POLITIK: Deutscher Ärztetag
TOP V: Änderung der Satzung der Bundesärztekammer: Votum für Berlin


Doch die Mehrheit war überwältigend.
Der Delegierte Prof. Dr. med. Detlef Kunze, München, brachte die Stimmung des Deutschen Ärztetages auf den Punkt: „Der Berlin-Beschluss muss her, und zwar heute!“ Mit 202 gegen 14 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmten die Delegierten für den Umzug der Bundesärztekammer nach Berlin. Während in den vergangenen Jahren beim Tagesordnungspunkt „Haushaltsvoranschlag“ über vergleichsweise geringe Summen ausgiebig diskutiert wurde, spielten die künftigen finanziellen Belastungen bei der Entscheidung für eine Sitzverlagerung der Geschäftsführung der Bundesärztekammer (BÄK) nach Berlin nur eine untergeordnete Rolle. Für die Delegierten ging es offenbar um eine Grundsatzentscheidung, sodass in der Diskussion die zurzeit geschätzten Kosten des Umzugsprojekts in Höhe von 43 Millionen DM kaum ein Thema waren. Umso mehr war der Betrag im Vorfeld, in den Beratungen von Vorstand und Finanzkommission, ein Thema gewesen.
Immerhin konnte der Vorsitzende der Finanzkommission der BÄK, Dr. med. Joachim Koch, Pleidelsheim, den Delegierten jetzt eine Wirtschaftlichkeitsschätzung vorlegen, nach der mittelfristig der Wechsel der Bundesärztekammer in die Hauptstadt gegenüber dem weiteren Verbleib in Köln sogar finanzielle Vorteile bietet. Hierbei wurden die bei einem Verbleib in Köln notwendigen künftigen Bau- und Sanierungsmaßnahmen, Aufwendungen für eine Berliner Geschäftsstelle sowie Reise- und Kommunikationskosten zwischen Berlin und Köln berücksichtigt.
Keine Termine mehr in Bonn
Eine Zwei-Drittel-Mehrheit für den Umzugsbeschluss war erforderlich, weil es sich um eine Satzungsänderung handelte. Dem Einstieg in eine konkrete Projektplanung für Berlin musste also die grundsätzliche Zustimmung des Deutschen Ärztetages vorangehen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, begründete die Notwendigkeit des Umzugs in die Hauptstadt. Trotz des Berlin-Bonn-Gesetzes, das auch den Verbleib des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) am Rhein vorschreibt, habe er selbst seit fast einem Jahr keinen Termin mehr in der Bonner Dienststelle des BMG wahrgenommen. Die für die Ärzteschaft wichtigen gesundheitspolitischen Entscheidungen würden in Berlin getroffen. Die Nähe zu den entscheidenden Gremien der Politik sei aber wesentlich, wenn man für die Ärzte etwas erreichen wolle, betonte Hoppe.
Schon seit längerem sei sich der Vorstand der BÄK darüber im Klaren gewesen, dass ein dauernder Verbleib im Rheinland nach dem Berlin-Umzug der Politik wenig sinnvoll erscheine. Der ursprünglich vorgesehene Zeitrahmen für den Berlin-Umzug der BÄK habe sich in den vergangenen Monaten allerdings verändert. Nicht zuletzt die unsichere Situation für die BÄK-Angestellten erfordere nunmehr eine rasche und endgültige Entscheidung. Der Hauptgeschäftsführer der BÄK, Prof. Dr. med. Christoph Fuchs, betonte, dass die Geschäftsführung in aller Loyalität hinter den Beschlüssen des Vorstandes und des Ärztetages stehen werde. Allerdings sei auch sicher, dass ein großer Teil der BÄK-Mitarbeiter nicht mit nach Berlin umziehen werde.
Von den Delegierten kam nur vereinzelt Kritik zu den Umzugsplänen. So bezweifelte Dr. med. Christoph Emminger, München, dass der Großteil der berufspolitischen Arbeit die Nähe zur Politik brauche. Zudem sei es der Öffentlichkeit schwer vermittelbar, wenn man zum einen mehr Geld für das Gesundheitssystem verlange, andererseits aber selber so viel Geld in ein neues Großprojekt investiere. Genauso wie die Frage, warum die BÄK angesichts der europäischen Einigungsbemühungen nicht gleich nach Brüssel umziehe, blieben diese Einwände bei der großen Mehrheit der Delegierten ohne Wirkung.
Gemeinsames Projekt mit der KBV
Mit der eigentlich vorgesehenen Präsentation möglicher Bauprojekte an verschiedenen Standpunkten in Berlin mochten sich die Ärztetags-Delegierten am letzten Sitzungstag nicht mehr befassen. Ohne große Diskussion folgten sie einer Beschlussvorlage des Vorstandes, wonach ein gemeinsames Projekt mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bei getrennten Eigentumsverhältnissen angestrebt wird. Der Vorsitzende der KBV, Dr. med. Manfred Richter-Reichhelm, betonte in einem kurzen Statement vor den Delegierten, dass auch die Vertreterversammlung der KBV grundsätzlich ein gemeinsames Bauprojekt mit der BÄK befürwortet habe und bisher lediglich die Präferenz für einen Standort, nicht aber ein bestimmtes Projekt festgelegt worden sei.
Nicht zuletzt um eine zügige Realisierung des Berlin-Umzugs zu ermöglichen, verzichteten die Delegierten auf die Vorlage eines genauen Kostenplans. Der Vorstand wurde beauftragt, die notwendigen Maßnahmen zum Erwerb einer geeigneten Immobilie zu treffen. Dabei geht man bei geschätzten Gesamtkosten des Umzugs in Höhe von 43 Millionen DM von einem Finanzierungsbedarf in Höhe von 33,4 Millionen DM aus, den die Landesärztekammern anteilig zu tragen haben werden.
Dr. phil. Thomas Gerst
Geschäftsführung steht loyal hinter der Berlin-Entscheidung: Prof. Dr. med. Christoph Fuchs, BÄK-Hauptgeschäftsführer
Mit den möglichen Bauprojekten an verschiedenen Standpunkten konnten sich die Ärztetags-Delegierten vertraut machen. Eine Entscheidung über ein bestimmtes Projekt wurde allerdings noch nicht getroffen.
Abgewatscht
Auf wenig Gegenliebe bei den Delegierten stieß die Forderung der Bayerischen Landesärztekammer nach Einführung eines gewichteten Stimmrechts im Vorstand der Bundesärztekammer. Begründet wurde diese Forderung damit, dass zurzeit alle Vorstandsmitglieder je eine Stimme haben, sodass eine Berücksichtigung der Zahl der von den Kammerpräsidenten vertretenen Ärzte nicht erfolge. So sind in der Bayerischen Landesärztekammer 16,1 Prozent, in der Landesärztekammer Bremen 1,1 Prozent der deutschen Ärzte organisiert. Je nach Mitgliedsstand der Landesärztekammern sollte nach dem Beschlussantrag der Bayerischen Landesärztekammer künftig das Stimmrecht im Vorstand gewichtet werden.
Konsterniert mussten die bayerischen Delegierten erleben, dass das Plenum über diese Angelegenheit noch nicht einmal diskutieren wollte. Dem Antrag von Dr. med. Ursula Auerswald, Präsidentin der Ärztekammer Bremen, auf Nichtbefassung wurde mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, glättete abschließend ein wenig die Wogen der Empörung, indem er feststellte, dass die zukünftige Behandlung dieses Themas im Vorstand wohl nötig sei.
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