ArchivDeutsches Ärzteblatt17/2022Effektivität von E-Zigaretten bei der Tabakentwöhnung

MEDIZIN: Originalarbeit

Effektivität von E-Zigaretten bei der Tabakentwöhnung

Ein Vergleich mit Nikotinersatztherapie und keiner Nutzung evidenzbasierter Unterstützung in der deutschen Bevölkerung

The effectiveness of e-cigarettes for smoking cessation—a comparison with nicotine replacement therapy and no use of evidence-based cessation aids in the German population

Kotz, Daniel; Jackson, Sarah; Brown, Jamie; Kastaun, Sabrina

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Hintergrund: Primäres Ziel war es, die Effektivität von E-Zigaretten (EZ, mit oder ohne Nikotin), Nikotinersatztherapie (NET) und keiner Nutzung evidenzbasierter Unterstützung bei der Tabakentwöhnung in der Bevölkerung Deutschlands zu untersuchen.

Methode: Analyse von Querschnittsdaten aus einer repräsentativen Befragung der Bevölkerung (Alter 14–96 Jahre), erhoben 2016–2021. Eingeschlossen wurden alle aktuellen Raucherinnen und Raucher sowie neuen Ex-Raucher (< 12 Monate rauchfrei), die in den vergangenen zwölf Monaten ≥ 1 Rauchstoppversuch unternommen hatten (N = 2 740). Diese wurden nach der Nutzung von Rauchstoppmethoden bei ihrem letzten Rauchstoppversuch sowie nach ihrem aktuellen Rauchstatus gefragt.

Ergebnisse: 239 Personen hatten EZ genutzt, 168 NET und 2 333 keine Unterstützung. Nach Adjustierung für potenzielle Störvariablen lag die Wahrscheinlichkeit, rauchfrei zu sein, bei Rauchern, die mit einer EZ den Rauchstopp unterstützt hatten, 1,78-fach höher (95-%-Konfidenzintervall: [1,09; 2,92]; p = 0,02) als in der Gruppe ohne Unterstützung und 1,46-fach höher ([0,68; 3,13]; p = 0,34, Bayes-Faktor = 1,26) als in der NET Gruppe. Die Wahrscheinlichkeit, rauchfrei zu sein, war 2,34-fach höher ([1,21; 4,53]; p = 0,01) in der Subgruppe der Nutzerinnen und Nutzer von EZ mit Nikotin und 1,48-fach höher ([0,68; 3,26]; p = 0,33) in der Subgruppe der Nutzer von EZ ohne Nikotin als in der Gruppe ohne Unterstützung. Die unadjustierten Rauchstoppraten bei Personen, deren Rauchstoppversuch vor > 6 Monaten begann, lagen bei 15,6 % [9,4; 23,8] in der EZ-Gruppe und 13,8 % [7,3; 22,9] in der NET-Gruppe.

Schlussfolgerung: In Deutschland ist gegenüber dem nichtassistierten Versuch die Nutzung von EZ bei einem Rauchstoppversuch mit einer höheren Abstinenzrate assoziiert.

LNSLNS

In medizinischen Leitlinien werden verschiedene evidenzbasierte Therapien zur Tabakentwöhnung empfohlen (1), aber nur eine Minderheit der Raucher in Deutschland nutzt diese auch (2). Elektronische Zigaretten (EZ) könnten eine hilfreiche Alternative bei der Tabakentwöhnung sein für Raucher, die medizinisch lizensierte Therapien nicht nutzen können oder wollen. Die EZ ist die in Deutschland derzeit am häufigsten genutzte Rauchstoppmethode (2), was erstaunlich ist, weil ihre Anwendung von medizinischen Fachgesellschaften abgelehnt wird (3). EZ sind nicht risikofrei, aber es gibt zunehmende Evidenz dafür, dass sie erheblich weniger schädlich sind als Tabakrauchen (4, 5). EZ sind tabakfreie Geräte, die üblicherweise ein nikotinhaltiges Liquid zu einem Aerosol verdampfen, das inhaliert wird. Somit bieten sie einen ähnlichen Wirkmechanismus wie Nikotinersatztherapie (NET).

Ein Cochrane Review fand Evidenz mit moderater Sicherheit, dass nikotinhaltige EZ effektiver den Rauchstopp unterstützen als NET und nikotinfreie EZ (6). Trotzdem wird in der kürzlich aktualisierten deutschen Leitlinie zur Tabakentwöhnung die EZ nicht empfohlen; die Leitlinie enthält lediglich die Aussage, dass die Evidenz zur Effektivität und Sicherheit von EZ inkonsistent ist (1).

Mehr Evidenz zur Effektivität der EZ bei der Tabakentwöhnung ist deshalb notwendig, sowohl aus klinischen Studien als auch aus qualitativ hochwertigen observationellen Studien, insbesondere aus Deutschland – einem Land mit relativ hoher Raucherprävalenz (7), schwacher Tabakkontrolle (8) und kritischer Haltung gegenüber EZ. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, die Langzeitnutzung von EZ bei erfolgreichen Rauchstoppversuchen (das heißt anhaltende Exposition mit suchterzeugenden und potenziell schädlichen Inhaltsstoffen) und die duale Nutzung von EZ und Tabak bei nichterfolgreichen Versuchen (das heißt, Exposition mit zwei gesundheitsschädlichen Quellen) zu untersuchen. Zudem besteht Bedarf an mehr Evidenz bezüglich der Effektivität nikotinfreier EZ, da die bestehende Evidenz diesbezüglich unzureichend ist (9).

Das übergeordnete Ziel der vorliegenden Arbeit war daher, die Effektivität von EZ, NET und keiner Nutzung evidenzbasierter Unterstützung (das heißt nichtassistierter Rauchstopp) bei der Tabakentwöhnung in der Bevölkerung Deutschlands zu vergleichen. Wir wählten NET als Vergleich, weil diese die am häufigsten genutzte Pharmakotherapie in Deutschland ist (2). Andere pharmakologische und verhaltenstherapeutische Behandlungen werden zu selten genutzt, um statistische Auswertungen mit unserem aktuellen Datensatz zu ermöglichen. Die primäre Fragestellung war: Gibt es einen Unterschied in der Tabakabstinenz zwischen Personen, die bei ihrem Rauchstoppversuch ausschließlich EZ (mit und/oder ohne Nikotin), ausschließlich NET oder keine Unterstützung genutzt hatten? Untersucht wurden Personen, die in den vergangenen zwölf Monaten rauchten und einen Rauchstoppversuch unternahmen, und es wurde für unterschiedliche Merkmale dieser Personen adjustiert.

Eine sekundäre Fragestellung war: Unterscheiden sich die Ergebnisse in den Subgruppen, in denen ausschließlich EZ mit Nikotin oder ohne Nikotin genutzt wurden? Eine weitere sekundäre Fragestellung war: Unterscheidet sich der Anteil aktueller EZ-Nutzer in den Subgruppen der Personen, die vor mehr als sechs Monaten einen Rauchstoppversuch mit EZ unternommen hatten und damit erfolgreich waren (das heißt Anteil der Nichtraucher, die langfristig EZ konsumieren), gegenüber Personen, die nicht erfolgreich (das heißt Anteil der Raucher mit dualem Konsum) waren?

Methoden

Wir analysierten Querschnittsdaten der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) – einer fortlaufenden, repräsentativen Haushaltsbefragung zum Konsum von Tabak in der deutschen Bevölkerung (www.debra-study.info) (10). Die Studie ist beim Deutschen Register Klinischer Studien (DRKS00011322, DRKS00017157) registriert und wurde durch die Ethikkommission der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf geprüft (HHU 5386R).

In der DEBRA-Studie werden alle zwei Monate bei jeweils einer neuen Stichprobe von circa 2 000 Personen im Alter von 14 Jahren oder älter Daten anhand von computerassistierten, persönlich-mündlichen Interviews gesammelt. Von Juni/Juli 2016 bis Oktober/November 2019 wurden Befragte mittels einer mehrfach geschichteten, mehrstufigen Zufallsstichprobe ausgewählt. Seit Januar 2020 werden Befragte anhand eines „dual frame“-Designs ausgewählt – einer Mischung aus Zufalls- und Quotenstichprobe. Diese Umstellung des Designs wird an anderer Stelle ausführlich beschrieben (www.osf.io/e2nqr/).

Studienpopulation

Wir selektierten alle Personen aus der DEBRA-Datenbank, die in den vergangenen zwölf Monaten Tabak geraucht und mindestens einen ernsthaften Rauchstoppversuch unternommen hatten (eMethodenteil). Wir schlossen alle aktuellen Raucher und neuen Ex-Raucher ein, die bei diesem Versuch EZ oder NET genutzt oder einen nichtassistierten Rauchstoppversuch unternommen hatten.

Selbstberichtete Rauchstoppmethode

Den Befragten wurde eine Liste mit 20 Rauchstoppmethoden vorgelegt (eMethodenteil). Entsprechend der deutschen Leitlinien wurden folgende Methoden als evidenzbasiert definiert (1, 11):

a) ärztliche Kurzberatung

b) verhaltenstherapeutische Behandlung zur Rauchentwöhnung (Einzel- oder Gruppentherapie)

c) telefonische Beratung

d) NET auf Rezept

e) NET ohne Rezept („over the counter“, OTC)

f) Bupropion und

g) Vareniclin.

Zudem enthielt die Liste:

h) EZ mit Nikotin und

i) EZ ohne Nikotin.

Wir definierten die folgenden Gruppen anhand der gewählten Rauchstoppmethode: ausschließlich EZ mit und/oder ohne Nikotin (das heißt, Methoden h oder i aber nicht a–g), ausschließlich NET auf Rezept oder OTC (das heißt, Methoden d oder e aber nicht a–c oder f–i) und keine Unterstützung (das heißt, jede aufgelistete Methode außer a–i). Wir unterteilten die EZ-Gruppe in ausschließlich EZ mit Nikotin (das heißt Methode h, aber nicht a–g oder i) und ausschließlich EZ ohne Nikotin (das heißt Methode i, aber nicht a–h).

Selbstberichteter Rauchstatus

Unser primärer Endpunkt war Tabakabstinenz, definiert als selbstberichtetes Nichtrauchen bis zum Zeitpunkt der Befragung bei allen aktuellen und neuen Ex-Rauchern, die in den vergangenen zwölf Monaten einen Rauchstoppversuch unternommen hatten (exakter Wortlaut siehe eMethodenteil).

Potenzielle Störvariablen

Wir schlossen folgende Variablen in unsere adjustierten Analysen mit ein: Alter (metrische Variable), Geschlecht (binär: weiblich, männlich), monatliches Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf (metrisch), schulische Bildung (kategorial: niedrig, mittel, hoch), Zeitraum seit Beginn des letzten Rauchstoppversuchs (kategorial: ≤ 6 Monate, > 6 Monate), Häufigkeit des Verlangens zu rauchen in den vergangenen 24 Stunden (metrisch: 1 bis 6 = immer) (12), Stärke des Verlangens zu rauchen (metrisch: 1 bis 6 = extrem stark) (12), Zahl der Rauchstoppversuche in den vergangenen zwölf Monaten (kategorial: 1, 2, ≥ 3), Ansatz des Rauchstoppversuchs (binär: abrupt versus stufenweise), Planung des Rauchstoppversuchs (binär: geplant versus ungeplant) und Jahr der Befragung (kategorial: 2016–2020).

Statistische Analysen

Wir registrierten ein Studienprotokoll einschließlich Analyseplan vor der Auswertung der Daten (www.osf.io/z59m4/). Für die primäre Analyse rechneten wir ein multivariables logistisches Regressionsmodell mit Tabakabstinenz (das heißt Nichtraucher versus Raucher zum Zeitpunkt der Befragung) als abhängige Variable und Rauchstoppmethode (kategorial: nichtassistiert, NET und EZ mit und/oder ohne Nikotin als Referenzgruppe) als unabhängige Variable, adjustiert für alle Störvariablen. Im Fall von nichtsignifikanten Ergebnissen der Primäranalyse hatten wir die Berechnung des Bayes-Faktors geplant (siehe Studienprotokoll).

Für die Sekundäranalyse 1 rechneten wir ein multivariables logistisches Regressionsmodell mit Tabakabstinenz (das heißt Nichtraucher versus Raucher zum Zeitpunkt der Befragung) als abhängige Variable und Rauchstoppmethode (kategorial: EZ mit Nikotin, EZ ohne Nikotin, NET und nichtassistiert als Referenzgruppe) als unabhängige Variable, adjustiert für alle Störvariablen.

Für die Sekundäranalyse 2 rechneten wir einen einfachen Chi-Quadrat-Test zum Vergleich der aktuellen Nutzung von EZ (ja versus nein) zwischen Personen, die erfolgreich beziehungsweise nicht erfolgreich mit dem Rauchen aufgehört hatten und deren Rauchstoppversuch mehr als sechs Monate zurücklag.

Wir führten eine „complete case“-Analyse durch, in der Personen mit fehlenden Daten bei einer oder mehreren Störvariablen ausgeschlossen wurden, wie vorab im Studienprotokoll beschrieben. Alle Analysen wurden in IBM SPSS Statistics 25 durchgeführt.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 60 998 Personen interviewt, von denen 18 217 in den vergangenen zwölf Monaten geraucht und 2 991 mindestens einen Rauchstoppversuch unternommen hatten. Davon hatten 239 EZ mit und/oder ohne Nikotin bei ihrem letzten Rauchstoppversuch genutzt, 168 NET, 2 333 gaben keine Unterstützung an, die übrigen 251 andere Rauchstoppmethoden. Von den EZ-Nutzern hatten 117 ausschließlich EZ mit Nikotin genutzt, 94 ausschließlich ohne Nikotin, und die übrigen 28 hatten beides genutzt.

Die Merkmale der befragten Personen werden in Tabelle 1 gezeigt. Ungefähr die Hälfte hatte den Rauchstoppversuch vor > 6 bis ≤ 12 Monaten begonnen. Personen, die EZ oder NET zur Unterstützung des Rauchstopps gewählt hatten, berichteten ein stärkeres Verlangen zu rauchen als Personen, die keine Unterstützung gewählt hatten. Die Gruppen unterschieden sich ebenfalls bezüglich Ansatz und Planung des Rauchstoppversuchs.

Merkmale der Studienpopulation
Tabelle 1
Merkmale der Studienpopulation

204 Personen (7,4 % von 2 740) hatten fehlende Daten bei einer oder mehreren Störvariablen. Der Anteil fehlender Daten unterschied sich statistisch nicht zwischen EZ-Nutzern (8,4 %), NET-Nutzern (5,4 %), und nichtassistierter Gruppe (7,5 %; p = 0,504). Die „complete case“-Stichprobe der Primäranalyse betrug 2 536 Personen. Die adjustierte Odds Ratio (OR) für Tabakabstinenz in der EZ-Gruppe betrug 1,78 (95-%-Konfidenzintervall: [1,09; 2,92]; p = 0,022) gegenüber der nichtassistierten Gruppe und 1,46 ([0,68; 3,13]; p = 0,336, Bayes-Faktor = 1,26) gegenüber der NET Gruppe (primäre Analyse, Tabelle 2). Diese Ergebnisse blieben unverändert nach Beschränkung der Analysen auf Personen, deren Rauchstoppversuch mindestens eine Woche her war (eTabelle).

Assoziationen zwischen selbstberichteter Rauchstoppmethode beim letzten Rauchstoppversuch und Rauchstatus zum Zeitpunkt der Befragung
Tabelle 2
Assoziationen zwischen selbstberichteter Rauchstoppmethode beim letzten Rauchstoppversuch und Rauchstatus zum Zeitpunkt der Befragung
Assoziationen zwischen selbstberichteter Rauchstoppmethode beim letzten Rauchstoppversuch und Rauchstatus zum Zeitpunkt der Befragung in der Subgruppe der Personen, deren Rauchstoppversuch mindestens eine Woche alt war
eTabelle
Assoziationen zwischen selbstberichteter Rauchstoppmethode beim letzten Rauchstoppversuch und Rauchstatus zum Zeitpunkt der Befragung in der Subgruppe der Personen, deren Rauchstoppversuch mindestens eine Woche alt war

Im Vergleich zur nichtassistierten Gruppe betrug die adjustierte OR für Tabakabstinenz in der Subgruppe EZ mit Nikotin 2,34 ([1,21; 4,53]; p = 0,011) und 1,48 ([0,68; 3,23]; p = 0,327) in der Subgruppe EZ ohne Nikotin (Sekundäranalyse 1, Tabelle 2).

Von den Personen, deren Rauchstoppversuch vor > 6 Monaten begonnen hatte, waren zum Zeitpunkt der Befragung 15,6 % [9,4; 23,8] aus der EZ-Gruppe (17/109), 13,8 % [7,3; 22,9] aus der NET-Gruppe (12/87) und 20,2 % [17,9; 22,6] aus der nichtassistierten Gruppe (238/1180) noch abstinent (unadjustierte Abstinenzraten). Elf der 17 erfolgreichen Nichtraucher aus der EZ-Gruppe (64,7 %) und 21 der 92 rückfälligen Raucher (22,8 %) waren aktuelle EZ-Nutzer (p < 0,001; Sekundäranalyse 2). Von den Personen, deren Rauchstoppversuch vor > 6 Monaten begonnen hatte und die NET oder keine Unterstützung in Anspruch genommen hatten, nutzte kein erfolgreicher Nichtraucher und nur ein kleiner Teil der rückfälligen Raucher aktuell EZ (5,3 % respektive 3,7 %).

Diskussion

In einer großen Haushaltsbefragung der Bevölkerung Deutschlands berichteten Personen, die ihren Rauchstoppversuch mit EZ unterstützt hatten, doppelt so häufig, rauchfrei zu sein, als Personen mit einem nichtassistierten Rauchstoppversuch. Nutzer von EZ mit Nikotin berichteten mehr als doppelt so häufig rauchfrei zu sein als Personen mit einem nichtassistierten Rauchstoppversuch, aber der Vergleich von EZ ohne Nikotin mit nichtassistiertem Versuch zeigte uneindeutige Ergebnisse, ebenso wie der Vergleich zwischen EZ und NET.

Hauptergebnisse im Kontext

Etwa die Hälfte der Personen in unserer Studie, die ihren Rauchstoppversuch mit EZ unterstützt hatten, berichtete die Nutzung von EZ mit Nikotin und die andere Hälfe von EZ ohne Nikotin. Unser Effektschätzer für den Vergleich von EZ mit Nikotin und nichtassistiertem Rauchstopp (OR: 2,34) war ähnlich zu dem gepoolten Schätzer des Vergleichs von EZ mit Nikotin und ausschließlich verhaltenstherapeutischer Unterstützung oder keiner Unterstützung aus dem aktuellsten Cochrane-Review (relatives Risiko [RR]: 2,61) (6). Unser Effektschätzer für den Vergleich von EZ ohne Nikotin und nichtassistiertem Rauchstopp (OR: 1,48) war statistisch nicht signifikant. Es scheint einleuchtend, dass EZ effektiver sind, wenn sie mit Nikotin genutzt werden, weil das Nikotin aus der EZ das Nikotin aus der Tabakzigarette substituiert und damit Entzugssymptome lindert (13).

In dem Cochrane-Review wurde auch Evidenz dafür gefunden, dass EZ mit Nikotin effektiver sind als NET (RR: 1,53) (6). Unser Effektschätzer für den Vergleich von EZ mit und/oder ohne Nikotin war ähnlich (OR: 1,46), aber uneindeutig aufgrund der kleineren Fallzahl bei diesem Vergleich (n = 219 in der EZ-Gruppe und n = 159 in der NET-Gruppe).

65 % [38,2; 85,8] der Personen, die mit Unterstützung der EZ langfristig (≥ 6 Monate) rauchfrei geblieben waren, nutzten zum Zeitpunkt der Befragung (immer noch) EZ. Dieser Schätzwert ist nicht reliabel, da er auf einer sehr kleinen Stichprobe beruht (n = 17), aber konsistent mit den Ergebnissen einer aktuellen randomisierten kontrollierten Studie, in der 80 % der Personen, die mit Unterstützung der EZ langfristig tabakabstinent geblieben waren, die EZ weiter genutzt hatten (14). Es fehlt weiterhin Evidenz bezüglich der Auswirkung fortgesetzter EZ-Nutzung hinsichtlich langfristigen Rückfalls in den Tabakkonsum. Eine dauerhafte Nutzung ist nicht ratsam, denn obwohl EZ weniger schädlich sind als das Rauchen, sind sie nicht ohne Gesundheitsrisiken.

Limitationen und Stärken

Das Querschnittsdesign unserer Studie erlaubt keine Aussagen über kausale Zusammenhänge und ist anfällig für verschiedene Formen von Verzerrungen, insbesondere für „confounding by indication“. Allerdings haben wir unsere Analysen für eine Reihe von Störvariablen adjustiert, einschließlich dem Verlangen zu rauchen zum Zeitpunkt der Befragung, was stellvertretend für den Grad der Tabakabhängigkeit zum Zeitpunkt des Rauchstoppversuchs diente. Zudem haben wir versucht, mögliche Verzerrungen bei unseren Messungen durch klare Definitionen der Effekte und Endpunkte zu reduzieren. Eine zweite Limitation besteht darin, dass unsere Daten zu Rauchstoppversuchen und Nutzung von Rauchstoppmethoden auf Selbstauskünften der befragten Personen beruhen (möglicher „recall bias“). Drittens haben wir keine Daten zu den gewählten EZ-Geräten und Liquids (einschließlich Nikotinkonzentration und Aromen) sowie den NET-Produkten und dazu, wie Personen ihre EZ oder ihr NET-Produkt in den ersten Wochen der Rauchstopps tatsächlich genutzt haben. Viertens schloss unser selbstberichteter Endpunkt eine variable Länge von bis zu zwölf Monaten ein und war nicht biochemisch validiert. Zuletzt war unsere Stichprobengröße zu klein, um einen Unterschied zwischen EZ und NET feststellen zu können.

Eine entscheidende Stärke unserer Studie besteht in Größe und Repräsentativität dieser Stichprobe der deutschen Bevölkerung, und darin, dass wir Daten über einen Zeitraum von fast fünf Jahren aggregieren konnten, was die Belastbarkeit unserer Analysen in Zeiten sich potenziell ändernder kontextueller Faktoren gesteigert hat. Unsere Analysen basieren auf einer etablierten Methode zur Untersuchung der Effektivität von Rauchstoppmethoden auf Populationsebene: Wir haben die Erfolgsraten von Rauchstoppversuchen mit verschiedenen Unterstützungsmethoden sowie keiner Unterstützung verglichen und unsere statistischen Analysen für eine Reihe möglicher Störvariablen adjustiert, insbesondere für Tabakabhängigkeit (15, 16, 17, 18).

Fazit

Diese Studie liefert weitere Evidenz dafür, dass die Unterstützung eines Rauchstoppversuchs mit EZ im Vergleich zu einem nichtassistierten Versuch mit einer gesteigerten Tabakabstinenz assoziiert ist, insbesondere bei Nutzung nikotinhaltiger EZ. Notwendig wäre nun experimentelle Forschung zur EZ bei der Tabakentwöhnung im deutschen Kontext, sowohl in der allgemeinen Lebenswelt als auch in der Gesundheitsversorgung (zum Beispiel bei Rauchern mit chronischen, tabakassoziierten Erkrankungen).

Förderung
Die DEBRA Studie wurde von 2016–2019 (Wellen 1–18) vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung (MIWF) des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des „NRW Rückkehrprogramms“ gefördert. Seit 2019 (ab Welle 19) wird die Studie vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert.

Interessenkonflikt
Jamie Brown erhielt Forschungsförderung für Rauchstopp-Studien von Pfizer und Johnson & Johnson sowie von Cancer Research UK.

Sarah Jackson erhält finanzielle Förderung durch Cancer Research UK.

Daniel Kotz und Sabrina Kastaun erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Manuskriptdaten
eingereicht: 28.09.2021, revidierte Fassung angenommen: 03.03.2022

Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. Daniel Kotz, PhD MSc MPH
Institut für Allgemeinmedizin (ifam)
Schwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie
Centre for Health and Society (chs)
Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Postfach 101007, 40001 Düsseldorf
daniel.kotz@med.uni-duesseldorf.de

Zitierweise
Kotz D, Jackson S, Brown J, Kastaun S: The effectiveness of e-cigarettes for smoking cessation—a comparison with nicotine replacement therapy and no use of evidence-based cessation aids in the German population. Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 297–301. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0162

►Die englische Version des Artikels ist online abrufbar unter:
www.aerzteblatt-international.de

Zusatzmaterial
eMethodenteil, eTabelle:
www.aerzteblatt.de/m2022.0162 oder über QR-Code

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Department of Behavioural Science and Health, University College London, London, United Kingdom: Prof. Dr. Daniel Kotz, PhD MSc MPH; Sarah Jackson, PhD; Prof. Jamie Brown, PhD
Merkmale der Studienpopulation
Tabelle 1
Merkmale der Studienpopulation
Assoziationen zwischen selbstberichteter Rauchstoppmethode beim letzten Rauchstoppversuch und Rauchstatus zum Zeitpunkt der Befragung
Tabelle 2
Assoziationen zwischen selbstberichteter Rauchstoppmethode beim letzten Rauchstoppversuch und Rauchstatus zum Zeitpunkt der Befragung
Assoziationen zwischen selbstberichteter Rauchstoppmethode beim letzten Rauchstoppversuch und Rauchstatus zum Zeitpunkt der Befragung in der Subgruppe der Personen, deren Rauchstoppversuch mindestens eine Woche alt war
eTabelle
Assoziationen zwischen selbstberichteter Rauchstoppmethode beim letzten Rauchstoppversuch und Rauchstatus zum Zeitpunkt der Befragung in der Subgruppe der Personen, deren Rauchstoppversuch mindestens eine Woche alt war
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  • Unsicheres Lifestyleprodukt
    Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 58; DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0264
    Hanewinkel, Reiner
  • Schlusswort
    Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 58; DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0265
    Kotz, Daniel

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