THEMEN DER ZEIT
Uterustransplantation: Langer Weg zum eigenen Kind


Am Tübinger Universitätsklinikum konnte 2016 erstmals in Deutschland eine Gebärmutter erfolgreich transplantiert werden. Auch für dieses Jahr sind Uterustransplantationen an der Universitäts-Frauenklinik geplant, die 2020 zum deutschen Gebärmutter-Transplantationszentrum ernannt wurde.
Es war eine Sensation, als 2014 in Schweden erstmals ein gesundes Baby einer Uterustransplantatempfängerin geboren wurde. Schnell gab es weitere medizinische Erfolge: 2016 wurde in Deutschland die erste erfolgreiche Uterustransplantation durchgeführt und 2019 kamen am Universitätsklinikum Tübingen die ersten beiden Babys von transplantierten Frauen zur Welt.
Mittlerweile konnten vier Frauen mit dem Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKH-Syndrom) jeweils ein eigenes Kind austragen und per Kaiserschnitt zur Welt bringen, nachdem ihnen in Tübingen ein Uterus von Spenderinnen (meist von der leiblichen Mutter) transplantiert wurde, berichtet Prof. Dr. med. Sara Brucker, Ärztliche Direktorin des Departments für Frauengesundheit am Universitätsklinikum Tübingen, dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ). Besonders freut die Gynäkologin, dass die Universitäts-Frauenklinik in Tübingen seit 2020 offizielles Transplantationszentrum für Uteri ist. „Sie ist damit das einzige Zentrum dieser Art in Deutschland“, so Brucker, die das Zentrum leitet. Auf Anfrage würden jetzt sogar die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Uterustransplantation übernehmen.
Strenge Nutzen-Risiko-Analyse
Nachdem während der Coronapandemie das Programm ruhte, ist für den Sommer dieses Jahres die nächste Uterustransplantation (UTx) in Tübingen geplant. „Wir screenen seit einiger Zeit wieder Frauen, für die eine UTx infrage kommt“, sagt Brucker. Trivial sei das nicht: Von hundert Frauen komme der Eingriff aufgrund enger Ein- und Ausschlusskriterien nur bei drei bis vier Frauen infrage, erläutert sie im Gespräch mit dem DÄ. „Der Nutzen ist nur bei einer kleinen Gruppe größer als das Risiko.“ Dabei sei die Situation jedoch häufig nicht bei den potenziellen Empfängerinnen problematisch, sondern bei den Spenderinnen – meist die Mütter der jungen Frauen. „Sie sind zwischen 50 und 60 Jahre alt und weisen oft einen erhöhten Blutdruck oder eine Raucheranamnese auf. Das schließt sich dann aus“, so Brucker. Zudem dürfe eine Spenderin weder viele Fehlgeburten noch eine Eileiterschwangerschaft oder eine komplizierte Schwangerschaft gehabt haben. Weitere Ausschlusskriterien seien Myome oder Uterusfehlbildungen.
Die potenziellen Empfängerinnen mit MRKH-Syndrom, bei denen von Geburt an kein Uterus und keine Vagina, aber funktionsfähige Eierstöcke angelegt sind, befinden sich meist schon länger in ärztlicher Betreuung. Bei vielen werde im Alter von 16 bis 18 Jahren zunächst im Rahmen eines minimal-invasiven Eingriffs eine Vagina angelegt und eine psychosomatische Betreuung eingeleitet, erläutert Brucker. Dies ermögliche ein normales Sexualleben, jedoch keine Schwangerschaft. „Der Uterus ist allerdings kein lebenswichtiges Organ“, sagt Brucker. Den Leidensdruck durch ungewollte Kinderlosigkeit dürfe man aber auch nicht unterbewerten.
Die Nachfrage ist groß
Die Resultate der vier in Tübingen vorgenommenen UTx sind gut: Alle transplantierten Frauen konnten gesunde Kinder gebären und leben jetzt einen ganz normalen Alltag. „Drei der vier Frauen, die wir transplantiert haben, haben die Gebärmutter noch, da sie sich noch ein zweites Kind wünschen“, so Brucker. Nur bei einer Frau sei die Schwangerschaft komplizierter verlaufen, sodass man den Uterus schon einige Monate nach der Geburt wieder entfernt habe.
Die Nachfrage nach einer UTx sei groß, betont die Gynäkologin. Trotzdem ist sie überzeugt, dass diese noch lange keine Standardtherapie wird. Aus ethischer Sicht (siehe nachfolgender Beitrag) sei es wichtig, zwischen Risiken für die Spenderin und der Chance der Empfängerin abzuwägen, ein eigenes Kind zu bekommen. „Vielen jungen Frauen raten wir danach sich doch lieber mit den Möglichkeiten einer Adoption auseinanderzusetzen – auch wenn sie diesen Weg bereits für sich ausgeschlossen haben. Denn Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten.“ Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
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