ArchivDeutsches Ärzteblatt7/2022Digitalisierung: DiGA-Testmöglichkeiten für Ärzte

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Digitalisierung: DiGA-Testmöglichkeiten für Ärzte

Haserück, André

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Um ihre Patienten beim Thema „Apps auf Rezept“ besser beraten zu können, sollten Ärztinnen und Ärzte Testzugänge zu den digitalen Instrumenten erhalten – so der Vorschlag der DGIM. Für unbefristete Zugriffe müssten aber die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden.

Ärztliche Kenntnisse im DiGABereich könnten im Arzt-Patienten-Gespräch nützlich sein, aber es gibt Hürden. Foto: DragonImages/stock.adobe.com
Ärztliche Kenntnisse im DiGABereich könnten im Arzt-Patienten-Gespräch nützlich sein, aber es gibt Hürden. Foto: DragonImages/stock.adobe.com

Seit etwas mehr als einem Jahr ist es möglich, Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf Rezept zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu verordnen. Einen möglichst unbefristeten Testzugang für Mediziner zu den jeweiligen DiGA hält die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) für sinnvoll. In der DiGA-Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) fänden sich zwar Angaben zu den Indikationen, für die die jeweilige App entwickelt worden seien, betonte Professor Dr. med. Martin Möckel, Vorsitzender der DGIM-Arbeitsgruppe Digitale Gesundheitsanwendungen/KI in Leitlinien. Um zu entscheiden, ob sie für eine bestimmte Patientin oder einen Patienten geeignet seien, müssten Ärzte die Apps jedoch selbst testen können. Dazu und auch um Patienten die DiGA näher erklären zu können, seien Testzugänge denkbar.

Vom Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung, dem maßgeblichen Verband von Unternehmen aus dem Bereich der digitalen Gesundheitsversorgung (E-Health), hieß es dazu, man verstehe sehr gut, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen beziehungsweise Psychotherapeuten eine DiGA testen möchten, bevor sie eine Verordnung für die Versicherten ausstellen. Limitierte Testzugänge seien deshalb „jederzeit auf Anfrage bei den Unternehmen“ für Ärzte und Psychotherapeuten verfügbar.

„Unbefristete Testzugänge sind allerdings in der Regel nicht mit dem Heilmittelwerbegesetz vereinbar“, erläuterte Dr. rer. nat. Anne Sophie Geier, Geschäftsführerin des Spitzenverbandes. Hierzu habe man den Gesetzgeber bereits im Zuge des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) aufgefordert, entsprechende Änderungen vorzunehmen.

Stand jetzt würden die maßgeblich rechtlichen Rahmenbedingungen des Heilmittelwerbegesetzes einer dauerhaften Zurverfügungstellung eines kostenlosen DiGA-Zugangs für Ärzte im Wege stehen. Ein kostenloser und unbefristeter DiGA-Zugang könne bei kritischer Betrachtung als produktbezogene Zuwendung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes gewertet werden – vergleichbar mit der kostenlosen Zurverfügungstellung eines analogen Medizinproduktes. Das Gesetz untersagt im Grundsatz derartige Zuwendungen an Fachkreisangehörige und Patienten.

DiGA breiter konzipieren

Einen weiteren Optimierungsimpuls sprach Möckel, ärztlicher Leiter der Notfallmedizin/Zentrale Notaufnahmen und der Chest Pain Units am Campus Mitte und am Virchow-Klinikum der Berliner Charité, in Bezug auf die Einsatzgebiete der DiGA aus. Er verwies darauf, dass die bisherigen Anwendungen hauptsächlich für niedergelassene Ärzte konzipiert seien. „Im Rahmen des Entlassmanagements könnten sie jedoch auch für Klinikärzte interessant sein.“ Noch gebe es dazu aber keine Erfahrungen mit der Verordnungspraxis. Zudem habe sich unter den 24 bis Mitte Dezember 2021 beim BfArM gelisteten DiGA nur eine befunden, die gezielt eine internistische Erkrankung (Adipositas) adressierte sowie eine weitere mit Bezug zu rheumatischen Erkrankungen. „Hier besteht eindeutig Nachholbedarf seitens der Hersteller“, so Möckel.

Professor Dr. med. Markus M. Lerch, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des LMU-Klinikums München und Präsident der DGIM, betonte, DiGA dürften unabhängig vom Setting nicht dazu führen, dass das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis gestört werde. „DiGA können das Spektrum der Medizinprodukte in Zukunft sicherlich bereichern. Klar ist aber auch, dass sie die Behandlung und Medikation durch den behandelnden Arzt nur unterstützen, das heißt ihre Anwendung unter der Kontrolle des Arztes bleiben muss.“

André Haserück

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