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Wir bedanken uns für die konstruktive Auseinandersetzung mit unserem Übersichtsartikel zur Polymyalgia rheumatica (PMR) (1).

Bezüglich Inzidenz und Prävalenz der PMR werden je nach Land, Datenquelle und Erhebungsmethode unterschiedliche Zahlen berichtet. Auf diesen Umstand wird auch in dem von Prof. Braun zitierten Artikel zu muskuloskelettalen Erkrankungen hingewiesen (2). Aus Deutschland lagen bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Zahlen vor. Unsere Angabe, dass die PMR die zweithäufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung sei, basiert auf Daten aus den USA. Es wird angenommen, dass Inzidenz und Prävalenz in Nordeuropa ähnlich ausfallen (3).

Wie von Prof. Braun angeführt und in unserem Übersichtsartikel erwähnt, tritt die PMR überzufällig häufig mit einer Riesenzellarteriitis (RZA) gemeinsam auf. Unklar ist, ob PMR und RZA Ausdruck einer Grunderkrankung mit denselben Auslösern und überlappenden Pathomechanismen sind oder ob es sich um eigenständige Krankheitsentitäten handelt. Die RZA ist klinisch durch Kopfschmerzen, Schmerzen beim Kauen und eine druckdolente Arteria temporalis mit abgeschwächtem Puls charakterisiert. Prof. Lisch weist in diesem Kontext zu Recht auf die Erblindungsgefahr durch vaskuläre Mitbeteiligung der Ziliararterien bei einer RZA hin. Klinische Vorboten der häufig irreversiblen Erblindung auf dem Boden einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION) sind flüchtige Sehstörungen wie Flimmerskotome und partielle, temporäre Gesichtsfeldausfälle im Sinne einer Amaurosis fugax. Vor diesem Hintergrund ist eine gezielte Anamnese und Befunderhebung zum Ausschluss einer RZA bei jeder Person mit Verdacht auf eine PMR zwingend geboten.

Dr. Roch weist auf das paraneoplastische Syndrom als mögliche Differenzialdiagnose hin. In der Literatur finden sich hierzu keine evidenzbasierten Handlungsempfehlungen. Auch die S3-Leitlinie empfiehlt kein weiteres Tumorscreening bei PMR (4). Wegweisend können gezielte Fragen zu einer B-Symptomatik auf ein Malignom hinweisen.

In den Diskussionsbeiträgen wird ein wichtiger Punkt angesprochen: Eine Therapie mit Glukokortikoiden sollte nicht leichtfertig und ohne vorangegangene Abklärung beziehungsweise Diagnostik erfolgen. Aus unserer klinischen Erfahrung heraus präsentieren sich die Beschwerden in der Praxis mitunter nicht so eindeutig wie in der Literatur beschrieben. Durch bestehende Begleiterkrankungen, zum Beispiel arthrosebedingte Schmerzen, können der plötzliche Beginn und die symmetrische Ausprägung maskiert sein. Bei der Dosierung der Glukokortikoide können wir, wie die S3-Leitlinie (4), nur einen Bereich angeben, in dem sich die initiale Dosierung wiederfinden sollte. Nicht jedem und jeder Betroffenen kann pauschal dieselbe Dosierung verabreicht werden, sondern es müssen Alter, Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme berücksichtigt werden. Hierbei kommt der ärztlichen Expertise – und gerade bei älteren, multimorbiden Patientinnen und Patienten auch der ganzheitlichen Einschätzung – eine wesentliche Rolle zu.

DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0323

Für die Autoren

Miriam Colombo, MPH

Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung

Universitätsklinikum Tübingen

Interessenkonflikt

Die Autorinnen und die Autoren aller Beiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1.
Colombo MG, Wetzel AJ, Haumann H, Dally S, Kirtschig G, Joos S: Polymyalgia rheumatica—sex-specific epidemiology, diagnostic and therapeutic approach, and medical care. Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 411–7 VOLLTEXT
2.
Zink A, Albrecht K: [How frequent are musculoskeletal diseases in Germany?]. Z Rheumatol 2016; 75: 346–53 CrossRef MEDLINE
3.
Camellino D, Giusti A, Girasole G, Bianchi G, Dejaco C: Pathogenesis, diagnosis and management of polymyalgia rheumatica. Drugs Aging 2019; 36: 1015–26. CrossRef MEDLINE
4.
Buttgereit F, Brabant T, Dinges H, et al.: [S3 guidelines on treatment of polymyalgia rheumatica: evidence-based guidelines of the German Society of Rheumatology (DGRh), the Austrian Society of Rheumatology and Rehabilitation (OGR) and the Swiss Society of Rheumatology (SGT) and participating medical scientific specialist societies and other organizations]. Z Rheumatol 2018; 77: 429–41 CrossRef MEDLINE
1.Colombo MG, Wetzel AJ, Haumann H, Dally S, Kirtschig G, Joos S: Polymyalgia rheumatica—sex-specific epidemiology, diagnostic and therapeutic approach, and medical care. Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 411–7 VOLLTEXT
2.Zink A, Albrecht K: [How frequent are musculoskeletal diseases in Germany?]. Z Rheumatol 2016; 75: 346–53 CrossRef MEDLINE
3.Camellino D, Giusti A, Girasole G, Bianchi G, Dejaco C: Pathogenesis, diagnosis and management of polymyalgia rheumatica. Drugs Aging 2019; 36: 1015–26. CrossRef MEDLINE
4. Buttgereit F, Brabant T, Dinges H, et al.: [S3 guidelines on treatment of polymyalgia rheumatica: evidence-based guidelines of the German Society of Rheumatology (DGRh), the Austrian Society of Rheumatology and Rehabilitation (OGR) and the Swiss Society of Rheumatology (SGT) and participating medical scientific specialist societies and other organizations]. Z Rheumatol 2018; 77: 429–41 CrossRef MEDLINE

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Fachgebiet

Der klinische Schnappschuss

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