ArchivDeutsches Ärzteblatt4/2023Screening auf kolorektale Karzinome: Hämoglobin in den Fäzes ist quantitativ mit Risiko für kolorektale Tumore assoziiert

MEDIZINREPORT: Studien im Fokus

Screening auf kolorektale Karzinome: Hämoglobin in den Fäzes ist quantitativ mit Risiko für kolorektale Tumore assoziiert

Gerste, Ronald D.

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Foto: mauritius images/Science Source
Foto: mauritius images/Science Source

Der immunchemische Test auf fäkales okkultes Blut (FIT) wird als Screeningtest auf kolorektale Malignome empfohlen. Bei der neuen Generation dieses Test wird das Ergebnis und damit die Zuverlässigkeit nicht durch Nahrungsmittel oder Medikamente beeinflusst. Ab einer fäkalen Hämoglobin-(F-Hb-)Konzentration, einem Cut-off-Wert, werden die betreffenden Personen häufig zu einer Koloskopie überwiesen. Mehrere Studien haben einen dosisabhängigen Zusammenhang zwischen gemessenen und unter dem Cut-off liegenden F-Hb-Konzentrationen einerseits und der Feststellung fortgeschrittener kolorektaler Neoplasien in den folgenden Jahren andererseits beschrieben. In der Theorie könnten auf quantitativen FITs basierende Screeningprogramme zu individualisierten Untersuchungsintervallen und zu einer endoskopischen Diagnostik unterhalb etablierter Cut-off-Werte führen.

Eine niederländische Studiengruppe hat nun mit prognostischen Modellen das Potenzial von wiederholten Messungen der fäkalen Hämoglobin-Konzentration zur Entdeckung von fortgeschrittenen Neoplasien und kolorektalen Karzinomen (CRC) untersucht. Das Studienkollektiv bestand aus 265 881 Teilnehmern eines Durchschnittsalters von 69 Jahren und zu 52,2 % weiblich. Bei allen waren die beiden ersten Tests, die in einem Abstand von 2 Jahren durchgeführt wurden, negativ gewesen. Als Cut-off galt eine Hämoglobin-Konzentration von > 47 µg/g.

Kein Hämoglobin war beim 1. und 2. Test in 77,8 % und 91,1 % nachweisbar; Werte zwischen 20–29, 30–39 und 40–46,9 µg/g hatten jeweils unter 1 % der Teilnehmer. Beim 3. Test lag bei 8 806 Personen (3,3 %) eine positives Ergebnis vor, die nachfolgende Koloskopie führte zur Diagnose eines histologisch gesicherten fortgeschrittenen Adenoms bei 2 697 Personen (1,2 %) und eines CRC bei 557 Studienteilnehmern (0,2 %). Es ergab sich eine deutliche Assoziation der bei den ersten beiden Tests ermittelten fäkalen Hb-Konzentrationen mit der Krebsdiagnose. Bei im 1. Test gemessenen Werten von 0,1–9,9 µg/g betrug die multivariat-adjustierte Odds Ratio (OR) für die Erkrankung an einem fortgeschrittenen Tumor 2,8 (95-%-Konfidenzintervall [95-%-KI] [2,6; 3,1]). Das Risiko stieg dosisabhängig mit dem Testergebnis. Für wesentlich höhere Konzentrationen von 40,0–46,9 µg/g im 1. Test lag die OR schon bei 9,4 [7,5; 11,7]. Für das CRC betrugen die ORs für die gleichen Werte 2,5 [2,0; 3,2] und 6,3 [3,5; 11,1]). Eine ähnliche Beziehung zwischen im FIT gemessener Hämoglobinkonzentration und dem Malignomrisiko zeigten auch die Daten aus der 2. Testserie.

Fazit: „Dieser einfach zu erhebende kombinierte Score trägt dazu bei, die Vorhersagewahrscheinlichkeit deutlich zu verbessern“, erklärt Prof. Dr. med. Dirk Arnold, Chefarzt der Abteilung für Hämatologie und internistische Onkologie der Asklepios Klinik Altona und Medizinischer Direktor des Asklepios Tumorzentrums in Hamburg. „Es ist zu hoffen, dass dies – im Zusammenschau mit dem (anderen) „Goldstandard“ der Vorsorge, der Kolonoskopie – dazu beiträgt, das Darmkrebs-Screening in der Bevölkerung noch weiter zu etablieren.“ Dr. med. Ronald D. Gerste

Meester R, van de Schootbrugge-Vandermeer H, et al.: Faecal occult blood loss accurately predicts future detection of colorectal cancer. A prognostic model. Gut 2023; 72: 101–8.

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