

Bund und Länder wollen sich bis zur Sommerpause auf eine gemeinsame Krankenhausreform einigen. Der Bund will weitreichende Änderungen, die Länder wollen sich aber nicht in die Krankenhausplanung hineinregieren lassen. Die Stimmung ist angespannt.
Gespannt schauen die deutschen Krankenhäuser zurzeit nach Berlin, wo sich Bund und Länder bis zur Sommerpause auf eine Krankenhausreform einigen wollen. Die Stimmung ist dabei sowohl in den Krankenhäusern als auch zwischen Bund und Ländern angespannt. Denn für alle Beteiligten geht es um viel. Für die Krankenhäuser könnte die Reform bedeuten, dass sie ihr Leistungsangebot deutlich umstellen müssen. In der Politik geht es darum, wer seine Vorstellungen durchsetzen kann.
Die Basis der Verhandlungen bilden die Vorschläge der Regierungskommission, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im vergangenen Jahr eingesetzt hat. Die Kommission hat unter anderem vorgeschlagen, die Zahlung von Vorhaltepauschalen daran zu knüpfen, dass die Krankenhäuser strukturelle Voraussetzungen in noch zu definierenden Leistungsgruppen erfüllen. Da eine solche Vorgabe die Krankenhausplanung berührt, müssten die Bundesländer ihr zustimmen. Im Kern der Diskussionen der Bund-Länder-Runde steht nun, ob es Öffnungsklauseln geben wird, mit denen die Länder von den Vorgaben des Bundes abweichen können. Ende Februar hatten Bund und Länder bereits über Abweichungsmöglichkeiten bei den geplanten Versorgungsstufen beraten. Die Länder hatten zwar auf dieses Recht gepocht, wie der Konsens jedoch konkret aussehen könnte, stand zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch nicht fest.
Unterschiedliche Positionen
Auf dem Krankenhausgipfel der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) machten die jeweiligen Akteure ihre Positionen klar. Das Gesetz zur Einführung der Krankenhausreform werde nur eine Mehrheit im Bundesrat bekommen, wenn die Bundesländer auch die Hoheit über die Krankenhausplanung behalten, betonte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Kurz zuvor hatten die Länder Nordrhein-Westfalen (NRW), Bayern und Schleswig-Holstein ein Gutachten in Auftrag gegeben, das überprüfen soll, wie weit die Pläne des Bundes in die Krankenhausplanung hineinreichen dürfen.
Lauterbach hatte Laumann hingegen vor einem Alleingang bei der Krankenhausreform gewarnt, die NRW zurzeit umsetzt. Das Land hat bereits Leistungsgruppen definiert, nach denen sich die neue Krankenhausplanung richtet. Die Krankenhäuser in NRW könnten kein Geld vom Bund erhalten, wenn es in Nordrhein-Westfalen andere Leistungsgruppen gebe als im Bund, so Lauterbach. „Ich lasse nicht zu, dass der Bund eine Bundesschablone über die Länder legt“, bekräftigte nun Laumann auf dem Krankenhausgipfel. Die Krankenhauslandschaft sei sehr unterschiedlich, deshalb müsse sie regional geplant werden. Andererseits sagte Laumann auch, es müsse eine vernünftige, gemeinsame Lösung geben. Die Reform werde nicht an „persönlichen Eitelkeiten“ scheitern.
„Wir wollen nicht an das Planungsrecht der Länder heran“, versprach Lauterbach auf dem Gipfel. „Wir wollen eine Reform mit den Ländern beschließen.“ Deshalb bleibe das Planungsrecht sowie die Investitionskostenverantwortung bei den Ländern. Lauterbach begrüßte auch das Gutachten, dass die drei unionsgeführten Bundesländer in Auftrag gegeben haben.
Konstruktive Zusammenarbeit
Vertreterinnen und Vertreter der drei Regierungsfraktionen zeigten sich optimistisch, dass sich Bund und Länder bis zum Sommer auf Eckpunkte für eine Krankenhausreform einigen werden. „Bund und Länder arbeiten sehr konzentriert und konstruktiv zusammen“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Baehrens. „Alle Beteiligten haben sich eine hohe Verbindlichkeit zugesagt.“ Sie warb dafür, diesem Prozess etwas zuzutrauen. „Es führt ja auch gar kein Weg daran vorbei: Wir brauchen jetzt eine solche Reform.“ Der Krankenhaus-Berichterstatter der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Armin Grau, zeigte sich ebenfalls zuversichtlich. „Die Regierungskommission hat einen sehr guten Vorschlag geliefert“, sagte er. „Wir müssen jetzt definieren, welche Öffnungsmöglichkeiten es geben soll. Die dürfen aber nicht beliebig sein. Die Grundregeln müssen am Chiemsee dieselben sein wie an der Nordsee.“
Auch der Präsident der DKG, Ingo Morell, betonte: „Wenn Öffnungsklauseln die Normalität werden sollten, müsste man vielleicht etwas am Grundkonzept ändern.“ Er forderte, dass sich die Vorgaben der Reform am Bedarf in den Regionen orientieren. „Es geht darum zu schauen, welcher Bedarf vor Ort existiert“, so Morell. „Dieser Bedarf muss dann abgedeckt werden.“
Er berichtete von der Umsetzung der Krankenhausreform in NRW. „Der Ausgangspunkt der Reform sind die 60 somatischen Leistungsgruppen, die wir auf der Grundlage der Weiterbildungsordnung definiert haben“, sagte er. „In diesen Leistungsgruppen sind Qualitätsanforderungen vorgegeben, die die Krankenhäuser erfüllen müssen.“ Derzeit diskutierten Krankenhäuser und Krankenkassen in NRW auf der Basis des bestehenden Bedarfs, wie die Krankenhäuser die einzelnen Leistungsgruppen untereinander aufteilen sollen. Dabei könne es vorkommen, dass ein Krankenhaus keine Revisionshüftoperationen mehr durchführen kann, die es seit 20 Jahren durchgeführt hat. „Das tut weh“, so Morell. „Aber das ist das Ergebnis der Krankenhausplanung, die wir jetzt in NRW umsetzen – und die zu einem Konzentrationsprozess im Land führt.“
Finanzierung von Qualität
Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbands, sprach sich dafür aus, Qualitätskriterien mit einer Finanzierung durch Vorhaltepauschalen zu verbinden. So werde es bereits im Bereich der Zentren gemacht. „Wenn Krankenhäuser bestimmte personelle und infrastrukturelle Vorgaben einhalten, erhalten sie einen Zentrumszuschlag“, sagte sie. „Studien haben gezeigt, dass in diesen Zentren die Versorgungsqualität höher ist als in Krankenhäusern, die die Vorgaben nicht einhalten.“ Deshalb müsse man diese Verbindung auch in die Krankenhausreform übernehmen. Charlotte Kurz, Falk Osterloh
Disput um Hilfszahlungen für die Krankenhäuser
Ende vergangenen Jahres hatte die Bundesregierung Hilfszahlungen in Milliardenhöhe für die Krankenhäuser beschlossen, um die gestiegenen Energiekosten auszugleichen. Der Bund wollte dafür bis zum 17. Januar 2023 insgesamt 4,5 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung stellen. Bis zum 16. Januar 2024 sollten weitere 1,5 Milliarden Euro folgen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat nun erklärt, dass diese Gelder nicht in voller Höhe bei den Krankenhäusern ankämen.
Der Gesamtbetrag setzt sich aus 1,5 Milliarden Euro zusammen, die die Krankenhäuser als Pauschalen in Abhängigkeit von der jeweiligen Bettenzahl erhalten, und 4,5 Milliarden Euro, die sich nach den tatsächlichen Energiekosten richten. Das Problem sieht die DKG vor allem bei der Wahl des Monats, mit dem die Krankenhäuser ihre Energiekosten der Monate Oktober bis Dezember 2022 vergleichen sollen: dem März 2022. „Damals hatte der Markt bereits auf den Krieg reagiert, die Preise waren im Vergleich zu 2021 schon stark gestiegen“, betonte Gaß. Der DKG zufolge hätten in der ersten Tranche bundesweit über 710 Millionen Euro ausgezahlt werden können. Tatsächlich waren es bis zum 27. Februar 36,7 Millionen. Das BMG hält die Kritik für nicht gerechtfertigt: Die Krankenhäuser profitierten zum einen von der allgemeinen Energie- und Strompreisbremse. Zusätzlich würden die Krankenhäuser im Gegensatz zu anderen Branchen dadurch bevorzugt, dass indirekte Energiekosten pauschal ausgeglichen würden.
Derweil bewerten dem aktuellen Krankenhaus-Index des Deutschen Krankenhausinstituts zufolge 71 Prozent der 750 teilnehmenden Allgemeinkrankenhäuser ihre wirtschaftliche Lage als schlecht (43 Prozent) oder sehr schlecht (28 Prozent). Nur drei Prozent beschreiben sie als gut. 51 Prozent erwarten vor diesem Hintergrund, ihr Leistungsangebot in den nächsten sechs Monaten reduzieren zu müssen, etwa indem sie Betten sperren oder Stationen vorübergehend schließen. 41 Prozent gehen von Einschränkungen beim Leistungsumfang, zum Beispiel durch die Verschiebung planbarer Operationen, aus – 35 Prozent von Personalreduzierungen. Jeweils 80 Prozent nannten als Hauptgründe für diese Entwicklung die nicht refinanzierten Kostensteigerungen etwa bei der Energieversorgung sowie den Fachkräftemangel.
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