ArchivDeutsches Ärzteblatt20/2023Ärztliche Approbationsordnung: Neuer Anlauf für überfällige Reform

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Ärztliche Approbationsordnung: Neuer Anlauf für überfällige Reform

Richter-Kuhlmann, Eva

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Die Novellierung der ärztlichen Ausbildung nimmt wieder Fahrt auf. 2027 könnte eine neue Approbationsordnung in Kraft treten, wenn Bund und Länder sich darauf verständigen. Das Vorliegen eines neuen Gesetzentwurfs und damit das Ende des bisherigen Reformstillstands begrüßen sowohl Medizinstudierende als auch Medizinische Fakultäten.

Eine Ausweitung der Grundlagenfächer, die sich am späteren Zeitpunkt des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zeigt, sehen die Studierenden kritisch. Foto: picture alliance/dpa/Waltraud Grubitzsch
Eine Ausweitung der Grundlagenfächer, die sich am späteren Zeitpunkt des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zeigt, sehen die Studierenden kritisch. Foto: picture alliance/dpa/Waltraud Grubitzsch

Der Novellierungsprozess des Medizinstudiums nimmt nach jahrelangem Stillstand endlich wieder Fahrt auf. Eine neue Ärztliche Approbationsordnung (AO) könnte zum 1. Oktober 2027 in Kraft treten. Das geht aus einer überarbeiteten Fassung eines Gesetzesentwurfs hervor, den das Bundesgesundheitsministerium (BMG) jetzt als „Zwischenstand“ deklariert zur Abstimmung an die Bundesländer verschickte.

Inhaltlich basiert der Entwurf auf dem „Masterplan Medizinstudium 2020“, auf den sich Bund und Länder bereits 2017 geeinigt hatten. Verzögert hatte sich der Reformprozess jedoch aufgrund ungeklärter Finanzierungsfragen.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass der jetzt kursierende, aktualisierte Referentenentwurf deutlich auf eine Kostenreduktion setzt. Während vorher auf die Länder jährliche Mehrkosten in Höhe von etwa 300 Millionen Euro zugekommen wären, geht das BMG durch die mittlerweile vorgenommenen Änderungen noch von Mehrkosten von 177 Millionen Euro pro Jahr für die Bundesländer aus. Die einmaligen Mehrkosten sollen jedoch aufgrund aktualisierter Kostenfaktoren von 88 Millionen auf 94 Millionen Euro steigen. Für die Berechnung der Mehrkosten zog das BMG die aktuellen von der Stiftung für Hochschulzulassung zur Verfügung gestellten Studierendenzahlen heran (für das Studienjahr 2022 11 752 Medizinstudierende).

Eingespart werden sollen die veranschlagten Kosten durch eine Reduktion der Vorlesungen um 30 Prozent und deren Ersatz durch digitale Blended-Learning-Formate. Auch stationäre Blockpraktika und das ambulante Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin sollen verkürzt werden und so zu einer Kostenreduktion beitragen.

Longitudinale Verzahnung

Trotzdem soll der Fokus der Reform auf einen stärkeren Praxisbezug im Medizinstudium gerichtet sein. Die ärztliche Ausbildung soll vor allem künftig kompetenzorientiert ausgerichtet werden, indem der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) in der Approbationsordnung für Ärzte und Ärztinnen verbindlich verankert wird. Klinische und theoretische Inhalte sollen den Studierenden vom ersten Semester an miteinander verknüpft vermittelt werden. Die strikte Trennung von Vorklinik und Klinik soll aufgegeben werden.

Um den Hausärztemangel zu begegnen, liegt ein besonderer Fokus der Reform auf der Stärkung der Allgemeinmedizin im Medizinstudium und insbesondere auch im Praktischen Jahr (PJ). In diesem sollen Studierende künftig mindestens ein Quartal verpflichtend in einer Praxis absolvieren müssen, wobei dies neben Lehrpraxen auch in Hochschulambulanzen möglich sein soll. Ferner soll – auch als Lehre aus der Pandemie – durch die Reform auch der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) mit seinen bevölkerungsmedizinischen und sozialkompensatorischen Aufgaben gestärkt werden.

Grundsätzlich sind die Medizinstudierenden sowie die Medizinischen Fakultäten erfreut, dass nach dem jahrelangen Warten die Reform endlich wieder vorangetrieben wird. Der Medizinische Fakultätentag bewertete den aktualisierten Entwurf als ein „positives Signal“. Man sei jedoch gespannt auf die Reaktion der Länder und hoffe, dass der Entwurf jetzt die Grundlage für eine zielführende Entscheidung zwischen Bund und Ländern liefere und die nach wie vor offene Frage der erforderlichen Ressourcen geklärt werde.

Detaillierte Kritik kommt von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland an der geplanten Gestaltung der Staatsexamina im aktuellen Zwischenentwurf für eine neue ärztliche AO. Mindestanstrengungen für faire und national vergleichbare Prüfungen müssten in die AO integriert werden, fordern sie. Enttäuscht sind sie zudem, dass im neuen Entwurf erneut nicht einer studierendenfreundlichen Regelung zu Krankheitstagen im PJ nachgekommen wird. Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

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