ArchivDeutsches Ärzteblatt25/2000Erfolgshonorar: Es gibt sie, die Erfolgsmodelle

SPEKTRUM: Leserbriefe

Erfolgshonorar: Es gibt sie, die Erfolgsmodelle

Oehl-Voss, Heinz

Zu dem „Seite eins“-Beitrag „Viel Lärm um nichts“ von Dr. Thomas Gerst in Heft 18/2000:
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LNSLNS . . . Die Geschlossenheit der Ärzteschaft beziehungsweise ihrer Verbandssprecher gegenüber einem Erfolgshonorar zeigt die gleichen Phänomene wie sonst in der Politik: Die gewählten Vorstände/Vertreter versuchen, Eingriffe von außen überdimensional abzuwehren; das ist ihre/unsere Aufgabe als Interessenvertreter (eben auch der Erfolglosen unter uns). Im Detail sieht alles anders aus. Wieso sollte bei Diabetikern der mittlere Blutzuckerwert eines Vierteljahres (HbA1c) – den man individuell auch für den Patienten selbst als Erfolgskriterium nimmt – nicht auch ein Erfolgskriterium für uns Ärzte sein beziehungsweise für unsere Motivationskunst, auf Ernährungs- und Verhaltensweisen des Patienten einzuwirken? Bei Asthmakranken können es die so genannten Peak-flow-Werte sein (ein Maß für die Lungenkapazität, bei möglichst gering gehaltener Medikamentendosis), bei Psychotherapien die Häufigkeit der Inanspruchnahme eines Therapeuten, das heißt, Kurzzeitpsychotherapeuten müssten besser bezahlt werden als bisher, sie sparen Geld!
Bei all den Beispielen soll jedoch folgendes verdeutlicht werden:
- Einzelfälle dürfen nicht als Messlatte für bessere oder schlechtere Bezahlung dienen, denn ein schwer ererbter Diabetes ist anders einzustufen als ein geradezu „angefressener“. Ein Grubenarbeiter kann sein Asthma trotz bester Betreuung nicht so gut beherrschen wie jemand, den der Arzt aus der Belastungszone nehmen kann. Kurzzeitpsychotherapie wird bei schweren Psychosen nicht machbar sein!
- Das Modell Erfolghonorar kann nicht zu dem Erfolgsmodell im Gesundheitswesen werden, aber Ansätze davon sind zu verwirklichen. Herr Fiedler von der Barmer sieht das richtig, wenn er meint, „in Grenzen“ sei das möglich, zum Beispiel bei der Arthrose-Therapie.
- Die sich überall etablierenden Call-Center und andere „Ärzte-Vermittlungsstellen“, sofern sie nicht dem Werbeverbot zum Opfer fallen, werden Erfolgsmodelle von Krankheitsbewältigungen rasch herausfinden, noch ehe das Wehgeschrei von uns Ärzten verhallt ist. Denn es sollte und wird sich herumsprechen, welche Ärzte gerade bei chronisch Kranken Bewegung in die Therapie bringen, nicht zuletzt durch Spürsinn in der Anamnese-Erhebung, durch sorgfältiges Zusammentragen und Beurteilen angesammelter Befunde.
Eigentlich sollten Krankenkassen ziemlich genau wissen, welche Ärzte erfolgreich arbeiten. Viele Kranke werden bisher zu schlecht geschleust bei der Suche nach Hilfe. Nicht umsonst schließen „Arzt-Partner“ und andere Vermittlungsdienste solche Lücken . . .
Fazit: Nicht alle Macht den Kassen, aber Kompetenzausweitung ihres Personals bevor Externe (Agenturen) die Lenkung der Patientenströme übernehmen! Erst in einem zweiten Schritt wäre zu überlegen, wie man erfolgreiches Therapieren auch besser dotiert . . .
Dr. med. Heinz Oehl-Voss, 2. Vorsitzender des Privatärztlichen Bundesverbandes, Dreisamstraße 1, 76337 Waldbronn-Reichenbach

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