ArchivDeutsches Ärzteblatt4/2023Screening und Therapie optimieren: Mortalität bei Lungenkrebs senken

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Screening und Therapie optimieren: Mortalität bei Lungenkrebs senken

Rüdesheim, Sabine M.

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Um Lungenkrebs nicht erst im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium zu diagnostizieren, werden Programme zur Früherkennung geprüft. Hat sich ein nicht kleinzelliges Lungenkarzinomen (NSCLC) im späteren Stadien entwickelt, verbessert Durvalumab das Langzeitüberleben.

Fünf Jahre nach Diagnose leben noch 89,4 % der Menschen mit Brustkrebs und 64,9 % derjenigen mit Darmkrebs. Wurde dagegen Lungenkrebs diagnostiziert, liegt die 5-Jahres-Überlebensrate lediglich bei 17,4 %. Der wichtigste Grund für die hohe Sterblichkeitsrate ist die für einen kurativen Ansatz meist zu späte Diagnose im bereits fortgeschrittenen Stadium, erläuterte Prof. Dr. med. Martin Reck, Chefarzt der LungenClinic Großhansdorf, auf einer Veranstaltung von AstraZeneca.

Internationale Studien haben jedoch gezeigt, dass ein Screening zur Früherkennung durch regelmäßige radiologische Untersuchungen der Lunge die Lungenkrebssterblichkeit bei Rauchern deutlich senken kann. So wurde beim National Lung Screening Trial eine Mortalitätsreduktionen von 6,7 %, in der NELSON-Studie von 24 % und in der LUSI-Studie von 7,4 % bei Männern und 69,2 % bei Frauen dokumentiert.

Aktuell untersuchen Forschende in der LungenClinic Großhansdorf gemeinsam mit der Medizinischen Hochschule Hannover und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Campus Lübeck) in der prospektiven, randomisierten, bevölkerungsbasierten Studie HANSE, welche Screening-Strategie in Deutschland bei Risikogruppen – etwa bei Rauchern – mittels einer Niedrig-Dosis-Computertomografie (CT) effektiv sein könnte. Dabei werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen miteinbezogen. Das Ziel ist, eine Blaupause für ein nationales Screening-Programm zu erstellen.

Um ein flächendeckendes Screening vorzubereiten, wurde die internationale Studie 4-In-The-Lung-RUN mit 26 000 randomisierten Hochrisikopatienten initiiert. Beteiligt sind Zentren aus Großbritannien, den Niederlanden, Spanien, Italien, Frankreich und Deutschland, hierzulande sind es das Krebsforschungszentrum in Heidelberg und der Ruhrlandklinik Essen. Es soll gezeigt werden, dass das individuelle risikobasierte CT-Screening alle 2 Jahre dem jährlichen Standard-Screening in Bezug auf die Gefährdungsrate durch Lungenkrebs nicht unterlegen ist. Zudem wird die generelle Ansprache mit einer individuellen verglichen, beziehungsweise mit Einladung zum Screening, sowie der Effekt der Rauchintervention beurteilt.

Für ein flächendeckendes Screening muss die Prozessqualität gesichert sein. Dies wird zurzeit von Bundesamt für Strahlenschutz und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz geprüft.

Überleben trotz Inoperabilität

Zu den fortgeschrittenen Tumorstadien zählt die heterogene Gruppe der NSCLC im Stadium 3, die häufig nicht mehr kurativ behandelt werden können. Für deren Therapie hat sich nach Radiochemotherapie (RCT) die Gabe des PDL1-Antikörpers Durvalumab (Imfinzi®, AstraZeneca) etabliert. Das zeigten die für die Zulassung relevanten Ergebnisse der randomisierten, placebokontrollierten und doppel verblindeten Phase-3-Studie PACIFIC.

PD Dr. med. Wilfried Eberhardt, Oberarzt der Thoraxonkologie am Universitätsklinikum Essen, belegte anhand der aktuellen 5-Jahres-Daten, dass die Radiochemo-Immuntherapie mit Durvalumab in der zulassungsrelevanten Subgruppe mit einer PD-L1-Expression von ≥ 1 % die Chance auf Kuration erhöht. Unter zusätzlicher Gabe von Durvalumab zur RCT nach 5 Jahren waren noch 50,1 % der Patienten und lediglich 36,9 % derjenigen unter alleiniger RCT. Das mediane Gesamtüberleben (OS) wurde mit 63,1 vs. 29,6 Monate mehr als verdoppelt. Durch die zusätzliche Durvalumab-Gabe wurde das Sterberisiko um 39 % gesenkt. Eine Krankheitsprogression wurde mit 24,9 vs. 5,5 Monaten um mehr als 1,5 Jahre verzögert. Dabei trat bei 35,8 % der Patienten keine Tumorprogredienz auf (17,6 % unter Placebo).

In der Beobachtungsstudie PACIFIC-R wurde der Einsatz von Durvalumab nach platinbasierter simultaner Radiochemotherapie bei einem selektionierten Patientenkollektiv in die Versorgungsrealität umgesetzt. Auch hier war der Nutzen der Behandlung deutlich erkennbar. Aufgrund dieser Erfolge und um die Langzeitergebnisse noch weiter zu verbessern, werden auf der PACIFIC-Plattform weitere Studien für Teilkollektive aufgesetzt, etwa für Patienten mit Tumoren, die eine PD-L1-Expression von < 1 % aufweisen. Geprüft wird außerdem die Kombination verschiedener Checkpoint-Inhibitoren.

Eine detaillierte Analyse des Langzeitüberlebens der Patienten im Stadium 3 hat jedoch gezeigt, dass nicht nur Komorbiditätsereignisse, sondern auch Zweittumoren der Lunge weiterhin ein Problem darstellen. Daher erachtet Eberhardt neben dem Früherkennungsscreening auch ein Screening auf Zweittumoren für wichtig, um rechtzeitig eine Therapie einzuleiten. Sabine M. Rüdesheim

Quelle: Symposium „Pushing the Boundaries – längeres Überleben für Lungenkrebspatient:innen“, im Rahmen des DKK-Kongresses, 14. November 2022, Berlin; Veranstalter: AstraZeneca

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