SUPPLEMENT: Reisemagazin

Karibik pur in Barbados: Rasta, Rum und Reggae

Dtsch Arztebl 2000; 97(19): [12]

Schumacher, Barbara

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LNSLNS Wachs ist mein Medium“, meint John C. Mayers. Sein Atelier befindet sich an der Ostküste von Barbados mit Blick auf Bathsheba und die tosende Atlantik-Brandung. Das für die Insel typische, aus Plantagenarbeiter-Zeiten stammende, pastellfarbene Holz-Chattel-House (chattel heißt bewegliches Eigentum) ist geschmückt mit phantasievollen Batikarbeiten. John ist einer der Rastafarians, die vom Verkauf ihrer Kunstwerke leben können. Die Rasta-Bewegung brachte frischen Wind in das Inselleben. Dieses war bis in die 70er-Jahre geprägt von feiner englischer Art, die mit altmodischen Traditionen britischer war
als im Vereinten Königreich. „Crop over“ – eine Art Karneval – ist heute das herausragende Zeichen für inseleigene Identität: hier schocken kritische Calypso-Sänger mit Protestliedern, trotz oder wegen der amerikanischen Einflüsse.
Der traditionelle Spruch „Men in de rum shop – women in de church“ gilt immer weniger für die Frauen auf Barbados, die nicht länger stillhalten. Sie nehmen selbst-
bewusst und erfolgreich am öffentlichen Leben teil. „Von der Tätigkeit der Korbflechterei auf unserem exotischen Kunsthandwerkermarkt Pelican Craft Center habe ich es zur Managerin der Kunsthandwerk-Boutique im Foursquare Park gebracht“, erzählt Ireka Jelani, eine dieser Frauen. Sogar ein weibliches Staatsoberhaupt gab es schon, und die erste Richterin wurde 1995 eingeschworen.
Wer Rum-Drinks liebt, fliegende Fische und humorvolle Einheimische, die Bajans genannt werden, ist auf Barbados genauso richtig wie die Freunde von farbenprächtigen Festivals, vielfältigen Kunst- und Kulturszenen und historischen Gebäuden im Kolonialstil. 88 000 Besuchern im Jahr bietet diese von Zuckerrohr geprägte, reichste Karibik-Insel eine touristische Infrastruktur in Vollendung. Dazu gehören bedenkenlos trinkbares Leitungswasser und Sportmöglichkeiten aller Art. Barbados hat fünf Golfplätze. Das Wasser dafür liefert seit Beginn des Jahres 2000 auch eine Meerwasseraufbereitungsanlage aus der Nähe der Hauptstadt Bridgetown. Ein Paradies nicht nur für Surfer ist die ruhige, wildromantische, hügelige Ostküste, die mit bizarren Felsen und Tropfsteinhöhlen lockt. In der Mitte ragen aus den weiten Zuckerrohrfeldern noch alte „sugar mills“. Eine der Zuckerrohr-Plantagen hat die modernste Rum-Fabrik, deren großzügige Gebäude für Kunstausstellungen genutzt werden. Die Fabrik kann besucht werden. Nightlife gibt es an der flachen, palmenbestandenen karibischen Westküste. Die etwa 260 000 Einwohner leben aber nicht nur vom Tourismus. Arbeitgeber sind auch noch die Öl-, Computer- und Druckindustrie.
Wer erwartet mitten in der Karibik schon ein Nelson-Denkmal, das älter als das Londoner ist, dazu Parlamentsgebäude und eine Kathedrale aus dem 18. Jahrhundert? Wer denkt bei Karibik an Duty-Free-Läden und Kunstgalerien? In der Hauptstadt Bridgetown findet man das alles, und zwar in der Nähe von Kirchen für alle Religionen, die als Hurricaneschutz ausgeschildert sind. Auf den Straßen herrscht ein buntes Treiben. Zwischen Autos, Kleinlastern und Bussen wird von fliegenden Händlern mit Holzkarren und auf Straßenmärkten alles angeboten, ob Obst und Gemüse, Kochlöffel, oder Schuhbänder. Geschäftstüchtige Rastafarians mit bizarren Haartrachten erlebt man auch hier. Was aussieht wie eine riesige Pelzkappe, ist eigenes Haar. Zur ihrer Religion gehört der Genuss von Marihuana. Das wird von der Polizei toleriert. Für Touristen, die von den Rasta angebotenes Rauschgift annehmen, gilt das nicht.
Zum Straßenbild gehören die Schüler in ihren Schuluniformen ebenso wie die schwarz-weiß gekleideten Collegestudenten des ehrwürdigen Harrison’s College, das Generalgouverneure, Premierminister, Olympia-Teilnehmer und bekannte Künstler hervorgebracht hat. „Prince Andrew hat hier einen Baum gepflanzt, und Churchill war zu Besuch, wobei ihm besonders der große Cricket-Platz gefallen haben soll, wo die Studenten ihrem Nationalsport frönen“, berichtet Direktor Dr. Robert Belgrave.
Ein wenig abgelegen auf der Plantage ihres Vaters lebt Annalee Davis. Sie gehört zur weißen Oberschicht der Insel und ist nicht nur unter den Künstlern der Karibik für ihre schockierenden, großformatigen Ölgemälde, wie „Across all Boundaries“ bekannt. Krieg, Blutvergießen, und Rassenprobleme sind ihre Themen. Für Touristen bemalt sie Masken, die auch in den Boutiquen der Hauptstadt zu finden sind.
„Ein Vormittag – geprägt von Farben, Förmlichkeiten, Disziplin und Respekt“, so beschreiben die beiden Tageszeitungen Nation und Advocat die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag, dem 30. November. Im Jahr 2000 wird sich dieser Tag zum 34. Mal jähren. Die Festlichkeiten beginnen schon in der Früh auf dem Garnisonsgelände Garrison Savannah. Die feine Gesellschaft der Insel sitzt in der ersten Reihe: die Herren im schwarzen Anzug und weißen Hemd mit Krawatte, die Damen im Designerkleid mit Hut. Um Punkt acht Uhr erscheinen Premierminister Owen Arthur und der Repräsentant von Königin Elizabeth II., der Generalgouverneur von Barbados, im weißen Rolls-Royce. Auf dem Garnisonsfeld marschieren die Truppen auf, die Royal Barbados Police Band spielt Karibik-Hits wie „Cocoa Tea“ und „Come Leh Me Hold Your Hand“. Diesem offiziellen Teil schließt sich eine Parade durch Bridgetown an, und das alles bei 30 Grad im Schatten. Barbara Schumacher

Reise-tipps
Barbados ist ein ganzjähriges Reiseziel. Durchschnittliche Temperatur: 28 Grad Celsius. Impfungen sind nicht erforderlich. Politisch und sozial herrschen stabile Verhältnisse: Die Insel blickt auf eine über 350-jährige parlamentarische Demokratie zurück.
Von preiswertem Appartement oder Guest House bis zum Luxushotel gibt es Unterkünfte für jeden Geschmack und Geldbeutel. Für Ruhesuchende empfiehlt sich das preisgünstige Hotel „Edgewater Inn“. Das Sam Lord’s Castle der Marriott Gruppe verwöhnt mit Mahagoni-Himmelbetten zu einem mittleren Preis. Beide liegen an der Ostküste. Der Casuarina Beach Club ist mit originalen Kunstwerken ausgestattet, und das luxuriöse Sandy Lane bietet eine eigene Golfanlage, beide an der Westküste. Sieben Nächte mit Condor-Flug von Frankfurt sind bereits in jedem Reisebüro ab circa 1 400 DM zu buchen. Anschlüsse ab allen deutschen Flughäfen möglich. – Weitere Informationen: Staatliches Fremdenverkehrsamt Barbados, Neue Mainzer Straße 22, 60311 Frankfurt/Main, Telefon: 0 60/24 26 96 30, Fax: 0 69/23 00 77.

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