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Rudolf Dreßler: Soziales Gewissen


Rudolf Dreßler hatte seine „Hausmacht“ bei der Arbeitnehmerschaft. Wenn es um Reformprobleme der Renten- und Krankenversicherung ging, um Arbeitnehmerrechte und die Mitbestimmung – stets beanspruchte Dreßler die Meinungsführerschaft, und er versicherte sich den Rückhalt der auf ihn hörenden Gesinnungsgenossen. Oft rieb er sich mit seinem christdemokratischen Widerpart, Norbert Blüm, doch blieb es nicht verbor-
gen, dass es zwischen beiden viele Gemeinsamkeiten gab. Neoliberale Ideen und wettbewerbliche Denkmuster in der Gesundheitssicherung waren ihm suspekt. Für ihn war ein aktiver Staat in der Sozialpolitik mehr als eine grundgesetzliche Verpflichtung. Dennoch haftet Dreßler der Ruf eines Traditions-Sozialdemokraten an, der in Gerhard Schröders Neuer Mitte nicht mehr zu Hause war.
So war es denn für Dreßler zwar schmerzlich, aber in der politischen Gesamtkonstellation nicht verwunderlich, dass er im „Modernisierer-Kabinett“ Schröders keinen Platz fand. Ein bloßer Nein-Sager und Bremser war Dreßler indes nicht. Er hat der Gesundheitsstrukturreform von 1992 und der Pflegeversicherung von 1995 seinen Stempel aufgedrückt – obgleich die damals amtierenden Minister Blüm und Seehofer hießen. Dr. rer. pol. Harald Clade
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