ArchivDeutsches Ärzteblatt29-30/2023Krankenhausreform: Der Weg zur Revolution ist weit

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Krankenhausreform: Der Weg zur Revolution ist weit

Schmedt, Michael

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Michael Schmedt, Chefredakteur
Michael Schmedt, Chefredakteur

Eilmeldungen auf dem Smartphone kennt man von (welt)politischen Ereignissen, einem Sieg eines deutschen Teams bei einer Weltmeisterschaft oder dem Tod einer wichtigen Persönlichkeit. Die „Einigung zur Krankenhausreform“ gehörte auch dazu. In der Tat ist es ein Fortschritt nach den monatelangen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern. Für die Belegschaft des Bundesgesundheitsministeriums heißt dies: kein entspannter Sommer, denn ein Gesetzentwurf muss her. Ob das so schnell geht, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ankündigte, ist ungewiss. Denn der Bund erarbeitet nicht allein den Gesetzestext, sondern eine „Redaktionsgruppe“ von Bund, Ländern und Fraktionen.

Man kann durchaus Wasser in den Wein der „Revolution“ gießen, die der Minister wieder bemühte, als er die Einigung verkündete. Denn geeinigt hat man sich auf Eckpunkte, nicht mehr und nicht weniger. So heißt es auf der ersten Seite des Papiers, dass sämtliche Punkte „unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer zukünftigen finalen Gesamteinigung zwischen Bund und Ländern über die Grundstruktur einer Krankenhausreform“ stehen. Zudem umfasse eine solche Einigung „auch die notwendige finanzielle Ausstattung durch Bund und Länder für den Transformationsprozess“.

Letzteres zeigt einen großen Knackpunkt des Transformationsprozesses der Krankenhauslandschaft: die Finanzierung. Während Länder und Krankenhäuser auf eine finanzielle Unterstützung pochen, verweist Lauterbach auf die klammen Kassen im Bundeshaushalt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Abgesehen von einer Beitragssatzsteigerung, die Lauterbach schon angekündigt hat, allerdings nicht in Zusammenhang mit dieser Reform.

Der „ausdrückliche Vorbehalt“, den die Länder für sich beanspruchen, macht deutlich, dass man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt hat. So finden sich viele Prüfaufträge und ungenaue Formulierungen in den Eckpunkten. Dennoch ist es wichtig, dass die Arbeiten zu einem Gesetzentwurf beginnen können. Denn in einem sind sich alle Beteiligten einig: Eine Reform muss so schnell wie möglich kommen. Ohne Planungssicherheit gehen viele Krankenhäuser insolvent. Klar ist, dass Bund und Länder sich brauchen. Sie blockieren sich aber auch zu oft. Ein sinnvoller politischer Kompromiss fehlt noch.

Was bei der inhaltlichen Diskussion zu kurz kommt, ist die Außenwirkung des politischen Schlagabtauschs. Dieser bemüht oft Superlative wie es Lauterbach mit dem „Killervirus“ in der Pandemie gemacht hat. Jetzt ist es die „Revolution“ auf der einen Seite und das „Kliniksterben“ auf der anderen Seite, um zwei Beispiele zu nennen.

Das Ziel der qualitativ besseren Versorgung in einer modernisierten Krankenhauslandschaft muss man gut erläutern und so der Bevölkerung ihre Ängste nehmen. Gerade im ländlichen Raum verfängt sich das Narrativ, Lauterbach will gerade „unser“ Krankenhaus schließen. Dies setzt manchen Wahlkämpfer unter Druck und befeuert die gesellschaftliche Diskussion um „die da in Berlin“ interessieren sich nicht für uns.

Dass am Ende der Reform weniger Krankenhäuser existieren, ist allen bewusst. Das muss aber nicht eine schlechtere Versorgung oder Erreichbarkeit bedeuten. Hier spielen gerade die neuen Versorgungsangebote in den ländlichen Regionen eine wichtige Rolle, die bislang aber noch nicht genau definiert sind. Sie sind auch deshalb wichtig, da sie die Schnittstelle zur ambulanten Versorgung bilden, die bislang zu wenig Beachtung findet. Daher ist es gut, dass der Stillstand ein Ende hat. Zur Revolution ist es aber noch ein weiter Weg.

Michael Schmedt
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