ArchivDeutsches Ärzteblatt27-28/2023Krankenhausreform: Qualität als Hebel des Bundes

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Krankenhausreform: Qualität als Hebel des Bundes

Beerheide, Rebecca

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Rebecca Beerheide, Leiterin politische Redaktion
Rebecca Beerheide, Leiterin politische Redaktion

Mit Händen und Füßen sowie mit viel rhetorischem Geschick stemmen sich die Bundesländer auch in dieser Legislaturperiode gegen Reformversuche der Bundesregierung zur Krankenhausplanung. Immer wieder dabei im Fokus: die Diskussion um Qualität von medizinischen Leistungen als Planungsinstrument. Nach dem entscheidenden Gipfel von Bundes- und Landespolitik am Erscheinungstag dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes soll der Gordische Knoten gelöst sein und eine Arbeitsgruppe in den Sommerferien einen Gesetzesentwurf für ein Krankenhausgesetz erarbeiten. So weit die Theorie einige Tage vor dem Gipfel.

Denn der Streit um Qualität in Kliniken, deren Darstellung in Berichten, in Levels oder auf Internetseiten ist nicht erst in den letzten Monaten der aktuellen Diskussion um eine neue Krankenhausreform gestartet. Es ist seit Jahren der große Dissens zwischen Land und Bund in der Krankenhauspolitik. Die Idee, die Krankenhausplanung der Länder über Qualitätsvorgaben des Bundes zu steuern, hatten schon andere Gesundheitsminister vor Karl Lauterbach (SPD): So hatte Hermann Gröhe (CDU, Minister von 2013 bis 2018) das Krankenhausstrukturgesetz Mitte 2015 auf den Weg gebracht, mit dem es Zuschüsse für die Krankenhäuser geben sollte, die eine bessere technische und personelle Ausstattung sowie mehr Qualität bei den Leistungen nachweisen können. Es sollten Qualitätszu- und -abschläge gezahlt werden, planungsrelevante Qualitätsindikatoren wurden entwickelt und sollten an die Finanzierung geknüpft werden. Die Wucht, die seinerzeit schon das Gesetz hätte entfalten können, verpuffte an den Landesgrenzen, da dort keine Planung verändert, Mindestmengen bekämpft und nicht eingehalten wurden. Die damals eingeführten Qualitätsberichte sollten Bürgerinnen und Bürgern helfen, künftig für ihre Indikation eine „gute“ Klinik zu finden. Bis heute sind die jährlichen Berichte aber für nur wenige Menschen verständlich.

Auch unter Lauterbachs Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU, Minister von 2018 bis 2021) gab es wieder Versuche, über die medizinische und pflegerische Qualität die Krankenhausplanung der Länder zu beeinflussen. Obwohl in seiner Amtszeit bereits die ersten Qualitätsindikatoren vorlagen, hatte das kaum Auswirkungen auf die Veränderung der Länderplanungen.

Allerdings: Beide CDU-Minister hatten noch Fördergelder zu vergeben. So gab es in der Zeit von Gröhe einen Investitionsfonds von einer Milliarde Euro – zu gleichen Teilen aus den Kassen von Bund und Land, finanziert aus Steuergeldern. Diese Gelder wurden per Gießkanne verteilt. Die Fördergelder von Spahn (weit vor der Pandemie) wurden für Krankenhäuser in strukturschwachen Regionen ausgegeben – rund 120 Krankenhäuser erhielten je 400 000 Euro als Sicherstellungszuschlag, das sind insgesamt 50 Millionen Euro. Bei der Verteilung der Gelder spielten bereits Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses eine Rolle.

Diese Gelder aus der Gießkannen-Verteilung oder aus einem Fonds hat Lauterbach im aktuellen Reformprozess nicht mehr zur Verfügung. Lauterbach lehnt ab, sich politisch für ein Vorschaltgesetz mit dem Bundesfinanzminister anzulegen und hier weitere Überbrückungsgelder zu organisieren, bis die Reform ab dem Jahr 2025 zu greifen beginnt. Vielleicht ist in den zwei Jahren der Druck auf die Länder so hoch, dass Lauterbach eine gute Chance hat, dieses Mal Qualität als Steuerungselement für Landesplanung durchzusetzen.

Rebecca Beerheide
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