VARIA: Wirtschaft - Berichte
Finanzierungsplan: Wer langfristig kalkuliert, rechnet richtig


Der erste Schritt jeder Immobilienfinanzierung ist die Zusammenstellung der Kosten. Bei einer fertigen oder
gebrauchten Immobilie ist das relativ einfach: Addiert werden Kaufpreis, Maklergebühren, Notariats- und
Grundbuchkosten sowie die Grunderwerbsteuer; hinzugezählt werden Kosten für Um- und Ausbauten, die relativ
kurzfristig vorgenommen werden sollen.
Bei Neubauten müssen nicht nur die Baukosten realistisch kalkuliert werden, vielmehr sind auch die
Baunebenkosten - von der Erschließung bis zum Architektenhonorar - zu berücksichtigen. Da während der
Bauphase noch manche Zusatzwünsche zu realisieren sind und auch unerwartete Kosten auftreten können,
sollte bei der Finanzierungsplanung eher großzügig kalkuliert werden. Zuschläge zwischen zehn und 30 Prozent
auf die zunächst geplanten Aufwendungen sind durchaus realistisch. Dies gilt insbesondere dann, wenn zunächst
erhebliche Eigenleistungen geplant waren, die dann nicht in dem erforderlichen Maße vom Bauherrn erbracht
werden können.
Stehen die Kosten fest, gilt es, Bilanz über die Eigenmittel zu ziehen. Grundregel: Die Summe der Eigenmittel
sollte keinesfalls unter 20 bis 30 Prozent des Gesamtkapitalbedarfs liegen. Eine Ausnahme ist allenfalls bei
hohem Einkommen denkbar. Auch im Fall anderweitig gebundener Eigenmittel - etwa in Form einer weiteren,
bereits vorhandenen Immobilie - kann von dieser "goldenen" Finanzierungsregel abgewichen werden.
Die Differenz zwischen der Summe der Eigenmittel und den Kosten der Immobilie stellt den Kapitalbedarf dar.
Um nun festzustellen, wie hoch die voraussichtlichen Finanzierungskosten sein werden und ob die Immobilie
überhaupt finanzierbar ist, setzt man etwa acht Prozent des Kapitalbedarfs als jährlichen Aufwand an - eine zwar
sehr pauschale, aber dennoch aussagekräftige Rechnung.
Staatliche Vorteile nicht einbeziehen
Umstritten ist, ob steuerliche beziehungsweise staatliche Vorteile - etwa die Eigenheimzulage - in den
Finanzierungsplan eingerechnet werden sollten. Immobilienanbieter legen großen Wert auf die Einbeziehung, da
sie das Angebot optisch attraktiver macht. Verbraucherschützer raten hingegen dazu, die Vorteile lediglich als
"stille Reserve" zu betrachten, denn schließlich fallen in den eigenen vier Wänden auch Zusatzkosten - etwa
für die Instandhaltung - an. Zudem laufen die Vergünstigungen oft nach einigen Jahren aus, sodass dann der
Wegfall bei knapper Kapitaldecke eine spürbare Finanzierungslücke zur Folge hätte.
Zur Prüfung, ob das Einkommen zur Finanzierung ausreicht, gibt es zwei Möglichkeiten:
l Nach der ersten Methode werden vom frei verfügbaren Monatseinkommen alle für den Lebensunterhalt
erforderlichen Aufwendungen abgezogen - angefangen vom Haushaltsgeld über Versicherungen bis hin zu einer
Rücklage für Urlaubsreisen. Die bisherige Miete kann zwar herausgenommen werden, dafür sind jedoch
Aufwendungen für Heizkosten, Müllabfuhr, Straßenreinigung und nicht zuletzt Instandhaltung zu
berücksichtigen. Sind die Beträge nicht bekannt, kann auch mit Pauschalen gearbeitet werden: 1 800 bis 2 000
DM gelten heute für ein Ehepaar, weitere - altersbedingte - 350 bis 900 DM für jedes Kind als notwendiger
Lebensunterhalt. Verdient also eine vierköpfige Familie monatlich 4 000 DM, dann müssen hierfür rund 3 000
DM für den Lebensunterhalt kalkuliert werden, der Rest steht für die Finanzierung zur Verfügung.
l Bei der zweiten Methode, die allerdings nur für Mieter in Frage kommt, wird die bisherige Monatsmiete mit
dem Betrag addiert, der vor Baubeginn beziehungsweise vor dem Kauf für Sparleistungen übrig geblieben ist.
Hat eine Familie also bisher 1 000 DM Miete gezahlt und 500 DM gespart, dann darf die künftige Belastung aus
Zinsen und Tilgung die Summe von 1 500 DM nicht überschreiten - es sei denn, der Gürtel wird enger
geschnallt.
Bei der Zusammenstellung der Finanzierungsmittel ist zunächst zu prüfen, ob Ansprüche auf zinsverbilligte
öffentliche Darlehen oder auf Zuschüsse bestehen, die in jedem Fall in Anspruch genommen werden sollten.
Ferner stellt sich die Frage nach anderen, bereits vorhandenen Finanzierungsmöglichkeiten. Praktisch ist ein
ausreichend angesparter Bausparvertrag, der unmittelbar einbezogen werden kann. Ist der Vertrag noch nicht
zuteilungsreif, wird eine Zwischenfinanzierung erforderlich, die entweder direkt von der Bausparkasse oder von
der finanzierenden Bank vorgenommen wird. Genügt das angesparte Kapital noch nicht, damit der Vertrag die
Zuteilungsvoraussetzungen erfüllt, kann es sinnvoll sein, fehlende Gelder als zusätzliches Darlehen
aufzunehmen, um so den Bausparvertrag schnell "auf Vordermann" zu bringen. Wurde allerdings auf den
Bausparvertrag erst wenig Geld eingezahlt, lohnt sich genaues Nachrechnen. Angesichts des niedrigen
Zinsniveaus kann es sinnvoll sein, den Vertrag zu kündigen und das angesparte Kapital direkt in die
Finanzierung einzubeziehen.
Ähnliches gilt im Fall einer vorhandenen Kapital-Lebensversicherung. Die Versicherungsgesellschaften
vergeben derzeit relativ günstige Darlehen, die zunächst tilgungsfrei sind und erst bei Fälligkeit der
Lebensversicherung aus der Versicherungsleistung zurückgezahlt werden. Dabei ist allerdings zu
berücksichtigen, dass die Absicherung der Familie durch das Beleihen einer Lebensversicherungspolice leidet,
sodass möglicherweise ein zusätzlicher Versicherungsbedarf entstehen kann. Wie beim Bausparen lohnt sich der
Neuabschluss einer Kapital-Lebensversicherung allein zum Zweck der Baufinanzierung selten. Die Zinsen für
das Versicherungsdarlehen sind stets höher als der Ertrag, den die Versicherung ihren Kunden erwirtschaftet.
Lediglich dann, wenn die Immobilie vermietet ist und die Finanzierungskosten steuerlich geltend gemacht
werden können, kann sich der Einbau der Lebensversicherung in die Gesamtfinanzierung rechnen.
Wichtigste Grundlage jeder Finanzierung ist jedoch das Bankdarlehen. Die Konditionen von Sparkassen und
Banken sind heute so attraktiv, dass sie keinen Vergleich mit einer Versicherungs- oder Bausparfinanzierung
fürchten müssen. Je länger die Zinsen festgeschrieben werden, um so teurer ist das Darlehen. Grundregel: Bei
knappem finanziellen Spielraum sollte eine möglichst langfristige Zinsfestschreibung gewählt werden. Bestehen
ausreichend Möglichkeiten, gegebenenfalls auch höhere Belastungen zu verkraften, kann sich eine Kombination
aus langfristiger Finanzierung und - möglicherweise mehreren - Darlehen mit maximal fünfjähriger
Zinsfestschreibung durchaus rechnen.
Wichtig sind Konditionenvergleiche. Schon ein Zinsunterschied von nur 0,3 Prozentpunkten macht bei den meist
sechsstelligen Beträgen einer Immobilienfinanzierung einen Mehr- oder Minderaufwand von vielen tausend DM
aus. Lohnend ist auch Verhandeln: Kreditsachbearbeiter haben meist einen Spielraum, um den sie die
Konditionen bei eindringlichem Nachfragen ermäßigen können. Dieser Spielraum ist um so größer, je deutlicher
die Konkurrenzofferten unter den Angeboten der jeweiligen Bank liegen. Vergleichsmöglichkeiten bieten sich
hier durch den Effektivzins, bei dem die Kreditinstitute auch alle anfallenden Nebenkosten einrechnen müssen,
sowie durch einen Blick in den Tilgungsplan. Bei gleicher monatlicher Belastung ist das Darlehen am
günstigsten, das zum Ende der Zinsfestschreibung die niedrigste Restschuld aufweist.
Laufzeiten vergleichen
Manche Immobilienfinanzierung wird von den Beratern besonders "preisgünstig" gestaltet, indem sie eine
vergleichsweise hohe Tilgungsrate vorsehen. So wird jedes Bauspardarlehen - vom Gesamtaufwand her
betrachtet - günstiger sein als ein Bankdarlehen. Doch während die Bausparkasse das Geld bereits nach elf bis
16 Jahren vom Kunden zurückverlangt, rechnet die Bank das Darlehen erst nach 20, 25 oder 30 Jahren ab. Es ist
daher einleuchtend, dass eine solche Finanzierung wesentlich teurer sein muss als die schnell zurückgezahlten
Darlehen. Zum Vergleich sollten daher nur identische Laufzeiten herangezogen werden. PJ
1999 endete die langjährige Talfahrt des Goldpreises. Wer Anfang des letzten Jahres 10 000 DM in das
glänzende Edelmetall investierte, konnte sich Anfang 2000 über einen zwischenzeitlichen Wertzuwachs von 1
700 DM freuen. Noch lohnender war einmal mehr die Geldanlage in Aktien: Aus 10 000 DM - angelegt in
DAX-Werten - wurden binnen Jahresfrist 12 760 DM.
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