VARIA: Auto und Verkehr
Medizinisch-psychologische Untersuchung: „Adieu Idiotentest - bye-bye MPU“


psychologische Untersuchung" (MPU) und "Fahreignungsbegutachtung" setzten sich in der Bevölkerung nicht durch.
Grand-Prix-de-Drive, Second-Brain-Check oder Auweiatest (Auto-Weiter-Fahr-Attest)? Kreative Geister sind
aufgerufen, beim bundesweiten "KreaTÜV-Netbewerb" mitzumachen. Die "Medizinisch-psychologische
Untersuchung" (MPU) soll einen gefälligeren Namen bekommen. Der Verband der Technischen
Überwachungsvereine (VdTÜV) bittet unter dem Motto "Adieu Idiotentest - bye-bye MPU" um rege
Beteiligung. Beim TÜV-Nord sind bereits 10 000 E-Mails und Postkarten eingegangen. Noch bis zum 15. Mai
können Vorschläge unter den Internetadressen der einzelnen TÜV oder per Post eingesandt werden. Der Sieger
bekommt einen Laptop.
Falscher Begriff
Bei einer MPU testen Psychologen die Einstellung der Fahrer zum Straßenverkehr, Ärzte untersuchen unter
anderem Kreislauf, Sehschärfe, Sehkraft oder die Beweglichkeit der Autofahrer. Der Begriff "Idiotentest" sei
irreführend, sagt Prof. Dr. Walter Schneider vom Institut für Auto-Sicht-Sicherheit der Universität zu Köln.
Menschen, die sich dem Test unterziehen, seien nicht schwachsinnig. Für Autofahrer, die besonderen
Belastungen im Beruf ausgesetzt sind wie zum Beispiel Bus- und Taxifahrer, ist der Test genauso Voraussetzung
für den Erwerb des Führerscheins wie für andere Führerscheinbewerber der Sehtest (Grafik 1). Auch Christa
Merfert-Diete von der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren ärgert sich über den "dummen" Begriff. Sie hat
jedoch große Zweifel, dass sich eine andere Bezeichnung durchsetzt, da "Idiotentest" so gut eingeführt ist.
Verpflichtet zum Test werden Männer und Frauen, bei denen ein Alkoholgehalt von 1,6 Promille oder mehr im
Blut (bei unfallfreier Fahrt) festgestellt wird, die ein Konto mit 18 Punkten in Flensburg haben oder körperliche
Mängel wie Altersschwäche oder Epilepsie zeigen. Zwei Drittel der jährlich rund 150 000 MPU werden jedoch
wegen Alkohol am Steuer veranlasst (Grafik 2). In den letzten fünf Jahren starben nach Angaben des
Statistischen Bundesamtes jährlich etwa 1 500 Menschen bei Unfällen, deren Ursache Alkohol am Steuer war
(Tendenz abnehmend). Eine MPU soll zeigen, ob die Verkehrsteilnehmer Fahren und Trinken
verantwortungsbewusst auseinander halten können. Ziel der Gutachten ist, möglichst viele Trunkenheitsfahrten
zu verhindern. Typische "Alkoholfahrer" sollen möglichst erst wieder fahren, wenn sie ihr Alkoholproblem im
Griff haben. Zusätzlich bieten die amtlich anerkannten Medizinisch Psychologischen Untersuchungsstellen
Beratungen und Kurse zur Wiederherstellung der Fahreignung an.
In den vergangenen Jahren häuften sich auch die Untersuchungen von Kraftfahrern, die Ecstasy, Cannabis oder
Medikamente genommen hatten. Den VdTÜV-Statistiken zufolge stieg dieser Anteil von 1 721 Untersuchungen
(1989) auf 6 370 Untersuchungen (1998). In Deutschland fehlen jedoch spezifische Rehabilitationsangebote für
drogenauffällige Kraftfahrer.
Seit 1997 gibt es als Modell-Projekt den Rehabilitationskurs "DRUGS - Drogen und Gefahren im
Straßenverkehr" des TÜV Hessen. An DRUGS nehmen hauptsächlich Kraftfahrer teil, bei denen noch keine
körperliche Abhängigkeit besteht. Ziel des Kurses ist, dass die Teilnehmer den Drogenkonsum einstellen und
sich mit ihren psychischen Problemen auseinander setzen. Horst Ziegler, Leiter des Medizinisch
Psychologischen Instituts Frankfurt, berichtet von positiven Ergebnissen: "Die meisten Teilnehmer zeigen in den
Nachuntersuchungen keine Drogenauffälligkeiten mehr." Außerdem sei die Bereitschaft der Teilnehmer, sich
mit den eigenen Gründen für den Drogenkonsum auseinander zu setzen, viel höher als bei AlkoholRehabilitationskursen.
Keine Drogen
Das Fahren unter Drogeneinfluss ist seit August 1998 ausdrücklich verboten. Drogenkonsum am Steuer kann mit
Bußgeldern bis zu 3 000 DM, Fahrverbot oder Punkten in Flensburg geahndet werden. Der entscheidende
Unterschied zur Promillehöchstgrenze beim Alkohol ist, dass bei Drogen kein Grenzwert festgelegt werden kann
und daher der positive Nachweis im Blut genügt.
Die Bundesanstalt für Straßenwesen (bast) stellt den Polizeischulen seit September 1997 das
Schulungsprogramm "Drogenerkennung im Straßenverkehr" zur Verfügung. Es soll Polizeibeamten helfen,
drogen- oder medikamentenbeeinflusste Fahrer zuverlässiger zu erkennen. Solche Fahrer weisen ähnliche
Symptome wie alkoholisierte Fahrer auf: übertriebenes Langsamfahren, Schlangenlinien, häufig wechselnde
Geschwindigkeiten, unmotiviertes Abbremsen und abrupte Lenkkorrekturen.
Bleibt die Alkoholatemkontrolle negativ, ordnen die Polizisten eine Blutkontrolle auf Drogenkonsum an. Um
Cannabiskonsum festzustellen, leuchten die Polizeibeamten den Autofahrern häufig mit einer Taschenlampe ins
Gesicht. Normalerweise ziehen sich die Pupillen bei Lichteinfall prompt zusammen, bei Cannabiskonsum
bleiben sie meist fünf Sekunken oder länger offen.
Meldung nötig
In einem Vortrag anlässlich des 10. Symposiums Verkehrsmedizin des ADAC zum Thema "Alkohol, Drogen,
Medikamente und Verkehrssicherheit" berichtete Dr. med. Sabine Joó, Referatsleiterin Verkehrsmedizin der
bast, von den Erfolgen der Drogenschulungen. Im Saarland wurden bereits 900 der 1 600 Verkehrspolizisten
geschult. Die Anzahl der eingesandten Blutproben an das gerichtsmedizinische Labor der Universität des Landes
Saarland verdoppelte sich 1999 gegenüber 1998.
Joó betonte, es sei äußerst wichtig, dass Polizei und Verwaltungsbehörden zusammenarbeiteten, da den
Behörden sonst oft die Beweise für eine Fahruntüchtigkeit wegen Drogenkonsums fehlten. Wird ein Kraftfahrer
wegen Fahrens unter Drogeneinfluss nach dem Straßenverkehrsgesetz verurteilt, meldet das Gericht dies der
Führerscheinstelle oder den Verwaltungsbehörden. Sie sind dann verpflichtet, eine Untersuchung anzuordnen
und gegebenenfalls eine MPU zu veranlassen. Wenn sich dabei herausstellt, dass der Proband regelmäßig
Drogen konsumiert, wird der Führerschein entzogen. Lina Panitz
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