steinstraße
Abbildung 5: Ureteroskopische Steindarstellung
Abbildung 6: Innere Harnleiterschiene (Doppel-J-Sonde) zur postinstrumentellen Harnableitung
Abbildung 7: Ureteroskopische Darstellung eines papillären Harnleitertumors
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