ArchivDeutsches Ärzteblatt4/2023Mitarbeiterführung: Gute Führung im Krankenhaus: Darauf kommt es an!

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Mitarbeiterführung: Gute Führung im Krankenhaus: Darauf kommt es an!

Weniger, Matthias

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Ärztliche Führungskräfte müssen täglich in vielen Situationen führen. Mal geht es um extreme Situationen, zum Beispiel als leitender Notarzt bei einem Großschadensereignis, mal um die täglichen Aufgaben auf der Station als Oberärztin. Hilfreich ist, sich systematisch mit dem Thema Führung auseinanderzusetzen.

Foto: MrArtHit/stock.adobe.com
Foto: MrArtHit/stock.adobe.com

Nicht nur Patienten werden „geführt“, auch Mitarbeitende müssen so angeleitet und ausgebildet werden, dass die Patientenversorgung optimal funktioniert. Obwohl Führung im ärztlichen Kontext wichtig ist, ist sie bis heute weder Teil des Studiums noch der ärztlichen Facharztausbildung. Freiwillige Angebote, wie das von der Bundesärztekammer angestoßene Konzept der curricularen Fortbildung „Führung als Erfolgsfaktor“, sind rar gesät.

Grundsätzlich gibt es nicht den einen Führungsstil, der immer und gleich gut funktioniert. Das Führen während einer akuten Reanimation unterscheidet sich von der Technik des Führens, die man braucht, wenn ein Jahresgespräch mit einem Mitarbeitenden ansteht. Das Handwerkszeug zum guten Führen lässt sich verschiedenen Aspekten zuordnen: Fördern und Fordern, Strukturen schaffen, Delegation, Energien kanalisieren sowie dem Unternehmenszweck dienen.

Mitarbeitende fördern und fordern

Ärztliche Führungskräfte sollten ihre Mitarbeitenden mit dem Modell des „Wollens und Könnens“ beurteilen und einschätzen. Hilfreich ist, sich die Frage zu stellen, ob jemand die Aufgabe, die an ihn gestellt wird, kann oder noch nicht kann und ob er oder sie motiviert ist, also will, oder nicht. Eine junge motivierte Assistenzärztin im zweiten Ausbildungsjahr in der Chirurgie würde wahrscheinlich viel wollen, aber noch nicht genügend können. In diesem Fall sollte die Führungskraft das operative Geschick fördern, indem sie gemeinsam mit der Assistenzärztin einen Plan entwickelt, Maßnahmen bespricht und festlegt und diese anschließend vermittelt. Die Logbücher zur Facharztausbildung bieten dabei Unterstützung. Gespräche, die regelmäßig und nicht nur einmal im Jahr stattfinden, geben Mitarbeitenden Orientierung, wo sie gerade aus Sicht der Führungskraft stehen und woran sie noch arbeiten sollten.

Anders sieht es aus, wenn Mitarbeitende zwar können, aber nicht wollen. In diesem Fall sollte die Führungskraft hinterfragen, welche Gründe es dafür gibt und das Gespräch mit dem Mitarbeitenden suchen. Häufig liegen die Gründe für ein Nichtwollen auch im Nichtdürfen. Wenn Führungskräfte Arbeiten lieber selbst erledigen und diese nicht delegieren, senkt das die Motivation der Mitarbeitenden.

Vor der großen Gefahr auszubrennen stehen Mitarbeitende, die viel können und zu viel wollen. Wichtig ist dann, dass die Führungskraft Betroffene dabei unterstützt, Arbeiten eher auf andere Teammitglieder zu verteilen, weil sonst langfristig ein Burn-out droht.

Strukturen schaffen und etablieren

Leitende Führungskräfte im Krankenhaus haben die Aufgabe, Prozesse und Abläufe zu strukturieren und zu standardisieren. Das fängt mit festen Visitenzeiten an, geht über Planentscheidungen in der Versorgung von Notfallpatienten und umfasst Behandlungsschemata der jeweiligen Fachgesellschaften.

All dies verbessert die Qualität und erhöht die Patientensicherheit. Wichtig ist festzulegen, wer im Team welche Aufgaben übernimmt. Denn für die Zusammenarbeit ist es hilfreich, wenn alle Mitarbeitenden im Team immer wieder auf geregelte Strukturen zurückgreifen können, auch wenn sich im Krankenhaus nicht alle Dinge systematisch planen lassen und oft Flexibilität gefragt ist. Zum Beispiel kann die Chefärztin an ihre leitende Oberärztin Themen rund um die Facharztausbildung delegieren. Sie sollte aber zuvor dafür sorgen, entsprechende Strukturen zu etablieren.

Aufgaben delegieren, Energien kanalisieren

Führungskräfte sollten nicht alles selbst machen, auch wenn sie teilweise diejenigen sind, die die Aufgaben am besten beherrschen, wie bestimmte medizinische Eingriffe. Sie sollten eher dafür sorgen, diese Aufgaben an dazu befähigte Mitarbeitende zu delegieren. Zudem steigt die Belastung der Führungskräfte, wenn sie versuchen, vieles selbst zu erledigen, weil es dann schneller geht.

Wenn Führungskräfte Aufgaben delegiert haben, folgt die Kontrolle. Haben die Mitarbeitenden die Aufgaben so bearbeitet, dass es den QM-Kriterien entspricht? Mit der Zeit entsteht ein Gefühl dafür, wen ärztliche Führungskräfte bei welcher Aufgabe kontrollieren sollten und wen nicht. So muss die Chefärztin zum Beispiel nicht jede Delegation der Blutentnahme an den Assistenzarzt kontrollieren.

Konflikte gehören zum normalen Arbeitsalltag dazu. Wenn diese aber Überhand nehmen, dann hat das häufig zur Folge, dass Energien verpuffen, die eigentlich in eine gute Patientenversorgung fließen sollten. Führungskräfte haben dabei die Aufgabe, gerade auch latente und schwelende Konflikte anzusprechen und zu klären. Dabei geht es nicht nur um Konflikte im eigenen Team, sondern auch um Konflikte mit anderen Fachabteilungen. Wenn Führungskräfte diese nicht offen ansprechen und mitunter auch unter externer Begleitung lösen, behindert dies die Arbeit enorm. Die Leidtragenden sind nicht selten die Patientinnen und Patienten.

Dem Unternehmenszweck dienen

Der übergeordnete Zweck eines Krankenhauses ist eine optimale Patientenversorgung. Problematisch wird es, wenn die Gewinnmaximierung einen zu großen Schwerpunkt erhält. Als Folge davon erhöht sich oft der Stress im System deutlich, weil zum Beispiel Sparmaßnahmen dazu führen, dass das Haus Personal abbaut. Geldverdienen ist eine wichtige Grundvoraussetzung, denn wenn das Krankenhaus insolvent ist, können auch keine Patienten versorgt werden. Wichtig ist, dass insbesondere die ärztlichen Führungskräfte dies als Ganzes betrachten.

Führung kann man lernen. Dabei ist es hilfreich, sich einen inneren Kompass zu erarbeiten, an dem man sich orientieren kann. Am Ende des Tages oder nach jeder Führungsaufgabe ist es hilfreich sich zu fragen, ob man der gewünschten Richtung entsprechend entschieden hat. Durch dieses interne Feedback erhält das eigene persönliche Führungswachstum eine enorme Geschwindigkeit.

Dr. med. Matthias Weniger

Ärztlicher Leiter

Institut für Stressmedizin Rhein Ruhr

45525 Hattingen

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